Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Filamon. Wer auf blosse Worte bauet/ Und denselben glauben gibt/ Wer den schonen Reden trauet/ Findet sich gar offt betrübt. Denn gar offt die Worte sind Nichts als lauter Lufft und Wind. Dieses ist nun zwar nicht ohn/ Edler Fila- Mit welchen Sachen nur das Hertz ist überflossen/ Das muß der Mund heraus hinwieder von sich stossen. Weil denn nun Jch abermahl/ Hertzliebster wie n vj
Filamon. Wer auf bloſſe Worte bauet/ Und denſelben glauben gibt/ Wer den ſchonen Reden trauet/ Findet ſich gar offt betruͤbt. Denn gar offt die Worte ſind Nichts als lauter Lufft und Wind. Dieſes iſt nun zwar nicht ohn/ Edler Fila- Mit welchen Sachen nur das Hertz iſt uͤberfloſſen/ Das muß der Mund heraus hinwieder von ſich ſtoſſen. Weil denn nun Jch abermahl/ Hertzliebſter wie n vj
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Filamon.
Wer auf bloſſe Worte bauet/
Und denſelben glauben gibt/
Wer den ſchonen Reden trauet/
Findet ſich gar offt betruͤbt.
Denn gar offt die Worte ſind
Nichts als lauter Lufft und Wind.
Dieſes iſt nun zwar nicht ohn/ Edler Fila-
mon/ daß man nemblich nicht allzuſehr auf bloſſe
Worte trauen ſol/ ſintemal ſich mancher dadurch
betrogen befunden. Wenn aber biß dahero den
gantzen Sommer durch euer getreues Hertze Jch
zum offtern verſpuͤret/ und heute fruͤhe etzliche in
ein Eichen geſchnittene Verſe/ als Zeugnuͤſſen euer
aufrichtigen Liebe ſelber geſehen und geleſen/ wie
auch andere Liebeszeichen jetzo mehr vermerket/
und erkundiget/ habe ich alſobald bey mir ge-
dacht/ und gaͤntzlich dafuͤr gehalten/ daß ſolche
Verslein/ und die uͤbrige Liebes-Zeichen/ (nemlich
die vielfaͤltigen Traͤhnen und Ode/ welche ſie/ weil
er vielleicht ob ſolchen ſchamrot werden moͤchte/
nicht nennen wolte) aus dem innerlichen Heꝛtzens-
grunde entſprungen waͤren/ in Betrachtung daß
die Deutſche Poëſie ſagt:
Mit welchen Sachen nur das Hertz iſt uͤberfloſſen/
Das muß der Mund heraus hinwieder von ſich ſtoſſen.
Weil denn nun Jch abermahl/ Hertzliebſter
und getreuer Filamon/ eure ſo aufrichtige Liebes-
Zuneigung biß anitzo zur gnuͤge vernommen/ kan
ich auch laͤnger nicht unterlaſſen/ Euch meine auf-
rrichtige und keuſche Liebes-Zuneigung gleichfals
zu entdekken. Bitte aber darneben unterthaͤnigſt/
eure hohe Fuͤrtreffligkeiten und ruͤhmliche Sit-
ten/ liebſter Filamon/ wollen mein anfangs gepflo-
genes unfreundliches Beginnen mir allerguͤnſtig
vergeben/ und ſolches alles meiner Schuldigkeit/
wie
n vj
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