Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.Hier. Das komt daher, weil in Frankreich und Seb. Jst es denn in Deutschland nicht eben so? Hier. Sehr selten. Der Stand der Schriftstel- an- *) Der Verfasser, der als ein Deutscher, sich in nichts des- sen was deutsch ist schämet, bekennet gern, daß auch dieses Werk von diesem Geruche nicht wenig an sich hat. Er warnet alle Weltleute, nicht zu wagen es zu lesen. H 5
Hier. Das komt daher, weil in Frankreich und Seb. Jſt es denn in Deutſchland nicht eben ſo? Hier. Sehr ſelten. Der Stand der Schriftſtel- an- *) Der Verfaſſer, der als ein Deutſcher, ſich in nichts deſ- ſen was deutſch iſt ſchaͤmet, bekennet gern, daß auch dieſes Werk von dieſem Geruche nicht wenig an ſich hat. Er warnet alle Weltleute, nicht zu wagen es zu leſen. H 5
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Hier. Das komt daher, weil in Frankreich und
in England, die Claſſe der Schriftſteller der Claſſe der
Leſer entſpricht; weil jene ſchreiben was dieſe zu leſen
noͤthig haben und leſen koͤnnen.
Seb. Jſt es denn in Deutſchland nicht eben ſo?
Hier. Sehr ſelten. Der Stand der Schriftſtel-
ler beziehet ſich in Deutſchland beinahe bloß auf ſich
ſelber, oder auf den gelehrten Stand. Sehr ſelten
iſt bey uns ein Gelehrter ein Homme de Lettres. Ein
Gelehrter iſt bey uns ein Theologe, ein Juriſt, ein
Mediciner, ein Philoſoph, ein Profeſſor, ein Ma-
giſter, ein Director, ein Rector, ein Conrector, ein
Subrector, ein Baccalaureus, ein Collega infimus,
und er ſchreibt auch nur fuͤr ſeine Zuhoͤrer und ſeine
Untergebnen. Dieſes gelehrte Voͤlkchen von Lehrern
und Lernenden, das etwa 20000 Menſchen ſtark iſt,
verachtet die uͤbrigen 20 Millionen Menſchen, die
außer ihnen deutſch reden, ſo herzlich, daß es ſich nicht
die Muͤhe nimmt fuͤr ſie zu ſchreiben, und wenn es
zuweilen geſchiehet, ſo riecht das Werk gemeiniglich
dermaßen nach der Lampe, *) daß es niemand
an-
*) Der Verfaſſer, der als ein Deutſcher, ſich in nichts deſ-
ſen was deutſch iſt ſchaͤmet, bekennet gern, daß auch
dieſes Werk von dieſem Geruche nicht wenig an ſich hat.
Er warnet alle Weltleute, nicht zu wagen es zu leſen.
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