Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Fryne-Bozene.
Da oft die Falschheit/ Trug und List
Verzukkert und vergöldet ist.

3.
Ein tugendliebendes Gemühte/
Sucht ihm ein Seelchen das ihm gleicht/
Das nicht aus seinen Schranken weicht/
Ob schon es nicht aus dem Geblüte/
Welchs mit scheinädlen Titteln prangt/
Und großes Ansehn hat erlangt.
4.
Ein hoher Sinn ist wol vergnüget/
Jmfall ihm so lch ein liebes Kind/
Da Schönheit sich bey Tugend findt/
Wird von dem Himmel beygefüget/
Erlanget diß ein ädler Muht/
So sieht er nicht nach Geld und Gut.
5.
Er siehet nicht nach großem Stande/
Wie ungemenschte Menschen nun
Bey diesen blinden Zeiten thun/
Er achtet es vor keine Schande
Wenn er ein schlechtes Mädchen liebt/
Die ihm ihr keusches Hertze giebt.
6.
Jst er nur sonst von gutem Adel/
(Jch meine nicht den Stamm allein/
Die Sinnen müssen ädel sein
Und das Gemühte ohne Tadel)
Es bleibt sein Adel unbeflekkt/
Und durch die Lieb' unangestekkt.
7.
Darüm hinweg ihr junge Frauen/
Mit eurer ausgeputzten Ziehr/
Und ihr geschminkte Jungfern ihr/
Hin-

Fryne-Bozene.
Da oft die Falſchheit/ Trug und Liſt
Verzukkert und vergoͤldet iſt.

3.
Ein tugendliebendes Gemuͤhte/
Sucht ihm ein Seelchen das ihm gleicht/
Das nicht aus ſeinen Schranken weicht/
Ob ſchon es nicht aus dem Gebluͤte/
Welchs mit ſcheinaͤdlen Titteln prangt/
Und großes Anſehn hat erlangt.
4.
Ein hoher Sinn iſt wol vergnuͤget/
Jmfall ihm ſo lch ein liebes Kind/
Da Schoͤnheit ſich bey Tugend findt/
Wird von dem Himmel beygefuͤget/
Erlanget diß ein aͤdler Muht/
So ſieht er nicht nach Geld und Gut.
5.
Er ſiehet nicht nach großem Stande/
Wie ungemenſchte Menſchen nun
Bey dieſen blinden Zeiten thun/
Er achtet es vor keine Schande
Wenn er ein ſchlechtes Maͤdchen liebt/
Die ihm ihr keuſches Hertze giebt.
6.
Jſt er nur ſonſt von gutem Adel/
(Jch meine nicht den Stamm allein/
Die Sinnen muͤſſen aͤdel ſein
Und das Gemuͤhte ohne Tadel)
Es bleibt ſein Adel unbeflekkt/
Und durch die Lieb’ unangeſtekkt.
7.
Daruͤm hinweg ihr junge Frauen/
Mit eurer auſgeputzten Ziehr/
Und ihr geſchminkte Jungfern ihr/
Hin-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="2">
              <pb facs="#f0175" n="115"/>
              <fw place="top" type="header">Fryne-Bozene.</fw><lb/>
              <l>Da oft die Fal&#x017F;chheit/ Trug und Li&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Verzukkert und vergo&#x0364;ldet i&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l> <hi rendition="#c">3.</hi> </l><lb/>
              <l>Ein tugendliebendes Gemu&#x0364;hte/</l><lb/>
              <l>Sucht ihm ein Seelchen das ihm gleicht/</l><lb/>
              <l>Das nicht aus &#x017F;einen Schranken weicht/</l><lb/>
              <l>Ob &#x017F;chon es nicht aus dem Geblu&#x0364;te/</l><lb/>
              <l>Welchs mit &#x017F;cheina&#x0364;dlen Titteln prangt/</l><lb/>
              <l>Und großes An&#x017F;ehn hat erlangt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l> <hi rendition="#c">4.</hi> </l><lb/>
              <l>Ein hoher Sinn i&#x017F;t wol vergnu&#x0364;get/</l><lb/>
              <l>Jmfall ihm &#x017F;o lch ein liebes Kind/</l><lb/>
              <l>Da Scho&#x0364;nheit &#x017F;ich bey Tugend findt/</l><lb/>
              <l>Wird von dem Himmel beygefu&#x0364;get/</l><lb/>
              <l>Erlanget diß ein a&#x0364;dler Muht/</l><lb/>
              <l>So &#x017F;ieht er nicht nach Geld und Gut.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l> <hi rendition="#c">5.</hi> </l><lb/>
              <l>Er &#x017F;iehet nicht nach großem Stande/</l><lb/>
              <l>Wie ungemen&#x017F;chte Men&#x017F;chen nun</l><lb/>
              <l>Bey die&#x017F;en blinden Zeiten thun/</l><lb/>
              <l>Er achtet es vor keine Schande</l><lb/>
              <l>Wenn er ein &#x017F;chlechtes Ma&#x0364;dchen liebt/</l><lb/>
              <l>Die ihm ihr keu&#x017F;ches Hertze giebt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l> <hi rendition="#c">6.</hi> </l><lb/>
              <l>J&#x017F;t er nur &#x017F;on&#x017F;t von gutem Adel/</l><lb/>
              <l>(Jch meine nicht den Stamm allein/</l><lb/>
              <l>Die Sinnen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en a&#x0364;del &#x017F;ein</l><lb/>
              <l>Und das Gemu&#x0364;hte ohne Tadel)</l><lb/>
              <l>Es bleibt &#x017F;ein Adel unbeflekkt/</l><lb/>
              <l>Und durch die Lieb&#x2019; unange&#x017F;tekkt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l> <hi rendition="#c">7.</hi> </l><lb/>
              <l>Daru&#x0364;m hinweg ihr junge Frauen/</l><lb/>
              <l>Mit eurer au&#x017F;geputzten Ziehr/</l><lb/>
              <l>Und ihr ge&#x017F;chminkte Jungfern ihr/</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Hin-</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0175] Fryne-Bozene. Da oft die Falſchheit/ Trug und Liſt Verzukkert und vergoͤldet iſt. 3. Ein tugendliebendes Gemuͤhte/ Sucht ihm ein Seelchen das ihm gleicht/ Das nicht aus ſeinen Schranken weicht/ Ob ſchon es nicht aus dem Gebluͤte/ Welchs mit ſcheinaͤdlen Titteln prangt/ Und großes Anſehn hat erlangt. 4. Ein hoher Sinn iſt wol vergnuͤget/ Jmfall ihm ſo lch ein liebes Kind/ Da Schoͤnheit ſich bey Tugend findt/ Wird von dem Himmel beygefuͤget/ Erlanget diß ein aͤdler Muht/ So ſieht er nicht nach Geld und Gut. 5. Er ſiehet nicht nach großem Stande/ Wie ungemenſchte Menſchen nun Bey dieſen blinden Zeiten thun/ Er achtet es vor keine Schande Wenn er ein ſchlechtes Maͤdchen liebt/ Die ihm ihr keuſches Hertze giebt. 6. Jſt er nur ſonſt von gutem Adel/ (Jch meine nicht den Stamm allein/ Die Sinnen muͤſſen aͤdel ſein Und das Gemuͤhte ohne Tadel) Es bleibt ſein Adel unbeflekkt/ Und durch die Lieb’ unangeſtekkt. 7. Daruͤm hinweg ihr junge Frauen/ Mit eurer auſgeputzten Ziehr/ Und ihr geſchminkte Jungfern ihr/ Hin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/175
Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/175>, abgerufen am 30.12.2024.