machte, war ich nun schon gewöhnt und ließ es mich auch nicht irren. Desto sonderbarer und merkwürdiger aber kam mir die Antwort vor, die ich endlich erhielt. "Was ausserhalb der Stadt geschieht," ließ er sich vernehmen -- "kümmert mich nicht. Die Festung innerlich werde ich wis- sen zu vertheidigen. Meinetwegen mögt ihr draus- sen schanzen, wie und wo ihr wollt. Das geht mich nichts an." -- Demnach thaten wir nun, was uns unverboten geblieben, und thaten es mit allgemeiner Lust und Freude. Nicht nur, was Bürger hieß, zog nach der Bergschanze aus, sondern auch Gesellen, Lehrjungen und Dienst- mägde waren in ihrem Gefolge. Da ich einst noch das alte Werk gesehen hatte, so gab ich an, wie bei der Arbeit verfahren werden sollte; ver- theilte und ordnete die Schanzgräber und zog selbst mit einem Hohlkarrn und der Schaufel vorauf, um ein ermunterndes Beispiel zu geben. Als mir jedoch Alles immer noch viel zu lang- sam gieng, eilte ich zurück nach der Lauenburger Vorstadt, um der Arbeiter noch mehrere, theils durch gütliches Zureden, theils durch baare Be- zahlung aus meiner Tasche, herbeizuführen. So gelang es uns denn, ein Werk aufzuführen, das sich schon durste sehen lassen und dem für diesen Augenblick nur die Besatzung fehlte. Mangelte es uns aber dermalen auch an Truppen, so war doch gewisse Hoffnung vorhanden, daß die Gar- nison verstärkt werden würde und daß dann all-
machte, war ich nun ſchon gewoͤhnt und ließ es mich auch nicht irren. Deſto ſonderbarer und merkwuͤrdiger aber kam mir die Antwort vor, die ich endlich erhielt. „Was auſſerhalb der Stadt geſchieht,‟ ließ er ſich vernehmen — „kuͤmmert mich nicht. Die Feſtung innerlich werde ich wiſ- ſen zu vertheidigen. Meinetwegen moͤgt ihr drauſ- ſen ſchanzen, wie und wo ihr wollt. Das geht mich nichts an.‟ — Demnach thaten wir nun, was uns unverboten geblieben, und thaten es mit allgemeiner Luſt und Freude. Nicht nur, was Buͤrger hieß, zog nach der Bergſchanze aus, ſondern auch Geſellen, Lehrjungen und Dienſt- maͤgde waren in ihrem Gefolge. Da ich einſt noch das alte Werk geſehen hatte, ſo gab ich an, wie bei der Arbeit verfahren werden ſollte; ver- theilte und ordnete die Schanzgraͤber und zog ſelbſt mit einem Hohlkarrn und der Schaufel vorauf, um ein ermunterndes Beiſpiel zu geben. Als mir jedoch Alles immer noch viel zu lang- ſam gieng, eilte ich zuruͤck nach der Lauenburger Vorſtadt, um der Arbeiter noch mehrere, theils durch guͤtliches Zureden, theils durch baare Be- zahlung aus meiner Taſche, herbeizufuͤhren. So gelang es uns denn, ein Werk aufzufuͤhren, das ſich ſchon durſte ſehen laſſen und dem fuͤr dieſen Augenblick nur die Beſatzung fehlte. Mangelte es uns aber dermalen auch an Truppen, ſo war doch gewiſſe Hoffnung vorhanden, daß die Gar- niſon verſtaͤrkt werden wuͤrde und daß dann all-
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machte, war ich nun ſchon gewoͤhnt und ließ es
mich auch nicht irren. Deſto ſonderbarer und
merkwuͤrdiger aber kam mir die Antwort vor, die
ich endlich erhielt. „Was auſſerhalb der Stadt
geſchieht,‟ ließ er ſich vernehmen — „kuͤmmert
mich nicht. Die Feſtung innerlich werde ich wiſ-
ſen zu vertheidigen. Meinetwegen moͤgt ihr drauſ-
ſen ſchanzen, wie und wo ihr wollt. Das geht
mich nichts an.‟ — Demnach thaten wir nun,
was uns unverboten geblieben, und thaten es
mit allgemeiner Luſt und Freude. Nicht nur,
was Buͤrger hieß, zog nach der Bergſchanze aus,
ſondern auch Geſellen, Lehrjungen und Dienſt-
maͤgde waren in ihrem Gefolge. Da ich einſt
noch das alte Werk geſehen hatte, ſo gab ich an,
wie bei der Arbeit verfahren werden ſollte; ver-
theilte und ordnete die Schanzgraͤber und zog
ſelbſt mit einem Hohlkarrn und der Schaufel
vorauf, um ein ermunterndes Beiſpiel zu geben.
Als mir jedoch Alles immer noch viel zu lang-
ſam gieng, eilte ich zuruͤck nach der Lauenburger
Vorſtadt, um der Arbeiter noch mehrere, theils
durch guͤtliches Zureden, theils durch baare Be-
zahlung aus meiner Taſche, herbeizufuͤhren. So
gelang es uns denn, ein Werk aufzufuͤhren, das
ſich ſchon durſte ſehen laſſen und dem fuͤr dieſen
Augenblick nur die Beſatzung fehlte. Mangelte
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doch gewiſſe Hoffnung vorhanden, daß die Gar-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/63>, abgerufen am 16.02.2025.
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