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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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Der Lieb-erfreute
res lieblichen und heylsamen Odems/ und andern
darzu nötigen Mitteln zu heylen wuste/ hat er sein
Pandor sampt der Herde seinen Hürten Knaben
anbefohlen/ Er aber nach dem er die Unterleftze
hart eingebissen/ damit sie ein wenig geschwollen
schiene/ ist mit Seuftzen nach dem Orte da seine
Belliflora saß zu gelauffen/ sich gäntzlich stellend/
als ob ihme Jhre frewdige Gegenwart der Orter
gantz unbewust were. Nach dem er aber fast zu ihr
kommen/ hat er hefftig zu winseln/ und sich über
den Bienenstich zubeklagen angefangen. Und als
nun die Edele Belliflora solch Wehklagen erhöret/
und sich mit Verwunderung über die ungewöhn-
liche Verstellung der kläglichen Stimme verwun-
dert/ ist sie schneller wie etwa der AEolus die Win-
de außlassen solte/ aufgestanden/ ihm aller tugend-
haftig entgegen gangen/ und ihn also angeredet:
wie ist euch geschehen/ Edler Filamon/ warumb
laufft ihr so als unsinnig? Es scheinet fast/ als we-
ren eure Lippen von einer Biene verwundet. Jst
dem nun also/ ey lieber so sagts Edler Filamon/
vielleicht haben mir die gütigen Götter euch solchen
Schmertzen zu lindern/ gnädigst Kraft verliehen.
Warauf der Edele Filamon wieder angefangen:
Ach mein Edle Belliflora/ ich weis/ daß hier in
diesen Walde kein Schäfer noch Schäferinne
wird zu finden sein/ durch welches Hülffe ich von
den großen Schmertzen dieses Bienen stichs möch-
te erlediget werden/ wenn den ihr/ vieltugend sa-
me und Edle Belliflora/ alleine die jenige seyd/ wel-
che diesen unerträglichen Schmertzen mir kan hei-
len/ ob ihr euch gleich hisbevor gegen meine We-
nigkeit etwas frembd und unfreundlich erzeiget/ so
bittet doch eurer hochadelichen Tugenden jederzeit

in

Der Lieb-erfreute
res lieblichen und heylſamen Odems/ und andern
darzu noͤtigen Mitteln zu heylen wuſte/ hat er ſein
Pandor ſampt der Herde ſeinen Huͤrten Knaben
anbefohlen/ Er aber nach dem er die Unterleftze
hart eingebiſſen/ damit ſie ein wenig geſchwollen
ſchiene/ iſt mit Seuftzen nach dem Orte da ſeine
Belliflora ſaß zu gelauffen/ ſich gaͤntzlich ſtellend/
als ob ihme Jhre frewdige Gegenwart der Orter
gantz unbewuſt were. Nach dem er aber faſt zu ihr
kommen/ hat er hefftig zu winſeln/ und ſich uͤber
den Bienenſtich zubeklagen angefangen. Und als
nun die Edele Belliflora ſolch Wehklagen erhoͤret/
und ſich mit Verwunderung uͤber die ungewoͤhn-
liche Verſtellung der klaͤglichen Stimme verwun-
dert/ iſt ſie ſchneller wie etwa der Æolus die Win-
de außlaſſen ſolte/ aufgeſtanden/ ihm aller tugend-
haftig entgegen gangen/ und ihn alſo angeredet:
wie iſt euch geſchehen/ Edler Filamon/ warumb
laufft ihr ſo als unſinnig? Es ſcheinet faſt/ als we-
ren eure Lippen von einer Biene verwundet. Jſt
dem nun alſo/ ey lieber ſo ſagts Edler Filamon/
vielleicht haben mir die guͤtigen Goͤtter euch ſolchẽ
Schmertzen zu lindern/ gnaͤdigſt Kraft verliehen.
Warauf der Edele Filamon wieder angefangen:
Ach mein Edle Belliflora/ ich weis/ daß hier in
dieſen Walde kein Schaͤfer noch Schaͤferinne
wird zu finden ſein/ durch welches Huͤlffe ich von
den großen Schmertzen dieſes Bienen ſtichs moͤch-
te erlediget werden/ wenn den ihr/ vieltugend ſa-
me und Edle Belliflora/ alleine die jenige ſeyd/ wel-
che dieſen unertraͤglichen Schmertzen mir kan hei-
len/ ob ihr euch gleich hisbevor gegen meine We-
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bittet doch eurer hochadelichen Tugenden jederzeit

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[294/0372] Der Lieb-erfreute res lieblichen und heylſamen Odems/ und andern darzu noͤtigen Mitteln zu heylen wuſte/ hat er ſein Pandor ſampt der Herde ſeinen Huͤrten Knaben anbefohlen/ Er aber nach dem er die Unterleftze hart eingebiſſen/ damit ſie ein wenig geſchwollen ſchiene/ iſt mit Seuftzen nach dem Orte da ſeine Belliflora ſaß zu gelauffen/ ſich gaͤntzlich ſtellend/ als ob ihme Jhre frewdige Gegenwart der Orter gantz unbewuſt were. Nach dem er aber faſt zu ihr kommen/ hat er hefftig zu winſeln/ und ſich uͤber den Bienenſtich zubeklagen angefangen. Und als nun die Edele Belliflora ſolch Wehklagen erhoͤret/ und ſich mit Verwunderung uͤber die ungewoͤhn- liche Verſtellung der klaͤglichen Stimme verwun- dert/ iſt ſie ſchneller wie etwa der Æolus die Win- de außlaſſen ſolte/ aufgeſtanden/ ihm aller tugend- haftig entgegen gangen/ und ihn alſo angeredet: wie iſt euch geſchehen/ Edler Filamon/ warumb laufft ihr ſo als unſinnig? Es ſcheinet faſt/ als we- ren eure Lippen von einer Biene verwundet. Jſt dem nun alſo/ ey lieber ſo ſagts Edler Filamon/ vielleicht haben mir die guͤtigen Goͤtter euch ſolchẽ Schmertzen zu lindern/ gnaͤdigſt Kraft verliehen. Warauf der Edele Filamon wieder angefangen: Ach mein Edle Belliflora/ ich weis/ daß hier in dieſen Walde kein Schaͤfer noch Schaͤferinne wird zu finden ſein/ durch welches Huͤlffe ich von den großen Schmertzen dieſes Bienen ſtichs moͤch- te erlediget werden/ wenn den ihr/ vieltugend ſa- me und Edle Belliflora/ alleine die jenige ſeyd/ wel- che dieſen unertraͤglichen Schmertzen mir kan hei- len/ ob ihr euch gleich hisbevor gegen meine We- nigkeit etwas frembd und unfreundlich erzeiget/ ſo bittet doch eurer hochadelichen Tugenden jederzeit in

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/372>, abgerufen am 25.11.2024.