Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite



Hieronymus Hause, wegfahren und wegtreiben sa-
hen, ihre Neugier rege gemacht ward.

Sie versuchten bald eben diesen Weg, und da ih-
nen ihr Unternehmen gelang, fingen sie an ihre Vieh-
zucht zu vermehren, und ihre Aecker fleissiger zu bauen.
Sie nahmen dadurch selbst an gutem Wohlstande zu,
und das ganze Ländchen kam in wenig Jahren in so
gutes Aufnehmen, daß die Staatsklugen zu erörtern
anfingen, warum das Land sich so schnell verbessert
habe.

Eigentlich war freilich der Fleiß des Hierony-
mus
und das Beyspiel, das er seinen Mitbürgern
gegeben hatte, die Ursach davon. Es ist aber allen
denen, die politische und Finanzvorfälle untersuchen,
schon längst zur Regel geworden, nicht die kleinen
Umstände anzuführen, welche gemeiniglich die wah-
ren Ursachen der Begebenheiten zu seyn pflegen, son-
dern große Umstände, welche gemeiniglich nicht die
wahren Ursachen sind. Daher ward in einer in das
fürstliche Jntelligenzblatt eingerückten Abhandlung,
die schnelle Zun[a]hme des Wohlstandes des Landes,
der landesväterlichen Vorsorge des Fürsten zugeschrie-
ben, (der auf seinem Lustschlosse, seine Zeit zwischen
der Jagd und seiner Mätresse theilte) und nach der-
selben den klugen Anstalten seines ersten Geheimen-

raths,



Hieronymus Hauſe, wegfahren und wegtreiben ſa-
hen, ihre Neugier rege gemacht ward.

Sie verſuchten bald eben dieſen Weg, und da ih-
nen ihr Unternehmen gelang, fingen ſie an ihre Vieh-
zucht zu vermehren, und ihre Aecker fleiſſiger zu bauen.
Sie nahmen dadurch ſelbſt an gutem Wohlſtande zu,
und das ganze Laͤndchen kam in wenig Jahren in ſo
gutes Aufnehmen, daß die Staatsklugen zu eroͤrtern
anfingen, warum das Land ſich ſo ſchnell verbeſſert
habe.

Eigentlich war freilich der Fleiß des Hierony-
mus
und das Beyſpiel, das er ſeinen Mitbuͤrgern
gegeben hatte, die Urſach davon. Es iſt aber allen
denen, die politiſche und Finanzvorfaͤlle unterſuchen,
ſchon laͤngſt zur Regel geworden, nicht die kleinen
Umſtaͤnde anzufuͤhren, welche gemeiniglich die wah-
ren Urſachen der Begebenheiten zu ſeyn pflegen, ſon-
dern große Umſtaͤnde, welche gemeiniglich nicht die
wahren Urſachen ſind. Daher ward in einer in das
fuͤrſtliche Jntelligenzblatt eingeruͤckten Abhandlung,
die ſchnelle Zun[a]hme des Wohlſtandes des Landes,
der landesvaͤterlichen Vorſorge des Fuͤrſten zugeſchrie-
ben, (der auf ſeinem Luſtſchloſſe, ſeine Zeit zwiſchen
der Jagd und ſeiner Maͤtreſſe theilte) und nach der-
ſelben den klugen Anſtalten ſeines erſten Geheimen-

raths,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0046" n="26"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#fr">Hieronymus</hi> Hau&#x017F;e, wegfahren und wegtreiben &#x017F;a-<lb/>
hen, ihre Neugier rege gemacht ward.</p><lb/>
          <p>Sie ver&#x017F;uchten bald eben die&#x017F;en Weg, und da ih-<lb/>
nen ihr Unternehmen gelang, fingen &#x017F;ie an ihre Vieh-<lb/>
zucht zu vermehren, und ihre Aecker flei&#x017F;&#x017F;iger zu bauen.<lb/>
Sie nahmen dadurch &#x017F;elb&#x017F;t an gutem Wohl&#x017F;tande zu,<lb/>
und das ganze La&#x0364;ndchen kam in wenig Jahren in &#x017F;o<lb/>
gutes Aufnehmen, daß die Staatsklugen zu ero&#x0364;rtern<lb/>
anfingen, warum das Land &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;chnell verbe&#x017F;&#x017F;ert<lb/>
habe.</p><lb/>
          <p>Eigentlich war freilich der Fleiß des <hi rendition="#fr">Hierony-<lb/>
mus</hi> und das Bey&#x017F;piel, das er &#x017F;einen Mitbu&#x0364;rgern<lb/>
gegeben hatte, die Ur&#x017F;ach davon. Es i&#x017F;t aber allen<lb/>
denen, die politi&#x017F;che und Finanzvorfa&#x0364;lle unter&#x017F;uchen,<lb/>
&#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t zur Regel geworden, nicht die kleinen<lb/>
Um&#x017F;ta&#x0364;nde anzufu&#x0364;hren, welche gemeiniglich die wah-<lb/>
ren Ur&#x017F;achen der Begebenheiten zu &#x017F;eyn pflegen, &#x017F;on-<lb/>
dern große Um&#x017F;ta&#x0364;nde, welche gemeiniglich nicht die<lb/>
wahren Ur&#x017F;achen &#x017F;ind. Daher ward in einer in das<lb/>
fu&#x0364;r&#x017F;tliche Jntelligenzblatt eingeru&#x0364;ckten Abhandlung,<lb/>
die &#x017F;chnelle Zun<supplied>a</supplied>hme des Wohl&#x017F;tandes des Landes,<lb/>
der landesva&#x0364;terlichen Vor&#x017F;orge des Fu&#x0364;r&#x017F;ten zuge&#x017F;chrie-<lb/>
ben, (der auf &#x017F;einem Lu&#x017F;t&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;eine Zeit zwi&#x017F;chen<lb/>
der Jagd und &#x017F;einer Ma&#x0364;tre&#x017F;&#x017F;e theilte) und nach der-<lb/>
&#x017F;elben den klugen An&#x017F;talten &#x017F;eines er&#x017F;ten Geheimen-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">raths,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0046] Hieronymus Hauſe, wegfahren und wegtreiben ſa- hen, ihre Neugier rege gemacht ward. Sie verſuchten bald eben dieſen Weg, und da ih- nen ihr Unternehmen gelang, fingen ſie an ihre Vieh- zucht zu vermehren, und ihre Aecker fleiſſiger zu bauen. Sie nahmen dadurch ſelbſt an gutem Wohlſtande zu, und das ganze Laͤndchen kam in wenig Jahren in ſo gutes Aufnehmen, daß die Staatsklugen zu eroͤrtern anfingen, warum das Land ſich ſo ſchnell verbeſſert habe. Eigentlich war freilich der Fleiß des Hierony- mus und das Beyſpiel, das er ſeinen Mitbuͤrgern gegeben hatte, die Urſach davon. Es iſt aber allen denen, die politiſche und Finanzvorfaͤlle unterſuchen, ſchon laͤngſt zur Regel geworden, nicht die kleinen Umſtaͤnde anzufuͤhren, welche gemeiniglich die wah- ren Urſachen der Begebenheiten zu ſeyn pflegen, ſon- dern große Umſtaͤnde, welche gemeiniglich nicht die wahren Urſachen ſind. Daher ward in einer in das fuͤrſtliche Jntelligenzblatt eingeruͤckten Abhandlung, die ſchnelle Zunahme des Wohlſtandes des Landes, der landesvaͤterlichen Vorſorge des Fuͤrſten zugeſchrie- ben, (der auf ſeinem Luſtſchloſſe, ſeine Zeit zwiſchen der Jagd und ſeiner Maͤtreſſe theilte) und nach der- ſelben den klugen Anſtalten ſeines erſten Geheimen- raths,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/46
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/46>, abgerufen am 22.11.2024.