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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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die Kleopatra.
5. Dellius. Jst einer von den vornehmsten Obersten des
Antoniens gewesen/ zwar ein gelehrter und sehr geschikter
Mann/ (wie er denn etliche Historien sol geschrieben haben.)
Aber auch dabey ein flüchtiger Mensch/ angemerket er/ als Do-
labella/ unter dem er dienete/ überwunden/ zum Kassius ge-
lauffen/ von diesem/ als er sahe daß der Sieg sich auf Antoniens
Seite neigete/ zum Antonius getreten/ und sich endlich/ als
dieser auch verspielete/ zum Cesar geschlagen.
6. Alexandria ist eine treflich-berühmte Handelstadt in
Aegypten am Nilhaafen gelegen. Jst angelegt und gebauet/
von dem grossen Alexander dem Macedonier/ im dreyhunder-
ten und zwantzigsten Jahre vor Christi Gebuhrt/ dessen künst-
licher und sehr sinnreicher Baumeister Dinokrates gewesen.
Hält in ihrem ümzirk fünfzehen tausend Feldmesser Schritte/
sind ungefehr fünfzehn kleine Meilen.
7.

Der doch des Keysers Blut/
Aus neidvergiftem Sinn' und mörderischem
Muht' unlängst vergossen hat.
Hie redet Dellius dem
Brutus ein wenig zu viel nach. Denn Brutus ist jederzeit des
Cesars lieber Freund gewesen/ und hat niemals einen Neid ge-
gen ihn gehabt. Daß er ihn aber hat helffen hinrichten/ ist ge-
schehen äuf starkes überreden des Kassius/ üm bloß die Römi-
sche Freyheit/ die dazumal sehr zu sinken begunte/ zu schützen/
da er das Allgemeine-Beste der Stadt viel höher/ als einen
Privat Nutzen/ und sein Leben selbst/ gehalten. Jst ihm dero-
wegen kein mörderisches noch neidgiftiges Gemühte beyzu-
messen. Dellius redet/ was ihm Antonius als ein Feind des
Brutus/ mitgegeben hat.
8. Tarsus ist des Apostel Paulus Vatterland/ und die
Hauptstadt in Cilicien/ an dem Fluß Cydnus gelegen. Etliche
meinen/ daß sie von dem Perseus Danaes/ andere wieder/ von
dem letzten Assyrischen Monarchen/ dem wollüstigen Sarda-
napalus/ erbauet sey.
9. Kleopatra: Jst des Ptolomeus Auletes Königs
in Aegypten einige Tochter gewesen/ ein überaus schönes/
listiges/ und auch leichtfertiges Weibesbild. Diese hat sich
alsobald als sie kaum das vierzehende Jahr erreicht/ in aller-
ley üppigkeit geübet/ und den geilen Fleischeslüsten ergeben/ und
sich erstlich mit dem Pompejus/ hernach mit dem Julius Cesar/
die Kleopatra.
5. Dellius. Jſt einer von den vornehmſten Oberſten des
Antoniens geweſen/ zwar ein gelehrter und ſehr geſchikter
Mann/ (wie er denn etliche Hiſtorien ſol geſchrieben haben.)
Aber auch dabey ein fluͤchtiger Menſch/ angemerket er/ als Do-
labella/ unter dem er dienete/ uͤberwunden/ zum Kaſſius ge-
lauffen/ von dieſem/ als er ſahe daß der Sieg ſich auf Antoniens
Seite neigete/ zum Antonius getreten/ und ſich endlich/ als
dieſer auch verſpielete/ zum Ceſar geſchlagen.
6. Alexandria iſt eine treflich-beruͤhmte Handelſtadt in
Aegypten am Nilhaafen gelegen. Jſt angelegt und gebauet/
von dem groſſen Alexander dem Macedonier/ im dreyhunder-
ten und zwantzigſten Jahre vor Chriſti Gebuhrt/ deſſen kuͤnſt-
licher und ſehr ſinnreicher Baumeiſter Dinokrates geweſen.
Haͤlt in ihrem uͤmzirk fuͤnfzehen tauſend Feldmeſſer Schritte/
ſind ungefehr fuͤnfzehn kleine Meilen.
7.

Der doch des Keyſers Blut/
Aus neidvergiftem Sinn’ und moͤrderiſchem
Muht’ unlaͤngſt vergoſſen hat.
Hie redet Dellius dem
Brutus ein wenig zu viel nach. Denn Brutus iſt jederzeit des
Ceſars lieber Freund geweſen/ und hat niemals einen Neid ge-
gen ihn gehabt. Daß er ihn aber hat helffen hinrichten/ iſt ge-
ſchehen aͤuf ſtarkes uͤberreden des Kaſſius/ uͤm bloß die Roͤmi-
ſche Freyheit/ die dazumal ſehr zu ſinken begunte/ zu ſchuͤtzen/
da er das Allgemeine-Beſte der Stadt viel hoͤher/ als einen
Privat Nutzen/ und ſein Leben ſelbſt/ gehalten. Jſt ihm dero-
wegen kein moͤrderiſches noch neidgiftiges Gemuͤhte beyzu-
meſſen. Dellius redet/ was ihm Antonius als ein Feind des
Brutus/ mitgegeben hat.
8. Tarſus iſt des Apoſtel Paulus Vatterland/ und die
Hauptſtadt in Cilicien/ an dem Fluß Cydnus gelegen. Etliche
meinen/ daß ſie von dem Perſeus Danaes/ andere wieder/ von
dem letzten Aſſyriſchen Monarchen/ dem wolluͤſtigen Sarda-
napalus/ erbauet ſey.
9. Kleopatra: Jſt des Ptolomeus Auletes Koͤnigs
in Aegypten einige Tochter geweſen/ ein uͤberaus ſchoͤnes/
liſtiges/ und auch leichtfertiges Weibesbild. Dieſe hat ſich
alſobald als ſie kaum das vierzehende Jahr erreicht/ in aller-
ley uͤppigkeit geuͤbet/ uñ den geilen Fleiſchesluͤſten ergeben/ und
ſich erſtlich mit dem Pompejus/ hernach mit dem Julius Ceſar/
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[235/0307] die Kleopatra. ⁵. Dellius. Jſt einer von den vornehmſten Oberſten des Antoniens geweſen/ zwar ein gelehrter und ſehr geſchikter Mann/ (wie er denn etliche Hiſtorien ſol geſchrieben haben.) Aber auch dabey ein fluͤchtiger Menſch/ angemerket er/ als Do- labella/ unter dem er dienete/ uͤberwunden/ zum Kaſſius ge- lauffen/ von dieſem/ als er ſahe daß der Sieg ſich auf Antoniens Seite neigete/ zum Antonius getreten/ und ſich endlich/ als dieſer auch verſpielete/ zum Ceſar geſchlagen. ⁶. Alexandria iſt eine treflich-beruͤhmte Handelſtadt in Aegypten am Nilhaafen gelegen. Jſt angelegt und gebauet/ von dem groſſen Alexander dem Macedonier/ im dreyhunder- ten und zwantzigſten Jahre vor Chriſti Gebuhrt/ deſſen kuͤnſt- licher und ſehr ſinnreicher Baumeiſter Dinokrates geweſen. Haͤlt in ihrem uͤmzirk fuͤnfzehen tauſend Feldmeſſer Schritte/ ſind ungefehr fuͤnfzehn kleine Meilen. ⁷. Der doch des Keyſers Blut/ Aus neidvergiftem Sinn’ und moͤrderiſchem Muht’ unlaͤngſt vergoſſen hat. Hie redet Dellius dem Brutus ein wenig zu viel nach. Denn Brutus iſt jederzeit des Ceſars lieber Freund geweſen/ und hat niemals einen Neid ge- gen ihn gehabt. Daß er ihn aber hat helffen hinrichten/ iſt ge- ſchehen aͤuf ſtarkes uͤberreden des Kaſſius/ uͤm bloß die Roͤmi- ſche Freyheit/ die dazumal ſehr zu ſinken begunte/ zu ſchuͤtzen/ da er das Allgemeine-Beſte der Stadt viel hoͤher/ als einen Privat Nutzen/ und ſein Leben ſelbſt/ gehalten. Jſt ihm dero- wegen kein moͤrderiſches noch neidgiftiges Gemuͤhte beyzu- meſſen. Dellius redet/ was ihm Antonius als ein Feind des Brutus/ mitgegeben hat. ⁸. Tarſus iſt des Apoſtel Paulus Vatterland/ und die Hauptſtadt in Cilicien/ an dem Fluß Cydnus gelegen. Etliche meinen/ daß ſie von dem Perſeus Danaes/ andere wieder/ von dem letzten Aſſyriſchen Monarchen/ dem wolluͤſtigen Sarda- napalus/ erbauet ſey. ⁹. Kleopatra: Jſt des Ptolomeus Auletes Koͤnigs in Aegypten einige Tochter geweſen/ ein uͤberaus ſchoͤnes/ liſtiges/ und auch leichtfertiges Weibesbild. Dieſe hat ſich alſobald als ſie kaum das vierzehende Jahr erreicht/ in aller- ley uͤppigkeit geuͤbet/ uñ den geilen Fleiſchesluͤſten ergeben/ und ſich erſtlich mit dem Pompejus/ hernach mit dem Julius Ceſar/ mit

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/307>, abgerufen am 23.11.2024.