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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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sagte Stauzius, (der den Sebaldus von oben bis
unten ansahe, und in diesem Angenblicke auf seine
Leibesgestalt ein Project bauete,) "und doch könte
"ich ihm vielleicht einige Hülfe angedeihen laßen; er
"ist in elenden Umständen, das sehe ich, im geistlichen
"Stande ist nichts für ihn zu thun, was will er also
"anfangen. Höre er an, er ist beinahe sechs Fuß
"hoch, werde er Soldat; zwar ist er nicht mehr jung,
"aber die Größe wird machen daß mans nicht so ge-
"nau mit dem Alter nehmen wird. Kann er ja die
"Strapatzen nicht ausstehen, so wird er ins Lazaret
"gebracht, und da ist er versorgt. Lasse er sich also
"anwerben, es werden sich Leute finden, die ihm ein
"gutes Handgeld geben werden."

Sebaldus sagte lächelnd: "Es war eine Zeit, wo
"es mir sehr übel genommen ward, daß ich Leuten ge-
"rathen hatte in den Krieg zu gehen.

"Ja, das war etwas anders, an heiliger Stäte
"schickte sich dies nicht. Aber itzt" --

"Soll ich an Jhres Sohnes Stelle vielleicht
"Soldat werden?" --

"An meines Sohnes Stelle? was weiß er von
"meinem Sohne?"

"Jch weiß daß Jhr Sohn sich hat anwerben lassen,
"daß er gestern Abend aus der Wache entsprungen ist,

"daß



ſagte Stauzius, (der den Sebaldus von oben bis
unten anſahe, und in dieſem Angenblicke auf ſeine
Leibesgeſtalt ein Project bauete,) „und doch koͤnte
„ich ihm vielleicht einige Huͤlfe angedeihen laßen; er
„iſt in elenden Umſtaͤnden, das ſehe ich, im geiſtlichen
„Stande iſt nichts fuͤr ihn zu thun, was will er alſo
„anfangen. Hoͤre er an, er iſt beinahe ſechs Fuß
„hoch, werde er Soldat; zwar iſt er nicht mehr jung,
„aber die Groͤße wird machen daß mans nicht ſo ge-
„nau mit dem Alter nehmen wird. Kann er ja die
„Strapatzen nicht ausſtehen, ſo wird er ins Lazaret
„gebracht, und da iſt er verſorgt. Laſſe er ſich alſo
„anwerben, es werden ſich Leute finden, die ihm ein
„gutes Handgeld geben werden.‟

Sebaldus ſagte laͤchelnd: „Es war eine Zeit, wo
„es mir ſehr uͤbel genommen ward, daß ich Leuten ge-
„rathen hatte in den Krieg zu gehen.

„Ja, das war etwas anders, an heiliger Staͤte
„ſchickte ſich dies nicht. Aber itzt‟ —

„Soll ich an Jhres Sohnes Stelle vielleicht
„Soldat werden?‟ —

„An meines Sohnes Stelle? was weiß er von
„meinem Sohne?‟

„Jch weiß daß Jhr Sohn ſich hat anwerben laſſen,
„daß er geſtern Abend aus der Wache entſprungen iſt,

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[142/0168] ſagte Stauzius, (der den Sebaldus von oben bis unten anſahe, und in dieſem Angenblicke auf ſeine Leibesgeſtalt ein Project bauete,) „und doch koͤnte „ich ihm vielleicht einige Huͤlfe angedeihen laßen; er „iſt in elenden Umſtaͤnden, das ſehe ich, im geiſtlichen „Stande iſt nichts fuͤr ihn zu thun, was will er alſo „anfangen. Hoͤre er an, er iſt beinahe ſechs Fuß „hoch, werde er Soldat; zwar iſt er nicht mehr jung, „aber die Groͤße wird machen daß mans nicht ſo ge- „nau mit dem Alter nehmen wird. Kann er ja die „Strapatzen nicht ausſtehen, ſo wird er ins Lazaret „gebracht, und da iſt er verſorgt. Laſſe er ſich alſo „anwerben, es werden ſich Leute finden, die ihm ein „gutes Handgeld geben werden.‟ Sebaldus ſagte laͤchelnd: „Es war eine Zeit, wo „es mir ſehr uͤbel genommen ward, daß ich Leuten ge- „rathen hatte in den Krieg zu gehen. „Ja, das war etwas anders, an heiliger Staͤte „ſchickte ſich dies nicht. Aber itzt‟ — „Soll ich an Jhres Sohnes Stelle vielleicht „Soldat werden?‟ — „An meines Sohnes Stelle? was weiß er von „meinem Sohne?‟ „Jch weiß daß Jhr Sohn ſich hat anwerben laſſen, „daß er geſtern Abend aus der Wache entſprungen iſt, „daß

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/168>, abgerufen am 27.11.2024.