ten, ohne die nemliche Macht zum Bösesthun von ihnen zu erben. Man bewies mir das Ver- trauen, mich in die Zahl dieser zehn Bürger-Re- präsentanten aufzunehmen; und ich habe dies Ehrenamt auch mit Lust und Eifer bis zum Jahre 1809 bekleidet, wo die neue Städte-Ordnung andre und verbesserte Einrichtungen herbeiführte.
Hier mag es nun auch der Ort seyn, meine häuslichen und ehelichen Verhältnisse mit einigen Worten zu berühren; wiewohl diese Lebens-Er- fahrungen gerade diejenigen sind, deren ich mich nicht erinnern darf, ohne sehr schmerzliche Em- pfindungen in mir zu erwecken: denn als Ehe- mann und als Vater ist mir erst sehr spät mein besserer Glücksstern erschienen. Zwar war auch der erste Anschein zu Beidem günstig genug, als ich im Jahre 1762 mich, wie ich schon früher erzählt habe, *) in Königsberg zum Heirathen entschloß. Jch war ein flinker lebenslustiger Bur- sche von 24 oder 25 Jahren, und mein junges Weib mochte eben nur 16 zählen: allein Alles stand gut und glücklich um uns; und solange wir dort lebten und ich als Schiffer ab- und anfuhr, gab es die friedsamste Ehe von der Welt. Von drei Kindern, die sie mir gebar, blieb indeß nur ein Sohn am Leben; der nemliche, der mich in den letzten vier Jahren meines Seelebens, als unzertrennlicher Gefährte, begleitete.
*) Vergl. Bd. I. S. 130.
ten, ohne die nemliche Macht zum Boͤſesthun von ihnen zu erben. Man bewies mir das Ver- trauen, mich in die Zahl dieſer zehn Buͤrger-Re- praͤſentanten aufzunehmen; und ich habe dies Ehrenamt auch mit Luſt und Eifer bis zum Jahre 1809 bekleidet, wo die neue Staͤdte-Ordnung andre und verbeſſerte Einrichtungen herbeifuͤhrte.
Hier mag es nun auch der Ort ſeyn, meine haͤuslichen und ehelichen Verhaͤltniſſe mit einigen Worten zu beruͤhren; wiewohl dieſe Lebens-Er- fahrungen gerade diejenigen ſind, deren ich mich nicht erinnern darf, ohne ſehr ſchmerzliche Em- pfindungen in mir zu erwecken: denn als Ehe- mann und als Vater iſt mir erſt ſehr ſpaͤt mein beſſerer Gluͤcksſtern erſchienen. Zwar war auch der erſte Anſchein zu Beidem guͤnſtig genug, als ich im Jahre 1762 mich, wie ich ſchon fruͤher erzaͤhlt habe, *) in Koͤnigsberg zum Heirathen entſchloß. Jch war ein flinker lebensluſtiger Bur- ſche von 24 oder 25 Jahren, und mein junges Weib mochte eben nur 16 zaͤhlen: allein Alles ſtand gut und gluͤcklich um uns; und ſolange wir dort lebten und ich als Schiffer ab- und anfuhr, gab es die friedſamſte Ehe von der Welt. Von drei Kindern, die ſie mir gebar, blieb indeß nur ein Sohn am Leben; der nemliche, der mich in den letzten vier Jahren meines Seelebens, als unzertrennlicher Gefaͤhrte, begleitete.
*) Vergl. Bd. I. S. 130.
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ten, ohne die nemliche Macht zum Boͤſesthun
von ihnen zu erben. Man bewies mir das Ver-
trauen, mich in die Zahl dieſer zehn Buͤrger-Re-
praͤſentanten aufzunehmen; und ich habe dies
Ehrenamt auch mit Luſt und Eifer bis zum Jahre
1809 bekleidet, wo die neue Staͤdte-Ordnung
andre und verbeſſerte Einrichtungen herbeifuͤhrte.
Hier mag es nun auch der Ort ſeyn, meine
haͤuslichen und ehelichen Verhaͤltniſſe mit einigen
Worten zu beruͤhren; wiewohl dieſe Lebens-Er-
fahrungen gerade diejenigen ſind, deren ich mich
nicht erinnern darf, ohne ſehr ſchmerzliche Em-
pfindungen in mir zu erwecken: denn als Ehe-
mann und als Vater iſt mir erſt ſehr ſpaͤt mein
beſſerer Gluͤcksſtern erſchienen. Zwar war auch
der erſte Anſchein zu Beidem guͤnſtig genug, als
ich im Jahre 1762 mich, wie ich ſchon fruͤher
erzaͤhlt habe, *) in Koͤnigsberg zum Heirathen
entſchloß. Jch war ein flinker lebensluſtiger Bur-
ſche von 24 oder 25 Jahren, und mein junges
Weib mochte eben nur 16 zaͤhlen: allein Alles
ſtand gut und gluͤcklich um uns; und ſolange wir
dort lebten und ich als Schiffer ab- und anfuhr,
gab es die friedſamſte Ehe von der Welt. Von
drei Kindern, die ſie mir gebar, blieb indeß nur
ein Sohn am Leben; der nemliche, der mich in
den letzten vier Jahren meines Seelebens, als
unzertrennlicher Gefaͤhrte, begleitete.
*) Vergl. Bd. I. S. 130.
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/46>, abgerufen am 16.07.2024.
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