Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.den Sebaldus, lief auf ihn zu, drückte ihm treuher- zig die Hand, und fragte wie er hieher käme. Se- baldus erzählte es kürzlich. Der Unterofficier schwor mit einem kräftigem Fluche, daß ein so rechtschaffener Mann nicht länger im Gefängnisse bleiben sollte, gieng stehendes Fußes zu seinem Major, der das Ba- taillon commandirte, und in weniger als einer Stunde kam er zurück, befreyete sowohl Sebaldus als den Markthelfer, und führte den erstern sogleich mit sich zu seinem Major. Der Major war ein Mann in seinem sieben und Kirche Erster Theil. K
den Sebaldus, lief auf ihn zu, druͤckte ihm treuher- zig die Hand, und fragte wie er hieher kaͤme. Se- baldus erzaͤhlte es kuͤrzlich. Der Unterofficier ſchwor mit einem kraͤftigem Fluche, daß ein ſo rechtſchaffener Mann nicht laͤnger im Gefaͤngniſſe bleiben ſollte, gieng ſtehendes Fußes zu ſeinem Major, der das Ba- taillon commandirte, und in weniger als einer Stunde kam er zuruͤck, befreyete ſowohl Sebaldus als den Markthelfer, und fuͤhrte den erſtern ſogleich mit ſich zu ſeinem Major. Der Major war ein Mann in ſeinem ſieben und Kirche Erſter Theil. K
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den Sebaldus, lief auf ihn zu, druͤckte ihm treuher-
zig die Hand, und fragte wie er hieher kaͤme. Se-
baldus erzaͤhlte es kuͤrzlich. Der Unterofficier ſchwor
mit einem kraͤftigem Fluche, daß ein ſo rechtſchaffener
Mann nicht laͤnger im Gefaͤngniſſe bleiben ſollte,
gieng ſtehendes Fußes zu ſeinem Major, der das Ba-
taillon commandirte, und in weniger als einer
Stunde kam er zuruͤck, befreyete ſowohl Sebaldus
als den Markthelfer, und fuͤhrte den erſtern ſogleich
mit ſich zu ſeinem Major.
Der Major war ein Mann in ſeinem ſieben und
funfzigſten Jahre, der von ſeinem funfzehnten Jahre
an, Soldat geweſen und von untenauf gedienet hatte.
Er war brav wie ſein Degen, aber ſeine moraliſchen
Grundſaͤtze wuͤrden, wenn man ſie nach Millers
Einleitung in die Mosheimiſche Sittenlehre
haͤtte pruͤfen wollen, freilich ſehr unzuſammenhaͤn-
gend und widerſprechend erfunden worden ſeyn. Er
glaubte die Unſterblichkeit der Seele nicht; und be-
kuͤmmerte ſich doch ſehr wenig um die Fortdauer ſei-
nes Lebens, ſondern ſetzte es ſehr oft, ohne die aͤuſ-
ſerſte Nothwendigkeit, in Gefahr. Er war eben nicht
ſehr religioͤs, und war auch eben nicht ein Lobredner
des geiſtlichen Standes; dennoch aber ehrte und be-
ſchuͤtzte er ihn vor allen andern. Er ging ſelten in die
Kirche
Erſter Theil. K
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