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Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599.

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Der Ander Theil deß Frewdenspiegels.
daß der Mensch zur Welt geborn ist: Also auch im Sterben/
muß man sich der Angst erwegen/ vnnd wissen/ daß darnach
ein grosser weiter Raum vnnd ewige Freuwde seyn wirdt.

Wie an dem Exempel der leiblichen Geburt/
vnser Geistliche Widergeburt recht ge-
fasset werde.

DJe heylige Christliche Kirche ist die schwan-
ger Mutter/ Ein sterbender Christ ist das Kindt/ wel-
ches von der Mutter soll geboren werden/ das Wort
Gottes ist der Mutter Leib vnnd vterus, darinn das Kindt
ligt vmbgeben vnnd verschlossen. Sein alter Adam/ oder sein
Fleisch vnnd Blut/ ist die Nachgeburt/ oder das Heutlein
(welches die Physici khorion vnd secundinas nennen) mit wel-
chem das lebendige Kindt in Mutterleibe ist vmbfangen.
Der natürliche Todt aber ist wie der Außzug/ oder wie die
Ankunfft eines Kindtleins auß seiner Mutter Leibe in die-
se Welt.

Gleich wie nun erstlich das Weib mit einem Kindlein
schwanger gehet/ welches sie in jhrem Leibe träget/ vnnd dasI.
Vergleichung
der Christlichen
Kirchen auff
Erden/ mit ei-
nemschwangern
Weib.

Kindtlein in Mutter Leibe ist auch schwanger mit seinem Le-
ben/ welches es begehret auß der engen schmalen Herberge
hinauß in die grosse weite Welt zu bringen. Also gehet die
Kirche Christi auff dieser Welt jmmer vnnd alle Tage
schwanger/ mit Geistlichen Kindern/ welche sie vom heyli-
gen Geist durch die Tauffe empfähet/ vnnd träget sie in dem
Wort jhres Breutigams Jesu Christi/ als in jhrem Leibe/
darinn sie werden formirt/ neuwgeboren/ vnnd von Tage
zu Tage/ je länger vnnd mehr zugerichtet/ vnnd bereitet zum
ewigen Leben: Vnd solche Kinder sind auch selbst schwanger
mit dem Geistlichen Leben/ da Christus durch den Glauben
in jhren Hertzen wohnet sampt dem Vatter vnnd heyligen

Geist/
Mm iij

Der Ander Theil deß Frewdenſpiegels.
daß der Menſch zur Welt geborn iſt: Alſo auch im Sterben/
muß man ſich der Angſt erwegen/ vnnd wiſſen/ daß darnach
ein groſſer weiter Raum vnnd ewige Freuwde ſeyn wirdt.

Wie an dem Exempel der leiblichen Geburt/
vnſer Geiſtliche Widergeburt recht ge-
faſſet werde.

DJe heylige Chriſtliche Kirche iſt die ſchwan-
ger Mutter/ Ein ſterbender Chriſt iſt das Kindt/ wel-
ches von der Mutter ſoll geboren werden/ das Wort
Gottes iſt der Mutter Leib vnnd vterus, darinn das Kindt
ligt vmbgeben vnnd verſchloſſen. Sein alter Adam/ oder ſein
Fleiſch vnnd Blut/ iſt die Nachgeburt/ oder das Heutlein
(welches die Phyſici χόριον vnd ſecundinas nennen) mit wel-
chem das lebendige Kindt in Mutterleibe iſt vmbfangen.
Der natürliche Todt aber iſt wie der Außzug/ oder wie die
Ankunfft eines Kindtleins auß ſeiner Mutter Leibe in die-
ſe Welt.

Gleich wie nun erſtlich das Weib mit einem Kindlein
ſchwanger gehet/ welches ſie in jhrem Leibe träget/ vnnd dasI.
Vergleichung
der Chriſtlichen
Kirchen auff
Erden/ mit ei-
nemſchwangern
Weib.

Kindtlein in Mutter Leibe iſt auch ſchwanger mit ſeinem Le-
ben/ welches es begehret auß der engen ſchmalen Herberge
hinauß in die groſſe weite Welt zu bꝛingen. Alſo gehet die
Kirche Chriſti auff dieſer Welt jmmer vnnd alle Tage
ſchwanger/ mit Geiſtlichen Kindern/ welche ſie vom heyli-
gen Geiſt durch die Tauffe empfähet/ vnnd träget ſie in dem
Wort jhres Breutigams Jeſu Chriſti/ als in jhrem Leibe/
darinn ſie werden formirt/ neuwgeboren/ vnnd von Tage
zu Tage/ je länger vnnd mehr zugerichtet/ vnnd bereitet zum
ewigen Leben: Vnd ſolche Kinder ſind auch ſelbſt ſchwanger
mit dem Geiſtlichen Leben/ da Chriſtus durch den Glauben
in jhren Hertzen wohnet ſampt dem Vatter vnnd heyligen

Geiſt/
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[277/0295] Der Ander Theil deß Frewdenſpiegels. daß der Menſch zur Welt geborn iſt: Alſo auch im Sterben/ muß man ſich der Angſt erwegen/ vnnd wiſſen/ daß darnach ein groſſer weiter Raum vnnd ewige Freuwde ſeyn wirdt. Wie an dem Exempel der leiblichen Geburt/ vnſer Geiſtliche Widergeburt recht ge- faſſet werde. DJe heylige Chriſtliche Kirche iſt die ſchwan- ger Mutter/ Ein ſterbender Chriſt iſt das Kindt/ wel- ches von der Mutter ſoll geboren werden/ das Wort Gottes iſt der Mutter Leib vnnd vterus, darinn das Kindt ligt vmbgeben vnnd verſchloſſen. Sein alter Adam/ oder ſein Fleiſch vnnd Blut/ iſt die Nachgeburt/ oder das Heutlein (welches die Phyſici χόριον vnd ſecundinas nennen) mit wel- chem das lebendige Kindt in Mutterleibe iſt vmbfangen. Der natürliche Todt aber iſt wie der Außzug/ oder wie die Ankunfft eines Kindtleins auß ſeiner Mutter Leibe in die- ſe Welt. Gleich wie nun erſtlich das Weib mit einem Kindlein ſchwanger gehet/ welches ſie in jhrem Leibe träget/ vnnd das Kindtlein in Mutter Leibe iſt auch ſchwanger mit ſeinem Le- ben/ welches es begehret auß der engen ſchmalen Herberge hinauß in die groſſe weite Welt zu bꝛingen. Alſo gehet die Kirche Chriſti auff dieſer Welt jmmer vnnd alle Tage ſchwanger/ mit Geiſtlichen Kindern/ welche ſie vom heyli- gen Geiſt durch die Tauffe empfähet/ vnnd träget ſie in dem Wort jhres Breutigams Jeſu Chriſti/ als in jhrem Leibe/ darinn ſie werden formirt/ neuwgeboren/ vnnd von Tage zu Tage/ je länger vnnd mehr zugerichtet/ vnnd bereitet zum ewigen Leben: Vnd ſolche Kinder ſind auch ſelbſt ſchwanger mit dem Geiſtlichen Leben/ da Chriſtus durch den Glauben in jhren Hertzen wohnet ſampt dem Vatter vnnd heyligen Geiſt/ I. Vergleichung der Chriſtlichen Kirchen auff Erden/ mit ei- nemſchwangern Weib. Mm iij

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Zitationshilfe: Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/295>, abgerufen am 17.11.2024.