Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


"Stehen Sie doch nur auf -- Jch habe Sie nie
"gehasset. --"

"Wie könnten Sie auch ihren zärtlichsten, ihren
"treusten Liebhaber hassen! Aber darf ich für die
"reinste, für die zärtlichste Liebe, von ihnen Gegen-
"liebe hoffen"? -- Hier küßte er ihr voll Jnbrunst
die Hand --

Mariane erröthete abermals -- "Jch bitte Sie,
"dringen Sie nicht ferner in mich --

"Schönste Mariane! Lassen Sie mich mein
"Schicksal erfahren. Darf ich hoffen, so bin ich der
"glücklichste Sterbliche. Fragen Sie ihr Herz, lassen
"Sie mich dessen Empfindungen wissen. Sie seufzen?
"Wie glücklich wäre ich --

"Dringen Sie nicht ferner in mich -- Mein Herz
"hat Sie beständig geschäzt aber --

"O wie glücklich bin ich. Sie lieben mich, Schön-
"ste" -- Hier küßte er abermahl Jhre Hand. Ma-
riane
zog die Hand zurück und richtete ihn auf: --

"Jch bitte Sie, stehen Sie auf, und geben Sie
"nicht einer wilden Leidenschaft Gehör. Jn der Hitze
"derselben denken Sie, was Sie vielleicht bey käl-
"terer Ueberlegung" --

"Wie! Jch sollte untreu, ich solte unbeständig
"seyn? Nein, meine Schönste, bestätigen Sie mir

"nur


„Stehen Sie doch nur auf — Jch habe Sie nie
„gehaſſet. —‟

„Wie koͤnnten Sie auch ihren zaͤrtlichſten, ihren
„treuſten Liebhaber haſſen! Aber darf ich fuͤr die
„reinſte, fuͤr die zaͤrtlichſte Liebe, von ihnen Gegen-
„liebe hoffen‟? — Hier kuͤßte er ihr voll Jnbrunſt
die Hand —

Mariane erroͤthete abermals — „Jch bitte Sie,
„dringen Sie nicht ferner in mich —

„Schoͤnſte Mariane! Laſſen Sie mich mein
„Schickſal erfahren. Darf ich hoffen, ſo bin ich der
„gluͤcklichſte Sterbliche. Fragen Sie ihr Herz, laſſen
„Sie mich deſſen Empfindungen wiſſen. Sie ſeufzen?
„Wie gluͤcklich waͤre ich —

„Dringen Sie nicht ferner in mich — Mein Herz
„hat Sie beſtaͤndig geſchaͤzt aber —

„O wie gluͤcklich bin ich. Sie lieben mich, Schoͤn-
„ſte‟ — Hier kuͤßte er abermahl Jhre Hand. Ma-
riane
zog die Hand zuruͤck und richtete ihn auf: —

„Jch bitte Sie, ſtehen Sie auf, und geben Sie
„nicht einer wilden Leidenſchaft Gehoͤr. Jn der Hitze
„derſelben denken Sie, was Sie vielleicht bey kaͤl-
„terer Ueberlegung‟ —

„Wie! Jch ſollte untreu, ich ſolte unbeſtaͤndig
„ſeyn? Nein, meine Schoͤnſte, beſtaͤtigen Sie mir

„nur
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0242" n="216"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>&#x201E;Stehen Sie doch nur auf &#x2014; Jch habe Sie nie<lb/>
&#x201E;geha&#x017F;&#x017F;et. &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie ko&#x0364;nnten Sie auch ihren za&#x0364;rtlich&#x017F;ten, ihren<lb/>
&#x201E;treu&#x017F;ten Liebhaber ha&#x017F;&#x017F;en! Aber darf ich fu&#x0364;r die<lb/>
&#x201E;rein&#x017F;te, fu&#x0364;r die za&#x0364;rtlich&#x017F;te Liebe, von ihnen Gegen-<lb/>
&#x201E;liebe hoffen&#x201F;? &#x2014; Hier ku&#x0364;ßte er ihr voll Jnbrun&#x017F;t<lb/>
die Hand &#x2014;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Mariane</hi> erro&#x0364;thete abermals &#x2014; &#x201E;Jch bitte Sie,<lb/>
&#x201E;dringen Sie nicht ferner in mich &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Scho&#x0364;n&#x017F;te <hi rendition="#fr">Mariane!</hi> La&#x017F;&#x017F;en Sie mich mein<lb/>
&#x201E;Schick&#x017F;al erfahren. Darf ich hoffen, &#x017F;o bin ich der<lb/>
&#x201E;glu&#x0364;cklich&#x017F;te Sterbliche. Fragen Sie ihr Herz, la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x201E;Sie mich de&#x017F;&#x017F;en Empfindungen wi&#x017F;&#x017F;en. Sie &#x017F;eufzen?<lb/>
&#x201E;Wie glu&#x0364;cklich wa&#x0364;re ich &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Dringen Sie nicht ferner in mich &#x2014; Mein Herz<lb/>
&#x201E;hat Sie be&#x017F;ta&#x0364;ndig ge&#x017F;cha&#x0364;zt aber &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;O wie glu&#x0364;cklich bin ich. Sie lieben mich, Scho&#x0364;n-<lb/>
&#x201E;&#x017F;te&#x201F; &#x2014; Hier ku&#x0364;ßte er abermahl Jhre Hand. <hi rendition="#fr">Ma-<lb/>
riane</hi> zog die Hand zuru&#x0364;ck und richtete ihn auf: &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch bitte Sie, &#x017F;tehen Sie auf, und geben Sie<lb/>
&#x201E;nicht einer wilden Leiden&#x017F;chaft Geho&#x0364;r. Jn der Hitze<lb/>
&#x201E;der&#x017F;elben denken Sie, was Sie vielleicht bey ka&#x0364;l-<lb/>
&#x201E;terer Ueberlegung&#x201F; &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie! Jch &#x017F;ollte untreu, ich &#x017F;olte unbe&#x017F;ta&#x0364;ndig<lb/>
&#x201E;&#x017F;eyn? Nein, meine Scho&#x0364;n&#x017F;te, be&#x017F;ta&#x0364;tigen Sie mir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;nur</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0242] „Stehen Sie doch nur auf — Jch habe Sie nie „gehaſſet. —‟ „Wie koͤnnten Sie auch ihren zaͤrtlichſten, ihren „treuſten Liebhaber haſſen! Aber darf ich fuͤr die „reinſte, fuͤr die zaͤrtlichſte Liebe, von ihnen Gegen- „liebe hoffen‟? — Hier kuͤßte er ihr voll Jnbrunſt die Hand — Mariane erroͤthete abermals — „Jch bitte Sie, „dringen Sie nicht ferner in mich — „Schoͤnſte Mariane! Laſſen Sie mich mein „Schickſal erfahren. Darf ich hoffen, ſo bin ich der „gluͤcklichſte Sterbliche. Fragen Sie ihr Herz, laſſen „Sie mich deſſen Empfindungen wiſſen. Sie ſeufzen? „Wie gluͤcklich waͤre ich — „Dringen Sie nicht ferner in mich — Mein Herz „hat Sie beſtaͤndig geſchaͤzt aber — „O wie gluͤcklich bin ich. Sie lieben mich, Schoͤn- „ſte‟ — Hier kuͤßte er abermahl Jhre Hand. Ma- riane zog die Hand zuruͤck und richtete ihn auf: — „Jch bitte Sie, ſtehen Sie auf, und geben Sie „nicht einer wilden Leidenſchaft Gehoͤr. Jn der Hitze „derſelben denken Sie, was Sie vielleicht bey kaͤl- „terer Ueberlegung‟ — „Wie! Jch ſollte untreu, ich ſolte unbeſtaͤndig „ſeyn? Nein, meine Schoͤnſte, beſtaͤtigen Sie mir „nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/242
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/242>, abgerufen am 22.11.2024.