Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Kleopatra. Hab' ich von stunden an nicht länger wollen le-ben/ Jch habe diesen Leib gern in den Tod gegeben/ Es war mir lauter Wust/ den Himmel anzu- sehn/ Es war üm meine Freud' und Fröligkeit ge- schehn Weil Jhr mein' einge Lust/ Jch stieß mit diesen Händen/ Ein Schwert in meinen Leib/ mein Leiden nur zu enden/ Wie ihr dann selber seht/ daß schon mein Leben weicht/ Und mir der kalte Tod in alle Glieder schleicht. Doch acht' ich dieses nicht/ ich sterbe wie in Freu- den/ Weil ich in eurem Schoß' aus dieser Welt mag scheiden; Weil meine matte Seel' und abgeschwächter Geist/ Bey Euch/ mein trautstes Kind/ aus diesem Körper reist. Weil ich den letzten Schnukk von diesem müden Leben/ Und dieß mein warmes Blut nur Euch mag übergeben/ So frag' ich nichts darnach. Gebt mir noch einen Kuß/ Es ist das letzte mal weil ich nun scheiden muß. Habt Tausend gute Nacht. Jn dem Sie sich wil legen/ Auf seinen blasseu Mund kömmt ihr die Seel ent- gegen/ Aus
Kleopatra. Hab’ ich von ſtunden an nicht laͤnger wollen le-ben/ Jch habe dieſen Leib gern in den Tod gegeben/ Es war mir lauter Wuſt/ den Himmel anzu- ſehn/ Es war uͤm meine Freud’ und Froͤligkeit ge- ſchehn Weil Jhr mein’ einge Luſt/ Jch ſtieß mit dieſen Haͤnden/ Ein Schwert in meinen Leib/ mein Leiden nur zu enden/ Wie ihr dann ſelber ſeht/ daß ſchon mein Leben weicht/ Und mir der kalte Tod in alle Glieder ſchleicht. Doch acht’ ich dieſes nicht/ ich ſterbe wie in Freu- den/ Weil ich in eurem Schoß’ aus dieſer Welt mag ſcheiden; Weil meine matte Seel’ und abgeſchwaͤchter Geiſt/ Bey Euch/ mein trautſtes Kind/ aus dieſem Koͤrper reiſt. Weil ich den letzten Schnukk von dieſem muͤden Leben/ Und dieß mein warmes Blut nur Euch mag uͤbergeben/ So frag’ ich nichts darnach. Gebt mir noch einen Kuß/ Es iſt das letzte mal weil ich nun ſcheiden muß. Habt Tauſend gute Nacht. Jn dem Sie ſich wil legen/ Auf ſeinen blaſſeu Mund koͤm̃t ihr die Seel ent- gegen/ Aus
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0281" n="211"/> <fw place="top" type="header">Kleopatra.</fw><lb/> <l>Hab’ ich von ſtunden an nicht laͤnger wollen le-<lb/><hi rendition="#et">ben/</hi></l><lb/> <l>Jch habe dieſen Leib gern in den Tod gegeben/</l><lb/> <l>Es war mir lauter Wuſt/ den Himmel anzu-<lb/><hi rendition="#et">ſehn/</hi></l><lb/> <l>Es war uͤm meine Freud’ und Froͤligkeit ge-<lb/><hi rendition="#et">ſchehn</hi></l><lb/> <l>Weil Jhr mein’ einge Luſt/ Jch ſtieß mit dieſen<lb/><hi rendition="#et">Haͤnden/</hi></l><lb/> <l>Ein Schwert in meinen Leib/ mein Leiden nur zu<lb/><hi rendition="#et">enden/</hi></l><lb/> <l>Wie ihr dann ſelber ſeht/ daß ſchon mein Leben<lb/><hi rendition="#et">weicht/</hi></l><lb/> <l>Und mir der kalte Tod in alle Glieder ſchleicht.</l><lb/> <l>Doch acht’ ich dieſes nicht/ ich ſterbe wie in Freu-<lb/><hi rendition="#et">den/</hi></l><lb/> <l>Weil ich in eurem Schoß’ aus dieſer Welt mag<lb/><hi rendition="#et">ſcheiden;</hi></l><lb/> <l>Weil meine matte Seel’ und abgeſchwaͤchter<lb/><hi rendition="#et">Geiſt/</hi></l><lb/> <l>Bey Euch/ mein trautſtes Kind/ aus dieſem<lb/><hi rendition="#et">Koͤrper reiſt.</hi></l><lb/> <l>Weil ich den letzten Schnukk von dieſem muͤden<lb/><hi rendition="#et">Leben/</hi></l><lb/> <l>Und dieß mein warmes Blut nur Euch mag<lb/><hi rendition="#et">uͤbergeben/</hi></l><lb/> <l>So frag’ ich nichts darnach. Gebt mir noch<lb/><hi rendition="#et">einen Kuß/</hi></l><lb/> <l>Es iſt das letzte mal weil ich nun ſcheiden<lb/><hi rendition="#et">muß.</hi></l><lb/> <l>Habt Tauſend gute Nacht. Jn dem Sie ſich wil<lb/><hi rendition="#et">legen/</hi></l><lb/> <l>Auf ſeinen blaſſeu Mund koͤm̃t ihr die Seel ent-<lb/><hi rendition="#et">gegen/</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Aus</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0281]
Kleopatra.
Hab’ ich von ſtunden an nicht laͤnger wollen le-
ben/
Jch habe dieſen Leib gern in den Tod gegeben/
Es war mir lauter Wuſt/ den Himmel anzu-
ſehn/
Es war uͤm meine Freud’ und Froͤligkeit ge-
ſchehn
Weil Jhr mein’ einge Luſt/ Jch ſtieß mit dieſen
Haͤnden/
Ein Schwert in meinen Leib/ mein Leiden nur zu
enden/
Wie ihr dann ſelber ſeht/ daß ſchon mein Leben
weicht/
Und mir der kalte Tod in alle Glieder ſchleicht.
Doch acht’ ich dieſes nicht/ ich ſterbe wie in Freu-
den/
Weil ich in eurem Schoß’ aus dieſer Welt mag
ſcheiden;
Weil meine matte Seel’ und abgeſchwaͤchter
Geiſt/
Bey Euch/ mein trautſtes Kind/ aus dieſem
Koͤrper reiſt.
Weil ich den letzten Schnukk von dieſem muͤden
Leben/
Und dieß mein warmes Blut nur Euch mag
uͤbergeben/
So frag’ ich nichts darnach. Gebt mir noch
einen Kuß/
Es iſt das letzte mal weil ich nun ſcheiden
muß.
Habt Tauſend gute Nacht. Jn dem Sie ſich wil
legen/
Auf ſeinen blaſſeu Mund koͤm̃t ihr die Seel ent-
gegen/
Aus
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |