danten mehr oder weniger an seinem Selbstver- trauen raubte und ihn dadurch hinderte, das gei- stige Uebergewicht über Loucadou zu behaupten, das ihm in seiner Stellung gebührt hätte. Denn wenn auch in unsern Vertheidigungs-Anstalten durch ihn, von seiner ersten Erscheinung an, un- endlich viel Gutes gewirkt wurde, und er mit dem alten grämlichen Manne darüber manchen Kampf zu bestehen hatte: so mußte er doch auch eben so oft dem Eigensinn desselben nachgeben und sich nach seinen Launen bequemen. Wir hat- ten also an ihm den Mann noch immer nicht, den wir brauchten.
Auch Schill, der seit dem Januar vom Kö- nige zur Organisirung eines Frei-Corps förmlich authorisirt worden war und von allen Seiten ge- waltigen Zulauf fand, ward, so wie schon von Anfang her, ein von Loucadou in Colberg sehr ungern gesehener Gast, dem daher auch Jener, wo er nur wußte und konnte, Hindernisse in den Weg legte; sey es, daß der Name, welchen der junge Mann sich so schnell erworben, sein An- sehen zu beeinträchtigen drohte, oder weil die Thätigkeit, womit Dieser handelte, seinem eig- nen gemächlichen Schlendrian zum stillen Vor- wurf gereichte. Schlimm war es immer, daß ihre beiderseitigen Befugnisse keine scharfe Abgren- zung gegen einander hatten, während sie doch von einerlei Punkte aus und gemeinschaftlich handeln sollten. Nur ließ sich der wackre Partheigänger,
danten mehr oder weniger an ſeinem Selbſtver- trauen raubte und ihn dadurch hinderte, das gei- ſtige Uebergewicht uͤber Loucadou zu behaupten, das ihm in ſeiner Stellung gebuͤhrt haͤtte. Denn wenn auch in unſern Vertheidigungs-Anſtalten durch ihn, von ſeiner erſten Erſcheinung an, un- endlich viel Gutes gewirkt wurde, und er mit dem alten graͤmlichen Manne daruͤber manchen Kampf zu beſtehen hatte: ſo mußte er doch auch eben ſo oft dem Eigenſinn deſſelben nachgeben und ſich nach ſeinen Launen bequemen. Wir hat- ten alſo an ihm den Mann noch immer nicht, den wir brauchten.
Auch Schill, der ſeit dem Januar vom Koͤ- nige zur Organiſirung eines Frei-Corps foͤrmlich authoriſirt worden war und von allen Seiten ge- waltigen Zulauf fand, ward, ſo wie ſchon von Anfang her, ein von Loucadou in Colberg ſehr ungern geſehener Gaſt, dem daher auch Jener, wo er nur wußte und konnte, Hinderniſſe in den Weg legte; ſey es, daß der Name, welchen der junge Mann ſich ſo ſchnell erworben, ſein An- ſehen zu beeintraͤchtigen drohte, oder weil die Thaͤtigkeit, womit Dieſer handelte, ſeinem eig- nen gemaͤchlichen Schlendrian zum ſtillen Vor- wurf gereichte. Schlimm war es immer, daß ihre beiderſeitigen Befugniſſe keine ſcharfe Abgren- zung gegen einander hatten, waͤhrend ſie doch von einerlei Punkte aus und gemeinſchaftlich handeln ſollten. Nur ließ ſich der wackre Partheigaͤnger,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0075"n="59"/>
danten mehr oder weniger an ſeinem Selbſtver-<lb/>
trauen raubte und ihn dadurch hinderte, das gei-<lb/>ſtige Uebergewicht uͤber Loucadou zu behaupten,<lb/>
das ihm in ſeiner Stellung gebuͤhrt haͤtte. Denn<lb/>
wenn auch in unſern Vertheidigungs-Anſtalten<lb/>
durch ihn, von ſeiner erſten Erſcheinung an, un-<lb/>
endlich viel Gutes gewirkt wurde, und er mit<lb/>
dem alten graͤmlichen Manne daruͤber manchen<lb/>
Kampf zu beſtehen hatte: ſo mußte er doch auch<lb/>
eben ſo oft dem Eigenſinn deſſelben nachgeben<lb/>
und ſich nach ſeinen Launen bequemen. Wir hat-<lb/>
ten alſo an ihm den Mann noch immer nicht,<lb/>
den wir brauchten.</p><lb/><p>Auch Schill, der ſeit dem Januar vom Koͤ-<lb/>
nige zur Organiſirung eines Frei-Corps foͤrmlich<lb/>
authoriſirt worden war und von allen Seiten ge-<lb/>
waltigen Zulauf fand, ward, ſo wie ſchon von<lb/>
Anfang her, ein von Loucadou in Colberg ſehr<lb/>
ungern geſehener Gaſt, dem daher auch Jener,<lb/>
wo er nur wußte und konnte, Hinderniſſe in den<lb/>
Weg legte; ſey es, daß der Name, welchen der<lb/>
junge Mann ſich ſo ſchnell erworben, ſein An-<lb/>ſehen zu beeintraͤchtigen drohte, oder weil die<lb/>
Thaͤtigkeit, womit Dieſer handelte, ſeinem eig-<lb/>
nen gemaͤchlichen Schlendrian zum ſtillen Vor-<lb/>
wurf gereichte. Schlimm war es immer, daß<lb/>
ihre beiderſeitigen Befugniſſe keine ſcharfe Abgren-<lb/>
zung gegen einander hatten, waͤhrend ſie doch von<lb/>
einerlei Punkte aus und gemeinſchaftlich handeln<lb/>ſollten. Nur ließ ſich der wackre Partheigaͤnger,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[59/0075]
danten mehr oder weniger an ſeinem Selbſtver-
trauen raubte und ihn dadurch hinderte, das gei-
ſtige Uebergewicht uͤber Loucadou zu behaupten,
das ihm in ſeiner Stellung gebuͤhrt haͤtte. Denn
wenn auch in unſern Vertheidigungs-Anſtalten
durch ihn, von ſeiner erſten Erſcheinung an, un-
endlich viel Gutes gewirkt wurde, und er mit
dem alten graͤmlichen Manne daruͤber manchen
Kampf zu beſtehen hatte: ſo mußte er doch auch
eben ſo oft dem Eigenſinn deſſelben nachgeben
und ſich nach ſeinen Launen bequemen. Wir hat-
ten alſo an ihm den Mann noch immer nicht,
den wir brauchten.
Auch Schill, der ſeit dem Januar vom Koͤ-
nige zur Organiſirung eines Frei-Corps foͤrmlich
authoriſirt worden war und von allen Seiten ge-
waltigen Zulauf fand, ward, ſo wie ſchon von
Anfang her, ein von Loucadou in Colberg ſehr
ungern geſehener Gaſt, dem daher auch Jener,
wo er nur wußte und konnte, Hinderniſſe in den
Weg legte; ſey es, daß der Name, welchen der
junge Mann ſich ſo ſchnell erworben, ſein An-
ſehen zu beeintraͤchtigen drohte, oder weil die
Thaͤtigkeit, womit Dieſer handelte, ſeinem eig-
nen gemaͤchlichen Schlendrian zum ſtillen Vor-
wurf gereichte. Schlimm war es immer, daß
ihre beiderſeitigen Befugniſſe keine ſcharfe Abgren-
zung gegen einander hatten, waͤhrend ſie doch von
einerlei Punkte aus und gemeinſchaftlich handeln
ſollten. Nur ließ ſich der wackre Partheigaͤnger,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/75>, abgerufen am 18.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.