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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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Fryne-Bozene.
Von diesem Klippen schoß ein Wasser wiel Kri-
stallen/

Welchs ein Geräusche gab in seinem steilen fallen/
Es war sehr klar und hell/ erquikkend/ süß und
frifch/

Und rieselte mit Lust durch seine Myrtenpüsch'/
Es samlete sich da bald in ein Thal zusammen/
Jn dem der matte Mensch/ wenn er durch heisse
Flammen

Der Sonnen abgeschwächt/ sich wieder kühlen
kunt'

Jn dem manch Schäferknecht sich Sommers-
zeiten fundt'.

Hier eben dieses Ohrts saß eine Schäferinne
Zwar armer Leute Kind/ doch gleichwol keuscher
Sinne/

Und treflicher Gestalt; Sie hatte sich bekräntzt
Mit einem Rosenkrantz'/ ihr schönes Haarchen
gläntzt'

Als wer' es lauter Gold/ es wurde durchgetrieben/
Vom sanftem Zefyrus als wenn er selbst Belieben/
Zu dieser Nymfen trüg'; aus ihrem Angesicht'
Erhellete mit Lust das rechte Tugendlicht/
Der Spiegel aller Zucht; es scheinen ire Wangen
Mit Milch und Blut vermischt/ der Lippen schö-
nes Prangen

War hohem Purpur gleich/ der Hals wie El-
fenbein/

Der Schnee vermochte kaum den Brüsten
gleich zu sein/

Was weisse Haut belangt/ in summa alles Wesen
Der jungen Schäferinn war schön und auserle-
sen

Es schien' ob die Natur jr bestes Meisterstükk
An
Fryne-Bozene.
Von dieſem Klippen ſchoß ein Waſſer wiel Kri-
ſtallen/

Welchs ein Geraͤuſche gab in ſeinem ſteilen fallen/
Es war ſehr klar und hell/ erquikkend/ ſuͤß und
frifch/

Und rieſelte mit Luſt durch ſeine Myrtenpuͤſch’/
Es ſamlete ſich da bald in ein Thal zuſammen/
Jn dem der matte Menſch/ wenn er durch heiſſe
Flammen

Der Sonnen abgeſchwaͤcht/ ſich wieder kuͤhlen
kunt’

Jn dem manch Schaͤferknecht ſich Sommers-
zeiten fundt’.

Hier eben dieſes Ohrts ſaß eine Schaͤferinne
Zwar armer Leute Kind/ doch gleichwol keuſcher
Sinne/

Und treflicher Geſtalt; Sie hatte ſich bekraͤntzt
Mit einem Roſenkrantz’/ ihr ſchoͤnes Haarchen
glaͤntzt’

Als wer’ es lauter Gold/ es wurde durchgetrieben/
Vom ſanftem Zefyrus als wenn er ſelbſt Belieben/
Zu dieſer Nymfen truͤg’; aus ihrem Angeſicht’
Erhellete mit Luſt das rechte Tugendlicht/
Der Spiegel aller Zucht; es ſcheinen ire Wangen
Mit Milch und Blut vermiſcht/ der Lippen ſchoͤ-
nes Prangen

War hohem Purpur gleich/ der Hals wie El-
fenbein/

Der Schnee vermochte kaum den Bruͤſten
gleich zu ſein/

Was weiſſe Haut belangt/ in ſumma alles Weſen
Der jungen Schaͤferinn war ſchoͤn und auſerle-
ſen

Es ſchien’ ob die Natur jr beſtes Meiſterſtuͤkk
An
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[91/0149] Fryne-Bozene. Von dieſem Klippen ſchoß ein Waſſer wiel Kri- ſtallen/ Welchs ein Geraͤuſche gab in ſeinem ſteilen fallen/ Es war ſehr klar und hell/ erquikkend/ ſuͤß und frifch/ Und rieſelte mit Luſt durch ſeine Myrtenpuͤſch’/ Es ſamlete ſich da bald in ein Thal zuſammen/ Jn dem der matte Menſch/ wenn er durch heiſſe Flammen Der Sonnen abgeſchwaͤcht/ ſich wieder kuͤhlen kunt’ Jn dem manch Schaͤferknecht ſich Sommers- zeiten fundt’. Hier eben dieſes Ohrts ſaß eine Schaͤferinne Zwar armer Leute Kind/ doch gleichwol keuſcher Sinne/ Und treflicher Geſtalt; Sie hatte ſich bekraͤntzt Mit einem Roſenkrantz’/ ihr ſchoͤnes Haarchen glaͤntzt’ Als wer’ es lauter Gold/ es wurde durchgetrieben/ Vom ſanftem Zefyrus als wenn er ſelbſt Belieben/ Zu dieſer Nymfen truͤg’; aus ihrem Angeſicht’ Erhellete mit Luſt das rechte Tugendlicht/ Der Spiegel aller Zucht; es ſcheinen ire Wangen Mit Milch und Blut vermiſcht/ der Lippen ſchoͤ- nes Prangen War hohem Purpur gleich/ der Hals wie El- fenbein/ Der Schnee vermochte kaum den Bruͤſten gleich zu ſein/ Was weiſſe Haut belangt/ in ſumma alles Weſen Der jungen Schaͤferinn war ſchoͤn und auſerle- ſen Es ſchien’ ob die Natur jr beſtes Meiſterſtuͤkk An

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/149>, abgerufen am 23.11.2024.