Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Der Lieb-erfreute ben soll? Jhr mein getreuer Filamon/ wie hertz-lich habt ihr mich bißhero doch geliebet! O wie oft habt ihr doch wol euer hochempfindliches Lei- den/ so ihr allein meiner Wenigkeit halber gesam- let/ dem schnell-rauschenden Bächlein dieser grü- nen Aue/ worauf eure Schäfflein itzt gleichsam ohne Hürten weiden/ und das von euren Liebes- thränen nas befeuchtete Graß mit ihren schnee- weissen Zehnlein abetzen/ schmertzlich beklaget! Aber du mehr als steinerne Belliflora/ wo ist dei- ne gegen-Liebe gewesen? wie hat dir doch das müßgünstige Glukke so ein wiedriges Ding von deinem Filamon jederzeit eingebildet! Sollet ihr Edler Filamon aus Liebe vor mich sterben? und du Belliflora soltest leben? Sollet ihr Edler Filamon des Iphis und Piramus Liebe bey euch hegen und ihnen nachfolgen/ und du Belliflora soltest nicht auch der Thisbin nachrennen? Ach nein! hinfuhro verhoffentlich nimmermehr. Mu- ste ich nicht Edeler Filamon/ wen dieses gesche- be/ jederzeit befurchten/ daß mich die rachgieri- gen Götter mit der hartnäkkichten Anaxareten in einen Stein oder Felsen/ wie ich auch würdig were/ verwandelten/ und also vnserer Edelen Schäferey ein unaußleschliches Flekken vnd Schandmal meine Unbesonnenheit/ sonder al- len zweiffel anhenkete? Ja freylich! Jhr mein hertzliebster Filamon/ Edeler Schäffer ja trawn trawn würde solches keines weges außbleiben/ sondern wieder unser beyderseits verhoffen/ durch das spitzsinnige Poeten Volk der lieben Ewigkeit einverleibet werden. Aber was sol ich denn nun endlich anfangen? den
Der Lieb-erfreute ben ſoll? Jhr mein getreuer Filamon/ wie hertz-lich habt ihr mich bißhero doch geliebet! O wie oft habt ihr doch wol euer hochempfindliches Lei- den/ ſo ihr allein meiner Wenigkeit halber geſam- let/ dem ſchnell-rauſchenden Baͤchlein dieſer gruͤ- nen Aue/ worauf eure Schaͤfflein itzt gleichſam ohne Huͤrten weiden/ und das von euren Liebes- thraͤnen nas befeuchtete Graß mit ihren ſchnee- weiſſen Zehnlein abetzen/ ſchmertzlich beklaget! Aber du mehr als ſteinerne Belliflora/ wo iſt dei- ne gegen-Liebe geweſen? wie hat dir doch das muͤßguͤnſtige Glůkke ſo ein wiedriges Ding von deinem Filamon jederzeit eingebildet! Sollet ihr Edler Filamon aus Liebe vor mich ſterben? und du Belliflora ſolteſt leben? Sollet ihr Edler Filamon des Iphis und Piramus Liebe bey euch hegen und ihnen nachfolgen/ und du Belliflora ſolteſt nicht auch der Thisbin nachrennen? Ach nein! hinfuhro verhoffentlich nimmermehr. Mu- ſte ich nicht Edeler Filamon/ wen dieſes geſche- be/ jederzeit befurchten/ daß mich die rachgieri- gen Goͤtter mit der hartnaͤkkichten Anaxareten in einen Stein oder Felſen/ wie ich auch wuͤrdig were/ verwandelten/ und alſo vnſerer Edelen Schaͤferey ein unaußleſchliches Flekken vnd Schandmal meine Unbeſonnenheit/ ſonder al- len zweiffel anhenkete? Ja freylich! Jhr mein hertzliebſter Filamon/ Edeler Schaͤffer ja trawn trawn wuͤrde ſolches keines weges außbleiben/ ſondern wieder unſer beyderſeits verhoffen/ durch das ſpitzſinnige Poeten Volk der lieben Ewigkeit einverleibet werden. Aber was ſol ich denn nun endlich anfangen? den
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Der Lieb-erfreute
ben ſoll? Jhr mein getreuer Filamon/ wie hertz-
lich habt ihr mich bißhero doch geliebet! O wie
oft habt ihr doch wol euer hochempfindliches Lei-
den/ ſo ihr allein meiner Wenigkeit halber geſam-
let/ dem ſchnell-rauſchenden Baͤchlein dieſer gruͤ-
nen Aue/ worauf eure Schaͤfflein itzt gleichſam
ohne Huͤrten weiden/ und das von euren Liebes-
thraͤnen nas befeuchtete Graß mit ihren ſchnee-
weiſſen Zehnlein abetzen/ ſchmertzlich beklaget!
Aber du mehr als ſteinerne Belliflora/ wo iſt dei-
ne gegen-Liebe geweſen? wie hat dir doch das
muͤßguͤnſtige Glůkke ſo ein wiedriges Ding von
deinem Filamon jederzeit eingebildet! Sollet
ihr Edler Filamon aus Liebe vor mich ſterben?
und du Belliflora ſolteſt leben? Sollet ihr Edler
Filamon des Iphis und Piramus Liebe bey euch
hegen und ihnen nachfolgen/ und du Belliflora
ſolteſt nicht auch der Thisbin nachrennen? Ach
nein! hinfuhro verhoffentlich nimmermehr. Mu-
ſte ich nicht Edeler Filamon/ wen dieſes geſche-
be/ jederzeit befurchten/ daß mich die rachgieri-
gen Goͤtter mit der hartnaͤkkichten Anaxareten
in einen Stein oder Felſen/ wie ich auch wuͤrdig
were/ verwandelten/ und alſo vnſerer Edelen
Schaͤferey ein unaußleſchliches Flekken vnd
Schandmal meine Unbeſonnenheit/ ſonder al-
len zweiffel anhenkete? Ja freylich! Jhr mein
hertzliebſter Filamon/ Edeler Schaͤffer ja trawn
trawn wuͤrde ſolches keines weges außbleiben/
ſondern wieder unſer beyderſeits verhoffen/ durch
das ſpitzſinnige Poeten Volk der lieben Ewigkeit
einverleibet werden.
Aber was ſol ich denn nun endlich anfangen?
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