Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

stalten noch übrig sey, gegen ihn laut werden
zu lassen?

Alles, was ich ihm sagte, machte je mehr
und mehr seine Aufmerksamkeit rege; und es
mag wohl seyn, daß es auch den Entschluß in
ihm erzeugt oder befestigt hat, in Colberg zu
bleiben und sich hier nützlich zu machen. Sobald
er wieder ein wenig zu Kräften gekommen war,
besahen wir uns gemeinschaftlich den Platz und
seine Umgebungen. Wir trafen dabei in dem
Urtheil zusammen, daß die Erhaltung desselben
zuletzt hauptsächlich auf den Besitz des Hafens
und die Behauptung der Gemeinschaft zur See
mit Preussen und unsern Verbündeten ankommen
werde. Hinwiederum war die "Maikuhle" der
Schlüssel des Hafens; und dies angenehme Lust-
wäldchen, welches sich, hart vom Ausfluß der
Persante, westlich eine Viertelmeile längs den
Uferdünen der Ostsee hinstreckt, mußte um jeden
Preis festgehalten werden. Diese Wahrheit hatte
sich bereits in den früheren Belagerungen auf-
gedrungen: allein jetzt, wo unsre Hülfe einzig
von der Seeseite zu erwarten stand, mußte sie
ein doppeltes Gewicht gewinnen. Dennoch war,
bis diesen Augenblick, zur Verschanzung dieses
entscheidenden Punktes noch keine Schaufel in
Bewegung gesetzt worden. Man verließ sich auf
das Münder-Fort und die Morastschanze, die
aber Beide unzureichend waren, den Feind, so-

ſtalten noch uͤbrig ſey, gegen ihn laut werden
zu laſſen?

Alles, was ich ihm ſagte, machte je mehr
und mehr ſeine Aufmerkſamkeit rege; und es
mag wohl ſeyn, daß es auch den Entſchluß in
ihm erzeugt oder befeſtigt hat, in Colberg zu
bleiben und ſich hier nuͤtzlich zu machen. Sobald
er wieder ein wenig zu Kraͤften gekommen war,
beſahen wir uns gemeinſchaftlich den Platz und
ſeine Umgebungen. Wir trafen dabei in dem
Urtheil zuſammen, daß die Erhaltung deſſelben
zuletzt hauptſaͤchlich auf den Beſitz des Hafens
und die Behauptung der Gemeinſchaft zur See
mit Preuſſen und unſern Verbuͤndeten ankommen
werde. Hinwiederum war die „Maikuhle‟ der
Schluͤſſel des Hafens; und dies angenehme Luſt-
waͤldchen, welches ſich, hart vom Ausfluß der
Perſante, weſtlich eine Viertelmeile laͤngs den
Uferduͤnen der Oſtſee hinſtreckt, mußte um jeden
Preis feſtgehalten werden. Dieſe Wahrheit hatte
ſich bereits in den fruͤheren Belagerungen auf-
gedrungen: allein jetzt, wo unſre Huͤlfe einzig
von der Seeſeite zu erwarten ſtand, mußte ſie
ein doppeltes Gewicht gewinnen. Dennoch war,
bis dieſen Augenblick, zur Verſchanzung dieſes
entſcheidenden Punktes noch keine Schaufel in
Bewegung geſetzt worden. Man verließ ſich auf
das Muͤnder-Fort und die Moraſtſchanze, die
aber Beide unzureichend waren, den Feind, ſo-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0070" n="54"/>
&#x017F;talten noch u&#x0364;brig &#x017F;ey, gegen ihn laut werden<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en?</p><lb/>
        <p>Alles, was ich ihm &#x017F;agte, machte je mehr<lb/>
und mehr &#x017F;eine Aufmerk&#x017F;amkeit rege; und es<lb/>
mag wohl &#x017F;eyn, daß es auch den Ent&#x017F;chluß in<lb/>
ihm erzeugt oder befe&#x017F;tigt hat, in Colberg zu<lb/>
bleiben und &#x017F;ich hier nu&#x0364;tzlich zu machen. Sobald<lb/>
er wieder ein wenig zu Kra&#x0364;ften gekommen war,<lb/>
be&#x017F;ahen wir uns gemein&#x017F;chaftlich den Platz und<lb/>
&#x017F;eine Umgebungen. Wir trafen dabei in dem<lb/>
Urtheil zu&#x017F;ammen, daß die Erhaltung de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
zuletzt haupt&#x017F;a&#x0364;chlich auf den Be&#x017F;itz des Hafens<lb/>
und die Behauptung der Gemein&#x017F;chaft zur See<lb/>
mit Preu&#x017F;&#x017F;en und un&#x017F;ern Verbu&#x0364;ndeten ankommen<lb/>
werde. Hinwiederum war die &#x201E;Maikuhle&#x201F; der<lb/>
Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el des Hafens; und dies angenehme Lu&#x017F;t-<lb/>
wa&#x0364;ldchen, welches &#x017F;ich, hart vom Ausfluß der<lb/>
Per&#x017F;ante, we&#x017F;tlich eine Viertelmeile la&#x0364;ngs den<lb/>
Uferdu&#x0364;nen der O&#x017F;t&#x017F;ee hin&#x017F;treckt, mußte um jeden<lb/>
Preis fe&#x017F;tgehalten werden. Die&#x017F;e Wahrheit hatte<lb/>
&#x017F;ich bereits in den fru&#x0364;heren Belagerungen auf-<lb/>
gedrungen: allein jetzt, wo un&#x017F;re Hu&#x0364;lfe einzig<lb/>
von der See&#x017F;eite zu erwarten &#x017F;tand, mußte &#x017F;ie<lb/>
ein doppeltes Gewicht gewinnen. Dennoch war,<lb/>
bis die&#x017F;en Augenblick, zur Ver&#x017F;chanzung die&#x017F;es<lb/>
ent&#x017F;cheidenden Punktes noch keine Schaufel in<lb/>
Bewegung ge&#x017F;etzt worden. Man verließ &#x017F;ich auf<lb/>
das Mu&#x0364;nder-Fort und die Mora&#x017F;t&#x017F;chanze, die<lb/>
aber Beide unzureichend waren, den Feind, &#x017F;o-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0070] ſtalten noch uͤbrig ſey, gegen ihn laut werden zu laſſen? Alles, was ich ihm ſagte, machte je mehr und mehr ſeine Aufmerkſamkeit rege; und es mag wohl ſeyn, daß es auch den Entſchluß in ihm erzeugt oder befeſtigt hat, in Colberg zu bleiben und ſich hier nuͤtzlich zu machen. Sobald er wieder ein wenig zu Kraͤften gekommen war, beſahen wir uns gemeinſchaftlich den Platz und ſeine Umgebungen. Wir trafen dabei in dem Urtheil zuſammen, daß die Erhaltung deſſelben zuletzt hauptſaͤchlich auf den Beſitz des Hafens und die Behauptung der Gemeinſchaft zur See mit Preuſſen und unſern Verbuͤndeten ankommen werde. Hinwiederum war die „Maikuhle‟ der Schluͤſſel des Hafens; und dies angenehme Luſt- waͤldchen, welches ſich, hart vom Ausfluß der Perſante, weſtlich eine Viertelmeile laͤngs den Uferduͤnen der Oſtſee hinſtreckt, mußte um jeden Preis feſtgehalten werden. Dieſe Wahrheit hatte ſich bereits in den fruͤheren Belagerungen auf- gedrungen: allein jetzt, wo unſre Huͤlfe einzig von der Seeſeite zu erwarten ſtand, mußte ſie ein doppeltes Gewicht gewinnen. Dennoch war, bis dieſen Augenblick, zur Verſchanzung dieſes entſcheidenden Punktes noch keine Schaufel in Bewegung geſetzt worden. Man verließ ſich auf das Muͤnder-Fort und die Moraſtſchanze, die aber Beide unzureichend waren, den Feind, ſo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/70
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/70>, abgerufen am 25.11.2024.