Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

bei all seiner ihm natürlichen Bescheidenheit, nicht
so leicht unterjochen; und er fand auch noch im-
merdar Spielraum, wenn es ihm bei uns zu
warm und beklommen ward, sich ausserhalb der
Festung zu tummeln. Zudem stand sein Ruf nun
einmal fest; und selbst als sein Ueberfall gegen
Stargard (am 16. Febr.) ihm mißlang und er
bald darauf in Naugard einen empfindlichen Un-
fall erlitt, konnt' er sich mit unverletzter Ehre
näher gegen Colberg zurückziehen.

Seine Absicht bei jenem Zuge war gewesen,
das, vom Marschall Mortier aus Schwedisch-
Pommern entsandte Corps des Divisions-Gene-
rals Teullie, welches zur Berennung unsers Pla-
tzes bestimmt war, indem es sich noch zu orga-
nisiren suchte, auseinander zu sprengen und uns
noch einige Zeit länger Luft zu verschaffen. Da
der Streich nicht geglückt war, so drang nun
jener französische Heerhaufe ungesäumt nach, und
ward nur noch durch Schill's gut genommene
und kräftig behauptete Stellung bei Neubrück,
halben Weges zwischen Treptow und Colberg,
acht volle Tage aufgehalten. Jetzt war also das
lang erwartete Ungewitter im nahen Anzuge; und
da man endlich den Ernst spürte, besann man
sich auch, daß der Kauzenberg, dicht jenseits
Sellnow, ein gelegener Posten seyn würde, dem
Feinde das nähere Vordringen von dieser Seite
zu erschweren. Eiligst gieng man daran, die vor-
mals im siebenjährigen Kriege hier aufgeworfenen

bei all ſeiner ihm natuͤrlichen Beſcheidenheit, nicht
ſo leicht unterjochen; und er fand auch noch im-
merdar Spielraum, wenn es ihm bei uns zu
warm und beklommen ward, ſich auſſerhalb der
Feſtung zu tummeln. Zudem ſtand ſein Ruf nun
einmal feſt; und ſelbſt als ſein Ueberfall gegen
Stargard (am 16. Febr.) ihm mißlang und er
bald darauf in Naugard einen empfindlichen Un-
fall erlitt, konnt’ er ſich mit unverletzter Ehre
naͤher gegen Colberg zuruͤckziehen.

Seine Abſicht bei jenem Zuge war geweſen,
das, vom Marſchall Mortier aus Schwediſch-
Pommern entſandte Corps des Diviſions-Gene-
rals Teullié, welches zur Berennung unſers Pla-
tzes beſtimmt war, indem es ſich noch zu orga-
niſiren ſuchte, auseinander zu ſprengen und uns
noch einige Zeit laͤnger Luft zu verſchaffen. Da
der Streich nicht gegluͤckt war, ſo drang nun
jener franzoͤſiſche Heerhaufe ungeſaͤumt nach, und
ward nur noch durch Schill’s gut genommene
und kraͤftig behauptete Stellung bei Neubruͤck,
halben Weges zwiſchen Treptow und Colberg,
acht volle Tage aufgehalten. Jetzt war alſo das
lang erwartete Ungewitter im nahen Anzuge; und
da man endlich den Ernſt ſpuͤrte, beſann man
ſich auch, daß der Kauzenberg, dicht jenſeits
Sellnow, ein gelegener Poſten ſeyn wuͤrde, dem
Feinde das naͤhere Vordringen von dieſer Seite
zu erſchweren. Eiligſt gieng man daran, die vor-
mals im ſiebenjaͤhrigen Kriege hier aufgeworfenen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0076" n="60"/>
bei all &#x017F;einer ihm natu&#x0364;rlichen Be&#x017F;cheidenheit, nicht<lb/>
&#x017F;o leicht unterjochen; und er fand auch noch im-<lb/>
merdar Spielraum, wenn es ihm bei uns zu<lb/>
warm und beklommen ward, &#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;erhalb der<lb/>
Fe&#x017F;tung zu tummeln. Zudem &#x017F;tand &#x017F;ein Ruf nun<lb/>
einmal fe&#x017F;t; und &#x017F;elb&#x017F;t als &#x017F;ein Ueberfall gegen<lb/>
Stargard (am 16. Febr.) ihm mißlang und er<lb/>
bald darauf in Naugard einen empfindlichen Un-<lb/>
fall erlitt, konnt&#x2019; er &#x017F;ich mit unverletzter Ehre<lb/>
na&#x0364;her gegen Colberg zuru&#x0364;ckziehen.</p><lb/>
        <p>Seine Ab&#x017F;icht bei jenem Zuge war gewe&#x017F;en,<lb/>
das, vom Mar&#x017F;chall Mortier aus Schwedi&#x017F;ch-<lb/>
Pommern ent&#x017F;andte Corps des Divi&#x017F;ions-Gene-<lb/>
rals Teulli<hi rendition="#aq">é</hi>, welches zur Berennung un&#x017F;ers Pla-<lb/>
tzes be&#x017F;timmt war, indem es &#x017F;ich noch zu orga-<lb/>
ni&#x017F;iren &#x017F;uchte, auseinander zu &#x017F;prengen und uns<lb/>
noch einige Zeit la&#x0364;nger Luft zu ver&#x017F;chaffen. Da<lb/>
der Streich nicht geglu&#x0364;ckt war, &#x017F;o drang nun<lb/>
jener franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Heerhaufe unge&#x017F;a&#x0364;umt nach, und<lb/>
ward nur noch durch Schill&#x2019;s gut genommene<lb/>
und kra&#x0364;ftig behauptete Stellung bei Neubru&#x0364;ck,<lb/>
halben Weges zwi&#x017F;chen Treptow und Colberg,<lb/>
acht volle Tage aufgehalten. Jetzt war al&#x017F;o das<lb/>
lang erwartete Ungewitter im nahen Anzuge; und<lb/>
da man endlich den Ern&#x017F;t &#x017F;pu&#x0364;rte, be&#x017F;ann man<lb/>
&#x017F;ich auch, daß der Kauzenberg, dicht jen&#x017F;eits<lb/>
Sellnow, ein gelegener Po&#x017F;ten &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, dem<lb/>
Feinde das na&#x0364;here Vordringen von die&#x017F;er Seite<lb/>
zu er&#x017F;chweren. Eilig&#x017F;t gieng man daran, die vor-<lb/>
mals im &#x017F;iebenja&#x0364;hrigen Kriege hier aufgeworfenen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0076] bei all ſeiner ihm natuͤrlichen Beſcheidenheit, nicht ſo leicht unterjochen; und er fand auch noch im- merdar Spielraum, wenn es ihm bei uns zu warm und beklommen ward, ſich auſſerhalb der Feſtung zu tummeln. Zudem ſtand ſein Ruf nun einmal feſt; und ſelbſt als ſein Ueberfall gegen Stargard (am 16. Febr.) ihm mißlang und er bald darauf in Naugard einen empfindlichen Un- fall erlitt, konnt’ er ſich mit unverletzter Ehre naͤher gegen Colberg zuruͤckziehen. Seine Abſicht bei jenem Zuge war geweſen, das, vom Marſchall Mortier aus Schwediſch- Pommern entſandte Corps des Diviſions-Gene- rals Teullié, welches zur Berennung unſers Pla- tzes beſtimmt war, indem es ſich noch zu orga- niſiren ſuchte, auseinander zu ſprengen und uns noch einige Zeit laͤnger Luft zu verſchaffen. Da der Streich nicht gegluͤckt war, ſo drang nun jener franzoͤſiſche Heerhaufe ungeſaͤumt nach, und ward nur noch durch Schill’s gut genommene und kraͤftig behauptete Stellung bei Neubruͤck, halben Weges zwiſchen Treptow und Colberg, acht volle Tage aufgehalten. Jetzt war alſo das lang erwartete Ungewitter im nahen Anzuge; und da man endlich den Ernſt ſpuͤrte, beſann man ſich auch, daß der Kauzenberg, dicht jenſeits Sellnow, ein gelegener Poſten ſeyn wuͤrde, dem Feinde das naͤhere Vordringen von dieſer Seite zu erſchweren. Eiligſt gieng man daran, die vor- mals im ſiebenjaͤhrigen Kriege hier aufgeworfenen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/76
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/76>, abgerufen am 22.11.2024.