lich ein niederschlagender Vorfall, zumahl da in dem Gesichte mancher Umstehenden, denen das Bewust- seyn von sechszehn reinen Quartieren ein gutes Ge- wissen gab, einige Mienen zu spüren waren, die ein wenig Schadenfreude über diese Demüthigung einer mesalliirten Familie zu erkennen gaben.
Die Frau von Hohenauf wollte noch eine Mi- nute Contenance halten, und fragte das Fräulein mit zorniger Miene, "wer ihr solch dummes Zeug in "den Kopf gesetzt hätte?" Das Kind konnte auf wie- derholtes Befragen nicht läugnen, daß ihr ihre Mam- sell diese Nachricht gegeben. Dies brachte die Frau von Hohenauf aufs neue in Wuth. Sie befahl Marianen, ihr den Augenblick aus den Augen zu gehen, stieß das Fräulein von sich, und würde ihr vielleicht nochmahls übel begegnet haben, wenn sie nicht die umstehende Damen in Schutz genommen, und der Frau von Hohenauf durch allerhand Gründe zugeredet hätten, dem Kinde ein unbedachtsames Wort zu vergeben, und einem so vergnügten Tage zu ge- fallen, vielmehr ihre Bitte zu gewähren. Aber die Frau von Hohenauf ward durch diese Vorstellungen sehr wenig besänftigt, ob sie gleich sich zwingen und mit verbißnen Lippen höfliche Antworten geben mußte.
End-
lich ein niederſchlagender Vorfall, zumahl da in dem Geſichte mancher Umſtehenden, denen das Bewuſt- ſeyn von ſechszehn reinen Quartieren ein gutes Ge- wiſſen gab, einige Mienen zu ſpuͤren waren, die ein wenig Schadenfreude uͤber dieſe Demuͤthigung einer mesalliirten Familie zu erkennen gaben.
Die Frau von Hohenauf wollte noch eine Mi- nute Contenance halten, und fragte das Fraͤulein mit zorniger Miene, „wer ihr ſolch dummes Zeug in „den Kopf geſetzt haͤtte?‟ Das Kind konnte auf wie- derholtes Befragen nicht laͤugnen, daß ihr ihre Mam- ſell dieſe Nachricht gegeben. Dies brachte die Frau von Hohenauf aufs neue in Wuth. Sie befahl Marianen, ihr den Augenblick aus den Augen zu gehen, ſtieß das Fraͤulein von ſich, und wuͤrde ihr vielleicht nochmahls uͤbel begegnet haben, wenn ſie nicht die umſtehende Damen in Schutz genommen, und der Frau von Hohenauf durch allerhand Gruͤnde zugeredet haͤtten, dem Kinde ein unbedachtſames Wort zu vergeben, und einem ſo vergnuͤgten Tage zu ge- fallen, vielmehr ihre Bitte zu gewaͤhren. Aber die Frau von Hohenauf ward durch dieſe Vorſtellungen ſehr wenig beſaͤnftigt, ob ſie gleich ſich zwingen und mit verbißnen Lippen hoͤfliche Antworten geben mußte.
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[201/0227]
lich ein niederſchlagender Vorfall, zumahl da in dem
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ſeyn von ſechszehn reinen Quartieren ein gutes Ge-
wiſſen gab, einige Mienen zu ſpuͤren waren, die ein
wenig Schadenfreude uͤber dieſe Demuͤthigung einer
mesalliirten Familie zu erkennen gaben.
Die Frau von Hohenauf wollte noch eine Mi-
nute Contenance halten, und fragte das Fraͤulein
mit zorniger Miene, „wer ihr ſolch dummes Zeug in
„den Kopf geſetzt haͤtte?‟ Das Kind konnte auf wie-
derholtes Befragen nicht laͤugnen, daß ihr ihre Mam-
ſell dieſe Nachricht gegeben. Dies brachte die Frau
von Hohenauf aufs neue in Wuth. Sie befahl
Marianen, ihr den Augenblick aus den Augen zu
gehen, ſtieß das Fraͤulein von ſich, und wuͤrde ihr
vielleicht nochmahls uͤbel begegnet haben, wenn ſie
nicht die umſtehende Damen in Schutz genommen,
und der Frau von Hohenauf durch allerhand Gruͤnde
zugeredet haͤtten, dem Kinde ein unbedachtſames Wort
zu vergeben, und einem ſo vergnuͤgten Tage zu ge-
fallen, vielmehr ihre Bitte zu gewaͤhren. Aber die
Frau von Hohenauf ward durch dieſe Vorſtellungen
ſehr wenig beſaͤnftigt, ob ſie gleich ſich zwingen und
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/227>, abgerufen am 22.07.2024.
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