Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite



lich ein niederschlagender Vorfall, zumahl da in dem
Gesichte mancher Umstehenden, denen das Bewust-
seyn von sechszehn reinen Quartieren ein gutes Ge-
wissen gab, einige Mienen zu spüren waren, die ein
wenig Schadenfreude über diese Demüthigung einer
mesalliirten Familie zu erkennen gaben.

Die Frau von Hohenauf wollte noch eine Mi-
nute Contenance halten, und fragte das Fräulein
mit zorniger Miene, "wer ihr solch dummes Zeug in
"den Kopf gesetzt hätte?" Das Kind konnte auf wie-
derholtes Befragen nicht läugnen, daß ihr ihre Mam-
sell diese Nachricht gegeben. Dies brachte die Frau
von Hohenauf aufs neue in Wuth. Sie befahl
Marianen, ihr den Augenblick aus den Augen zu
gehen, stieß das Fräulein von sich, und würde ihr
vielleicht nochmahls übel begegnet haben, wenn sie
nicht die umstehende Damen in Schutz genommen,
und der Frau von Hohenauf durch allerhand Gründe
zugeredet hätten, dem Kinde ein unbedachtsames Wort
zu vergeben, und einem so vergnügten Tage zu ge-
fallen, vielmehr ihre Bitte zu gewähren. Aber die
Frau von Hohenauf ward durch diese Vorstellungen
sehr wenig besänftigt, ob sie gleich sich zwingen und
mit verbißnen Lippen höfliche Antworten geben
mußte.

End-



lich ein niederſchlagender Vorfall, zumahl da in dem
Geſichte mancher Umſtehenden, denen das Bewuſt-
ſeyn von ſechszehn reinen Quartieren ein gutes Ge-
wiſſen gab, einige Mienen zu ſpuͤren waren, die ein
wenig Schadenfreude uͤber dieſe Demuͤthigung einer
mesalliirten Familie zu erkennen gaben.

Die Frau von Hohenauf wollte noch eine Mi-
nute Contenance halten, und fragte das Fraͤulein
mit zorniger Miene, „wer ihr ſolch dummes Zeug in
„den Kopf geſetzt haͤtte?‟ Das Kind konnte auf wie-
derholtes Befragen nicht laͤugnen, daß ihr ihre Mam-
ſell dieſe Nachricht gegeben. Dies brachte die Frau
von Hohenauf aufs neue in Wuth. Sie befahl
Marianen, ihr den Augenblick aus den Augen zu
gehen, ſtieß das Fraͤulein von ſich, und wuͤrde ihr
vielleicht nochmahls uͤbel begegnet haben, wenn ſie
nicht die umſtehende Damen in Schutz genommen,
und der Frau von Hohenauf durch allerhand Gruͤnde
zugeredet haͤtten, dem Kinde ein unbedachtſames Wort
zu vergeben, und einem ſo vergnuͤgten Tage zu ge-
fallen, vielmehr ihre Bitte zu gewaͤhren. Aber die
Frau von Hohenauf ward durch dieſe Vorſtellungen
ſehr wenig beſaͤnftigt, ob ſie gleich ſich zwingen und
mit verbißnen Lippen hoͤfliche Antworten geben
mußte.

End-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0227" n="201"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
lich ein nieder&#x017F;chlagender Vorfall, zumahl da in dem<lb/>
Ge&#x017F;ichte mancher Um&#x017F;tehenden, denen das Bewu&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;eyn von &#x017F;echszehn reinen Quartieren ein gutes Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en gab, einige Mienen zu &#x017F;pu&#x0364;ren waren, die ein<lb/>
wenig Schadenfreude u&#x0364;ber die&#x017F;e Demu&#x0364;thigung einer<lb/>
mesalliirten Familie zu erkennen gaben.</p><lb/>
          <p>Die Frau von <hi rendition="#fr">Hohenauf</hi> wollte noch eine Mi-<lb/>
nute <hi rendition="#fr">Contenance</hi> halten, und fragte das Fra&#x0364;ulein<lb/>
mit zorniger Miene, &#x201E;wer ihr &#x017F;olch dummes Zeug in<lb/>
&#x201E;den Kopf ge&#x017F;etzt ha&#x0364;tte?&#x201F; Das Kind konnte auf wie-<lb/>
derholtes Befragen nicht la&#x0364;ugnen, daß ihr ihre Mam-<lb/>
&#x017F;ell die&#x017F;e Nachricht gegeben. Dies brachte die Frau<lb/>
von <hi rendition="#fr">Hohenauf</hi> aufs neue in Wuth. Sie befahl<lb/><hi rendition="#fr">Marianen,</hi> ihr den Augenblick aus den Augen zu<lb/>
gehen, &#x017F;tieß das Fra&#x0364;ulein von &#x017F;ich, und wu&#x0364;rde ihr<lb/>
vielleicht nochmahls u&#x0364;bel begegnet haben, wenn &#x017F;ie<lb/>
nicht die um&#x017F;tehende Damen in Schutz genommen,<lb/>
und der Frau <hi rendition="#fr">von Hohenauf</hi> durch allerhand Gru&#x0364;nde<lb/>
zugeredet ha&#x0364;tten, dem Kinde ein unbedacht&#x017F;ames Wort<lb/>
zu vergeben, und einem &#x017F;o vergnu&#x0364;gten Tage zu ge-<lb/>
fallen, vielmehr ihre Bitte zu gewa&#x0364;hren. Aber die<lb/>
Frau von <hi rendition="#fr">Hohenauf</hi> ward durch die&#x017F;e Vor&#x017F;tellungen<lb/>
&#x017F;ehr wenig be&#x017F;a&#x0364;nftigt, ob &#x017F;ie gleich &#x017F;ich zwingen und<lb/>
mit verbißnen Lippen ho&#x0364;fliche Antworten geben<lb/>
mußte.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">End-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0227] lich ein niederſchlagender Vorfall, zumahl da in dem Geſichte mancher Umſtehenden, denen das Bewuſt- ſeyn von ſechszehn reinen Quartieren ein gutes Ge- wiſſen gab, einige Mienen zu ſpuͤren waren, die ein wenig Schadenfreude uͤber dieſe Demuͤthigung einer mesalliirten Familie zu erkennen gaben. Die Frau von Hohenauf wollte noch eine Mi- nute Contenance halten, und fragte das Fraͤulein mit zorniger Miene, „wer ihr ſolch dummes Zeug in „den Kopf geſetzt haͤtte?‟ Das Kind konnte auf wie- derholtes Befragen nicht laͤugnen, daß ihr ihre Mam- ſell dieſe Nachricht gegeben. Dies brachte die Frau von Hohenauf aufs neue in Wuth. Sie befahl Marianen, ihr den Augenblick aus den Augen zu gehen, ſtieß das Fraͤulein von ſich, und wuͤrde ihr vielleicht nochmahls uͤbel begegnet haben, wenn ſie nicht die umſtehende Damen in Schutz genommen, und der Frau von Hohenauf durch allerhand Gruͤnde zugeredet haͤtten, dem Kinde ein unbedachtſames Wort zu vergeben, und einem ſo vergnuͤgten Tage zu ge- fallen, vielmehr ihre Bitte zu gewaͤhren. Aber die Frau von Hohenauf ward durch dieſe Vorſtellungen ſehr wenig beſaͤnftigt, ob ſie gleich ſich zwingen und mit verbißnen Lippen hoͤfliche Antworten geben mußte. End-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/227
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/227>, abgerufen am 22.11.2024.