Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite



Hohenauf im zweyten Monate, mit ihrer französi-
schen Mamsell, weit mehr zufrieden war, als im er-
sten. Wenn sie ja an den Fräulein etwas fand, das
sie für bas und für bourgeois hielt, so nahm sie sich die
Mühe, ihnen selbst darüber einen Verweis zu geben.
Sie setzte zuweilen die nachsichtsvolle Anmerkung hinzu,
daß man freilich von ihrer Mamsell nicht alles fodern
könnte, weil sie nicht de qualite sey, wodurch sie in
gedrungener Kürze, zugleich Marianen tadelte, und
ihren eigenen Vorzügen ein verbindliches Compliment
machte.

Dritter Abschnitt.

Jn dem dritten Monate von Marianens Aufent-
halte bey der Frau von Hohenauf, traf dersel-
ben Neffe, der Sohn des Tuchhändlers Säugling,
bey ihr ein. Die Bedienten wurden befehligt, ihn
Ew. Gnaden zu nennen, und sie stellte ihn allem
benachbarten Adel, unter dem Nahmen des Hrn.
von Säugling vor. Dieser junge Mensch war mit
seinen Universitätsstudien halb fertig, denn er hatte
schon zwey Jahre auf einer Universität zugebracht,
und es kam nur noch darauf an, daß er ein oder zwey
Jahre auf einer andern zubrächte, wohin ihn sein

Vater
M 5



Hohenauf im zweyten Monate, mit ihrer franzoͤſi-
ſchen Mamſell, weit mehr zufrieden war, als im er-
ſten. Wenn ſie ja an den Fraͤulein etwas fand, das
ſie fuͤr bas und fuͤr bourgeois hielt, ſo nahm ſie ſich die
Muͤhe, ihnen ſelbſt daruͤber einen Verweis zu geben.
Sie ſetzte zuweilen die nachſichtsvolle Anmerkung hinzu,
daß man freilich von ihrer Mamſell nicht alles fodern
koͤnnte, weil ſie nicht de qualité ſey, wodurch ſie in
gedrungener Kuͤrze, zugleich Marianen tadelte, und
ihren eigenen Vorzuͤgen ein verbindliches Compliment
machte.

Dritter Abſchnitt.

Jn dem dritten Monate von Marianens Aufent-
halte bey der Frau von Hohenauf, traf derſel-
ben Neffe, der Sohn des Tuchhaͤndlers Saͤugling,
bey ihr ein. Die Bedienten wurden befehligt, ihn
Ew. Gnaden zu nennen, und ſie ſtellte ihn allem
benachbarten Adel, unter dem Nahmen des Hrn.
von Saͤugling vor. Dieſer junge Menſch war mit
ſeinen Univerſitaͤtsſtudien halb fertig, denn er hatte
ſchon zwey Jahre auf einer Univerſitaͤt zugebracht,
und es kam nur noch darauf an, daß er ein oder zwey
Jahre auf einer andern zubraͤchte, wohin ihn ſein

Vater
M 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0211" n="185"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#fr">Hohenauf</hi> im zweyten Monate, mit ihrer franzo&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen Mam&#x017F;ell, weit mehr zufrieden war, als im er-<lb/>
&#x017F;ten. Wenn &#x017F;ie ja an den Fra&#x0364;ulein etwas fand, das<lb/>
&#x017F;ie fu&#x0364;r <hi rendition="#aq">bas</hi> und fu&#x0364;r <hi rendition="#aq">bourgeois</hi> hielt, &#x017F;o nahm &#x017F;ie &#x017F;ich die<lb/>
Mu&#x0364;he, ihnen &#x017F;elb&#x017F;t daru&#x0364;ber einen Verweis zu geben.<lb/>
Sie &#x017F;etzte zuweilen die nach&#x017F;ichtsvolle Anmerkung hinzu,<lb/>
daß man freilich von ihrer Mam&#x017F;ell nicht alles fodern<lb/>
ko&#x0364;nnte, weil &#x017F;ie nicht <hi rendition="#aq">de qualité</hi> &#x017F;ey, wodurch &#x017F;ie in<lb/>
gedrungener Ku&#x0364;rze, zugleich <hi rendition="#fr">Marianen</hi> tadelte, und<lb/>
ihren eigenen Vorzu&#x0364;gen ein verbindliches Compliment<lb/>
machte.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Dritter Ab&#x017F;chnitt.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>n dem dritten Monate von <hi rendition="#fr">Marianens</hi> Aufent-<lb/>
halte bey der Frau von <hi rendition="#fr">Hohenauf,</hi> traf der&#x017F;el-<lb/>
ben Neffe, der Sohn des Tuchha&#x0364;ndlers <hi rendition="#fr">Sa&#x0364;ugling,</hi><lb/>
bey ihr ein. Die Bedienten wurden befehligt, ihn<lb/><hi rendition="#fr">Ew. Gnaden</hi> zu nennen, und &#x017F;ie &#x017F;tellte ihn allem<lb/>
benachbarten Adel, unter dem Nahmen des Hrn.<lb/><hi rendition="#fr">von Sa&#x0364;ugling</hi> vor. Die&#x017F;er junge Men&#x017F;ch war mit<lb/>
&#x017F;einen Univer&#x017F;ita&#x0364;ts&#x017F;tudien halb fertig, denn er hatte<lb/>
&#x017F;chon zwey Jahre auf einer Univer&#x017F;ita&#x0364;t zugebracht,<lb/>
und es kam nur noch darauf an, daß er ein oder zwey<lb/>
Jahre auf einer andern zubra&#x0364;chte, wohin ihn &#x017F;ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Vater</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0211] Hohenauf im zweyten Monate, mit ihrer franzoͤſi- ſchen Mamſell, weit mehr zufrieden war, als im er- ſten. Wenn ſie ja an den Fraͤulein etwas fand, das ſie fuͤr bas und fuͤr bourgeois hielt, ſo nahm ſie ſich die Muͤhe, ihnen ſelbſt daruͤber einen Verweis zu geben. Sie ſetzte zuweilen die nachſichtsvolle Anmerkung hinzu, daß man freilich von ihrer Mamſell nicht alles fodern koͤnnte, weil ſie nicht de qualité ſey, wodurch ſie in gedrungener Kuͤrze, zugleich Marianen tadelte, und ihren eigenen Vorzuͤgen ein verbindliches Compliment machte. Dritter Abſchnitt. Jn dem dritten Monate von Marianens Aufent- halte bey der Frau von Hohenauf, traf derſel- ben Neffe, der Sohn des Tuchhaͤndlers Saͤugling, bey ihr ein. Die Bedienten wurden befehligt, ihn Ew. Gnaden zu nennen, und ſie ſtellte ihn allem benachbarten Adel, unter dem Nahmen des Hrn. von Saͤugling vor. Dieſer junge Menſch war mit ſeinen Univerſitaͤtsſtudien halb fertig, denn er hatte ſchon zwey Jahre auf einer Univerſitaͤt zugebracht, und es kam nur noch darauf an, daß er ein oder zwey Jahre auf einer andern zubraͤchte, wohin ihn ſein Vater M 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/211
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/211>, abgerufen am 21.11.2024.