einem Antrage, von welchem ich glaubte, daß er seinem militairischen Dünkel weniger anstößig seyn werde. Es sey vorauszusehen, sagte ich -- daß es, bei der Jnstandsetzung der Festung zu einer kräftigen Gegenwehr, besonders auf den Wällen, Vieles zu thun geben dürfte, um das Geschütz aufzustellen, zu schanzen und die Palisaden her- zustellen. Die Bürgerschaft sey gern erbötig, zu dergleichen, und was sonst vorkäme, mit Hand anzulegen, soviel in ihren Kräften stehe, und sey nur seines Winks gewärtig. -- "Die Bürger- schaft! und immer wieder die Bürgerschaft!" ant- wortete er mir mit einer häßlichen Hohnlache -- "Jch will und brauche die Bürgerschaft nicht."
Konnt' es nun wohl fehlen, daß solche Aeus- serungen nicht nur unser Herz von dem Manne gänzlich abkehrten, sondern daß auch sogar aller- lei böser Argwohn sich bei uns einfand, der durch die ganz frischen Exempel, wie unsre Festungs- Commandanten zu Werke gegangen waren, nur noch immer mehr genährt wurde? Wer bürgte uns vor Verrätherei? vor heimlichen Unterhand- lungen? vor feindlichen Briefen und Boten? -- Man kam darinn überein, daß es die Noth er- fordere, vor solcherlei Praktiken möglichst auf unsrer Hut zu seyn. Zu dem Ende wählten wir, in der Stille, unter uns einen Ausschuß, dessen Mitglieder sich zu Zweien bei Tag und Nacht an allen drei Stadtthoren, je nach ein paar Stun- den, ablöseten, um dort auf Alles, was aus-
einem Antrage, von welchem ich glaubte, daß er ſeinem militairiſchen Duͤnkel weniger anſtoͤßig ſeyn werde. Es ſey vorauszuſehen, ſagte ich — daß es, bei der Jnſtandſetzung der Feſtung zu einer kraͤftigen Gegenwehr, beſonders auf den Waͤllen, Vieles zu thun geben duͤrfte, um das Geſchuͤtz aufzuſtellen, zu ſchanzen und die Paliſaden her- zuſtellen. Die Buͤrgerſchaft ſey gern erboͤtig, zu dergleichen, und was ſonſt vorkaͤme, mit Hand anzulegen, ſoviel in ihren Kraͤften ſtehe, und ſey nur ſeines Winks gewaͤrtig. — „Die Buͤrger- ſchaft! und immer wieder die Buͤrgerſchaft!‟ ant- wortete er mir mit einer haͤßlichen Hohnlache — „Jch will und brauche die Buͤrgerſchaft nicht.‟
Konnt’ es nun wohl fehlen, daß ſolche Aeuſ- ſerungen nicht nur unſer Herz von dem Manne gaͤnzlich abkehrten, ſondern daß auch ſogar aller- lei boͤſer Argwohn ſich bei uns einfand, der durch die ganz friſchen Exempel, wie unſre Feſtungs- Commandanten zu Werke gegangen waren, nur noch immer mehr genaͤhrt wurde? Wer buͤrgte uns vor Verraͤtherei? vor heimlichen Unterhand- lungen? vor feindlichen Briefen und Boten? — Man kam darinn uͤberein, daß es die Noth er- fordere, vor ſolcherlei Praktiken moͤglichſt auf unſrer Hut zu ſeyn. Zu dem Ende waͤhlten wir, in der Stille, unter uns einen Ausſchuß, deſſen Mitglieder ſich zu Zweien bei Tag und Nacht an allen drei Stadtthoren, je nach ein paar Stun- den, abloͤſeten, um dort auf Alles, was aus-
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einem Antrage, von welchem ich glaubte, daß er
ſeinem militairiſchen Duͤnkel weniger anſtoͤßig ſeyn
werde. Es ſey vorauszuſehen, ſagte ich — daß
es, bei der Jnſtandſetzung der Feſtung zu einer
kraͤftigen Gegenwehr, beſonders auf den Waͤllen,
Vieles zu thun geben duͤrfte, um das Geſchuͤtz
aufzuſtellen, zu ſchanzen und die Paliſaden her-
zuſtellen. Die Buͤrgerſchaft ſey gern erboͤtig, zu
dergleichen, und was ſonſt vorkaͤme, mit Hand
anzulegen, ſoviel in ihren Kraͤften ſtehe, und ſey
nur ſeines Winks gewaͤrtig. — „Die Buͤrger-
ſchaft! und immer wieder die Buͤrgerſchaft!‟ ant-
wortete er mir mit einer haͤßlichen Hohnlache —
„Jch will und brauche die Buͤrgerſchaft nicht.‟
Konnt’ es nun wohl fehlen, daß ſolche Aeuſ-
ſerungen nicht nur unſer Herz von dem Manne
gaͤnzlich abkehrten, ſondern daß auch ſogar aller-
lei boͤſer Argwohn ſich bei uns einfand, der durch
die ganz friſchen Exempel, wie unſre Feſtungs-
Commandanten zu Werke gegangen waren, nur
noch immer mehr genaͤhrt wurde? Wer buͤrgte
uns vor Verraͤtherei? vor heimlichen Unterhand-
lungen? vor feindlichen Briefen und Boten? —
Man kam darinn uͤberein, daß es die Noth er-
fordere, vor ſolcherlei Praktiken moͤglichſt auf
unſrer Hut zu ſeyn. Zu dem Ende waͤhlten wir,
in der Stille, unter uns einen Ausſchuß, deſſen
Mitglieder ſich zu Zweien bei Tag und Nacht an
allen drei Stadtthoren, je nach ein paar Stun-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/61>, abgerufen am 16.02.2025.
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