her, wo ich neun Verwundete und fünf Todte auflas und mit mir führte. Die Letztern wurden sogleich auf dem nahen St. Georgen-Kirchhofe beerdigt, die Erstern aber in ein Lazareth abge- liefert. Von dem an machte ich mir's zu einem besondern und lieben Geschäft, unsern Verwun- deten auf diese Weise beizustehen, und habe oft selbst Wagenführer seyn müssen, wenn es in ein etwas lebhaftes Feuer hineingieng und die Knechte sich aus Angst verliefen.
Gleichzeitig mit der Schanze auf dem Ho- hen-Berge, hatten unsre Belagerer auch die An- höhen der Altstadt besetzt, ohne dort einigen Wi- derstand zu finden, und waren uns dadurch in eine bedenkliche Nähe gerückt. Beide Verluste machten es nun um so dringender, die Ueber- schwemmungen, so wie überall um die Festung her, so besonders nach diesen zunächst bedroheten Punkten hin, zu bewirken. Schon von Anfang an hatt' ich mir mit den Vor-Anstalten hiezu viele Mühe gegeben und theils auf eigene Kosten, theils durch Mitwirkung der Bürgerschaft, wirk- lich auch so viel geleistet, daß ich hoffen konnte, sobald es die Noth erforderte, eine weite Fläche umher dergestalt unter Wasser zu setzen, daß an kein Durchkommen zu denken wäre. Um einen haltbaren Damm zur Stauung aufzuführen, hatt' ich mehrere hundert leere Glaskisten, die ich in einem Magazine fand, mit Erde füllen und ne- ben und auf einander versenken lassen. Andre
her, wo ich neun Verwundete und fuͤnf Todte auflas und mit mir fuͤhrte. Die Letztern wurden ſogleich auf dem nahen St. Georgen-Kirchhofe beerdigt, die Erſtern aber in ein Lazareth abge- liefert. Von dem an machte ich mir’s zu einem beſondern und lieben Geſchaͤft, unſern Verwun- deten auf dieſe Weiſe beizuſtehen, und habe oft ſelbſt Wagenfuͤhrer ſeyn muͤſſen, wenn es in ein etwas lebhaftes Feuer hineingieng und die Knechte ſich aus Angſt verliefen.
Gleichzeitig mit der Schanze auf dem Ho- hen-Berge, hatten unſre Belagerer auch die An- hoͤhen der Altſtadt beſetzt, ohne dort einigen Wi- derſtand zu finden, und waren uns dadurch in eine bedenkliche Naͤhe geruͤckt. Beide Verluſte machten es nun um ſo dringender, die Ueber- ſchwemmungen, ſo wie uͤberall um die Feſtung her, ſo beſonders nach dieſen zunaͤchſt bedroheten Punkten hin, zu bewirken. Schon von Anfang an hatt’ ich mir mit den Vor-Anſtalten hiezu viele Muͤhe gegeben und theils auf eigene Koſten, theils durch Mitwirkung der Buͤrgerſchaft, wirk- lich auch ſo viel geleiſtet, daß ich hoffen konnte, ſobald es die Noth erforderte, eine weite Flaͤche umher dergeſtalt unter Waſſer zu ſetzen, daß an kein Durchkommen zu denken waͤre. Um einen haltbaren Damm zur Stauung aufzufuͤhren, hatt’ ich mehrere hundert leere Glaskiſten, die ich in einem Magazine fand, mit Erde fuͤllen und ne- ben und auf einander verſenken laſſen. Andre
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[66/0082]
her, wo ich neun Verwundete und fuͤnf Todte
auflas und mit mir fuͤhrte. Die Letztern wurden
ſogleich auf dem nahen St. Georgen-Kirchhofe
beerdigt, die Erſtern aber in ein Lazareth abge-
liefert. Von dem an machte ich mir’s zu einem
beſondern und lieben Geſchaͤft, unſern Verwun-
deten auf dieſe Weiſe beizuſtehen, und habe oft
ſelbſt Wagenfuͤhrer ſeyn muͤſſen, wenn es in ein
etwas lebhaftes Feuer hineingieng und die Knechte
ſich aus Angſt verliefen.
Gleichzeitig mit der Schanze auf dem Ho-
hen-Berge, hatten unſre Belagerer auch die An-
hoͤhen der Altſtadt beſetzt, ohne dort einigen Wi-
derſtand zu finden, und waren uns dadurch in
eine bedenkliche Naͤhe geruͤckt. Beide Verluſte
machten es nun um ſo dringender, die Ueber-
ſchwemmungen, ſo wie uͤberall um die Feſtung
her, ſo beſonders nach dieſen zunaͤchſt bedroheten
Punkten hin, zu bewirken. Schon von Anfang
an hatt’ ich mir mit den Vor-Anſtalten hiezu
viele Muͤhe gegeben und theils auf eigene Koſten,
theils durch Mitwirkung der Buͤrgerſchaft, wirk-
lich auch ſo viel geleiſtet, daß ich hoffen konnte,
ſobald es die Noth erforderte, eine weite Flaͤche
umher dergeſtalt unter Waſſer zu ſetzen, daß an
kein Durchkommen zu denken waͤre. Um einen
haltbaren Damm zur Stauung aufzufuͤhren, hatt’
ich mehrere hundert leere Glaskiſten, die ich in
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/82>, abgerufen am 16.02.2025.
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