ben dürfen. Niemand von den zahlreichen Be- wohnern hatte sich einer solchen gewaltsamen Maaßregel versehen; Niemand war in diesem Au- genblick darauf vorbereitet; -- am wenigsten, daß dem dazu ertheilten Befehl die Ausführung so unmittelbar auf dem Fuße folgen werde. Kei- ne halbe Stunde Zeit ward den Unglücklichen zur Rettung ihrer Haabe gestattet; Viele mußten, wie sie giengen und standen, ihr Eigenthum ver- lassen. Hundert Familien wurden in wenigen Minuten zu Bettlern, und suchten nun in der ohnehin ziemlich beengten Stadt ein kümmerli- ches Unterkommen.
Man fragte sich damals, (und zwar mit gu- tem Rechte) warum, wenn doch einmal gesengt und gebrannt seyn sollte, diese Maaßregel nicht schon früher die Altstadt getroffen habe, die im unmittelbaren Bereich des Feindes lag, der sich zwischen den Gebäuden derselben einnistete und uns durch seine, hinter denselben angelegte Wurf- Batterie in der Folge so nachtheilig wurde? Als der Fehler aber einmal begangen war, blieb je- der Versuch zur Abhülfe vergeblich. Selbst alle Mühe, die wir uns gaben, die Altstadt durch unser Geschütz zu demoliren oder in Brand zu stecken, leistete, die ganze Belagerung hindurch, nicht, was wir davon erwarteten. -- Was indeß hier versäumt war, suchte der Rittmeister v. Schill an seiner Seite in der Maikuhle nach Möglichkeit wieder gut zu machen, indem er sich
ben duͤrfen. Niemand von den zahlreichen Be- wohnern hatte ſich einer ſolchen gewaltſamen Maaßregel verſehen; Niemand war in dieſem Au- genblick darauf vorbereitet; — am wenigſten, daß dem dazu ertheilten Befehl die Ausfuͤhrung ſo unmittelbar auf dem Fuße folgen werde. Kei- ne halbe Stunde Zeit ward den Ungluͤcklichen zur Rettung ihrer Haabe geſtattet; Viele mußten, wie ſie giengen und ſtanden, ihr Eigenthum ver- laſſen. Hundert Familien wurden in wenigen Minuten zu Bettlern, und ſuchten nun in der ohnehin ziemlich beengten Stadt ein kuͤmmerli- ches Unterkommen.
Man fragte ſich damals, (und zwar mit gu- tem Rechte) warum, wenn doch einmal geſengt und gebrannt ſeyn ſollte, dieſe Maaßregel nicht ſchon fruͤher die Altſtadt getroffen habe, die im unmittelbaren Bereich des Feindes lag, der ſich zwiſchen den Gebaͤuden derſelben einniſtete und uns durch ſeine, hinter denſelben angelegte Wurf- Batterie in der Folge ſo nachtheilig wurde? Als der Fehler aber einmal begangen war, blieb je- der Verſuch zur Abhuͤlfe vergeblich. Selbſt alle Muͤhe, die wir uns gaben, die Altſtadt durch unſer Geſchuͤtz zu demoliren oder in Brand zu ſtecken, leiſtete, die ganze Belagerung hindurch, nicht, was wir davon erwarteten. — Was indeß hier verſaͤumt war, ſuchte der Rittmeiſter v. Schill an ſeiner Seite in der Maikuhle nach Moͤglichkeit wieder gut zu machen, indem er ſich
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ben duͤrfen. Niemand von den zahlreichen Be-
wohnern hatte ſich einer ſolchen gewaltſamen
Maaßregel verſehen; Niemand war in dieſem Au-
genblick darauf vorbereitet; — am wenigſten,
daß dem dazu ertheilten Befehl die Ausfuͤhrung
ſo unmittelbar auf dem Fuße folgen werde. Kei-
ne halbe Stunde Zeit ward den Ungluͤcklichen zur
Rettung ihrer Haabe geſtattet; Viele mußten,
wie ſie giengen und ſtanden, ihr Eigenthum ver-
laſſen. Hundert Familien wurden in wenigen
Minuten zu Bettlern, und ſuchten nun in der
ohnehin ziemlich beengten Stadt ein kuͤmmerli-
ches Unterkommen.
Man fragte ſich damals, (und zwar mit gu-
tem Rechte) warum, wenn doch einmal geſengt
und gebrannt ſeyn ſollte, dieſe Maaßregel nicht
ſchon fruͤher die Altſtadt getroffen habe, die im
unmittelbaren Bereich des Feindes lag, der ſich
zwiſchen den Gebaͤuden derſelben einniſtete und
uns durch ſeine, hinter denſelben angelegte Wurf-
Batterie in der Folge ſo nachtheilig wurde? Als
der Fehler aber einmal begangen war, blieb je-
der Verſuch zur Abhuͤlfe vergeblich. Selbſt alle
Muͤhe, die wir uns gaben, die Altſtadt durch
unſer Geſchuͤtz zu demoliren oder in Brand zu
ſtecken, leiſtete, die ganze Belagerung hindurch,
nicht, was wir davon erwarteten. — Was indeß
hier verſaͤumt war, ſuchte der Rittmeiſter v.
Schill an ſeiner Seite in der Maikuhle nach
Moͤglichkeit wieder gut zu machen, indem er ſich
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/85>, abgerufen am 17.07.2024.
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