Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Filamon.
zulassen) daß die Opfferung noch desselben Ta-
ges geschehen möchte/ und nachdem die Edele Bel-
liflora Jhr solches auch gefallen lassen/ sindt sie
mit sampt der Gesellschafft wiederumb allgemach-
samb auß dem Walde herauß spatziret/ da der ver-
liebte Filamon fast kein Auge von seiner jetzt ver-
lobten Bellifloren holdseligen Angesicht abge-
wand/ woran es den auch gleichfals die nunmehr
verlobte Schäferinn keines weges hat erwinden
lassen.

Nach dem sie aber gefraget/ warumd er sie fast
unverwenndlich also ansehe/ hat er Jhr eine solche
Antwort ertheilet: Metn liebstes Kind/ ich erin-
nere mich eines Dactilischen Sonnets/ welches
ich vergangene Zeit einmals gesetzet/ da Jch gäntz-
lich in den Gedanken bin gestanden/ daß Cupido
seinen Sitz in euren Augen hette/ weil ich allezeit
nach euren Anschauen grosse Liebes-Flammen
in meinem Hertzen verspürete. Ja/ Edele und
aller Tugendhaffte Belliflora/ Jch möchte wol
noch einmal sagen/ daß Cupido mit seinen Pfei-
len und Venus mit ihren Liebes-Flammen in
euren schönen und helleuchtenden Augelein ihren
Sitz hätten/ sintemal die flammende Straalen eu-
rer Sternlein mich mit ihrer über menschlichen
Frenndlichkeit der massen verblendet und getrof-
fen/ daß ich auch offt nicht gewust/ ob ich bey mir
selbsten/ oder ob mir etzliche Sinnen von selbigen
abgeraubet worden.

Worauf die Edele Belliflora geliebäugelt mit
halb röthlichen Angesichte/ und lächelden Mün-
delein ihn von der Seyten angesehen/ und gesagt:
Welch ein seltzame Erfindung ist das/ mein Ede-
ler Filamon/ das Sonnet hätte ich wol lust anzu-

hören/

Filamon.
zulaſſen) daß die Opfferung noch deſſelben Ta-
ges geſchehen moͤchte/ und nachdem die Edele Bel-
liflora Jhr ſolches auch gefallen laſſen/ ſindt ſie
mit ſampt der Geſellſchafft wiederumb allgemach-
ſamb auß dem Walde herauß ſpatziret/ da der ver-
liebte Filamon faſt kein Auge von ſeiner jetzt ver-
lobten Bellifloren holdſeligen Angeſicht abge-
wand/ woran es den auch gleichfals die nunmehr
verlobte Schaͤferinn keines weges hat erwinden
laſſen.

Nach dem ſie aber gefraget/ warumd er ſie faſt
unverwenndlich alſo anſehe/ hat er Jhr eine ſolche
Antwort ertheilet: Metn liebſtes Kind/ ich erin-
nere mich eines Dactiliſchen Sonnets/ welches
ich vergangene Zeit einmals geſetzet/ da Jch gaͤntz-
lich in den Gedanken bin geſtanden/ daß Cupido
ſeinen Sitz in euren Augen hette/ weil ich allezeit
nach euren Anſchauen groſſe Liebes-Flammen
in meinem Hertzen verſpuͤrete. Ja/ Edele und
aller Tugendhaffte Belliflora/ Jch moͤchte wol
noch einmal ſagen/ daß Cupido mit ſeinen Pfei-
len und Venus mit ihren Liebes-Flammen in
euren ſchoͤnen und helleuchtenden Augelein ihren
Sitz haͤtten/ ſintemal die flammende Straalen eu-
rer Sternlein mich mit ihrer uͤber menſchlichen
Frenndlichkeit der maſſen verblendet und getrof-
fen/ daß ich auch offt nicht gewuſt/ ob ich bey mir
ſelbſten/ oder ob mir etzliche Sinnen von ſelbigen
abgeraubet worden.

Worauf die Edele Belliflora geliebaͤugelt mit
halb roͤthlichen Angeſichte/ und laͤchelden Muͤn-
delein ihn von der Seyten angeſehen/ und geſagt:
Welch ein ſeltzame Erfindung iſt das/ mein Ede-
ler Filamon/ das Sonnet haͤtte ich wol luſt anzu-

hoͤren/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0381" n="303"/><fw place="top" type="header">Filamon.</fw><lb/>
zula&#x017F;&#x017F;en) daß die Opfferung noch de&#x017F;&#x017F;elben Ta-<lb/>
ges ge&#x017F;chehen mo&#x0364;chte/ und nachdem die Edele Bel-<lb/>
liflora Jhr &#x017F;olches auch gefallen la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;indt &#x017F;ie<lb/>
mit &#x017F;ampt der Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft wiederumb allgemach-<lb/>
&#x017F;amb auß dem Walde herauß &#x017F;patziret/ da der ver-<lb/>
liebte Filamon fa&#x017F;t kein Auge von &#x017F;einer jetzt ver-<lb/>
lobten Bellifloren hold&#x017F;eligen Ange&#x017F;icht abge-<lb/>
wand/ woran es den auch gleichfals die nunmehr<lb/>
verlobte Scha&#x0364;ferinn keines weges hat erwinden<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Nach dem &#x017F;ie aber gefraget/ warumd er &#x017F;ie fa&#x017F;t<lb/>
unverwenndlich al&#x017F;o an&#x017F;ehe/ hat er Jhr eine &#x017F;olche<lb/>
Antwort ertheilet: Metn lieb&#x017F;tes Kind/ ich erin-<lb/>
nere mich eines Dactili&#x017F;chen Sonnets/ welches<lb/>
ich vergangene Zeit einmals ge&#x017F;etzet/ da Jch ga&#x0364;ntz-<lb/>
lich in den Gedanken bin ge&#x017F;tanden/ daß Cupido<lb/>
&#x017F;einen Sitz in euren Augen hette/ weil ich allezeit<lb/>
nach euren An&#x017F;chauen gro&#x017F;&#x017F;e Liebes-Flammen<lb/>
in meinem Hertzen ver&#x017F;pu&#x0364;rete. Ja/ Edele und<lb/>
aller Tugendhaffte Belliflora/ Jch mo&#x0364;chte wol<lb/>
noch einmal &#x017F;agen/ daß Cupido mit &#x017F;einen Pfei-<lb/>
len und Venus mit ihren Liebes-Flammen in<lb/>
euren &#x017F;cho&#x0364;nen und helleuchtenden Augelein ihren<lb/>
Sitz ha&#x0364;tten/ &#x017F;intemal die flammende Straalen eu-<lb/>
rer Sternlein mich mit ihrer u&#x0364;ber men&#x017F;chlichen<lb/>
Frenndlichkeit der ma&#x017F;&#x017F;en verblendet und getrof-<lb/>
fen/ daß ich auch offt nicht gewu&#x017F;t/ ob ich bey mir<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;ten/ oder ob mir etzliche Sinnen von &#x017F;elbigen<lb/>
abgeraubet worden.</p><lb/>
          <p>Worauf die Edele Belliflora gelieba&#x0364;ugelt mit<lb/>
halb ro&#x0364;thlichen Ange&#x017F;ichte/ und la&#x0364;chelden Mu&#x0364;n-<lb/>
delein ihn von der Seyten ange&#x017F;ehen/ und ge&#x017F;agt:<lb/>
Welch ein &#x017F;eltzame Erfindung i&#x017F;t das/ mein Ede-<lb/>
ler Filamon/ das Sonnet ha&#x0364;tte ich wol lu&#x017F;t anzu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ho&#x0364;ren/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0381] Filamon. zulaſſen) daß die Opfferung noch deſſelben Ta- ges geſchehen moͤchte/ und nachdem die Edele Bel- liflora Jhr ſolches auch gefallen laſſen/ ſindt ſie mit ſampt der Geſellſchafft wiederumb allgemach- ſamb auß dem Walde herauß ſpatziret/ da der ver- liebte Filamon faſt kein Auge von ſeiner jetzt ver- lobten Bellifloren holdſeligen Angeſicht abge- wand/ woran es den auch gleichfals die nunmehr verlobte Schaͤferinn keines weges hat erwinden laſſen. Nach dem ſie aber gefraget/ warumd er ſie faſt unverwenndlich alſo anſehe/ hat er Jhr eine ſolche Antwort ertheilet: Metn liebſtes Kind/ ich erin- nere mich eines Dactiliſchen Sonnets/ welches ich vergangene Zeit einmals geſetzet/ da Jch gaͤntz- lich in den Gedanken bin geſtanden/ daß Cupido ſeinen Sitz in euren Augen hette/ weil ich allezeit nach euren Anſchauen groſſe Liebes-Flammen in meinem Hertzen verſpuͤrete. Ja/ Edele und aller Tugendhaffte Belliflora/ Jch moͤchte wol noch einmal ſagen/ daß Cupido mit ſeinen Pfei- len und Venus mit ihren Liebes-Flammen in euren ſchoͤnen und helleuchtenden Augelein ihren Sitz haͤtten/ ſintemal die flammende Straalen eu- rer Sternlein mich mit ihrer uͤber menſchlichen Frenndlichkeit der maſſen verblendet und getrof- fen/ daß ich auch offt nicht gewuſt/ ob ich bey mir ſelbſten/ oder ob mir etzliche Sinnen von ſelbigen abgeraubet worden. Worauf die Edele Belliflora geliebaͤugelt mit halb roͤthlichen Angeſichte/ und laͤchelden Muͤn- delein ihn von der Seyten angeſehen/ und geſagt: Welch ein ſeltzame Erfindung iſt das/ mein Ede- ler Filamon/ das Sonnet haͤtte ich wol luſt anzu- hoͤren/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/381
Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/381>, abgerufen am 24.11.2024.