Denn bisher hatten ein paar subalterne Licent- Beamten dieses Geschäft versehen; aber so un- wissend und ungeschickt, daß die von ihnen ver- messenen Fahrzeuge stets zu groß oder zu klein befunden wurden; woher es denn auch an Strei- tigkeiten zwischen dem Licent und den Schiffern nie abriß. Zufällig mochte es nun bekannt ge- worden seyn, daß ich mich auf dies Geschäft ver- stände; und so geschah mir von der obern Zoll- behörde der Antrag, mich solcher Verrichtung für die Zukunft anzunehmen. Mehr der Ehre, als des kleinen Nutzens wegen, ließ ich mich dazu willig finden; legte hier im Hafen an einigen Schiffen, die bereits in Danzig und Königsberg vermessen waren, meine Probe ab, und ward demnächst von der Königl. Regierung zu Stettin in Pflicht genommen und bestätigt; ohne mir träumen zu lassen, daß ich dadurch den Neid und Groll meiner beiden Vorgänger in diesem Amte erregt haben könnte.
Das erste Schiff, das mir zur Berechnung vorkam, war ein kleines englisches, scharf ge- bautes Fahrzeug, auf zwei Decke eingerichtet, Kajüte, Roof und Kabelgat mit im Raume ver- senkt; so daß in letzterem nur wenig zur Bela- stung übrig blieb. Jndem ich nun den kubischen Jnhalt nach diesen besondern Umständen in eine Verzeichnung brachte, ergab meine darauf ge- gründete Berechnung eine Belastungsfähigkeit von nicht mehr als 36 Lasten, zu 5,760 Pfund, wie
Denn bisher hatten ein paar ſubalterne Licent- Beamten dieſes Geſchaͤft verſehen; aber ſo un- wiſſend und ungeſchickt, daß die von ihnen ver- meſſenen Fahrzeuge ſtets zu groß oder zu klein befunden wurden; woher es denn auch an Strei- tigkeiten zwiſchen dem Licent und den Schiffern nie abriß. Zufaͤllig mochte es nun bekannt ge- worden ſeyn, daß ich mich auf dies Geſchaͤft ver- ſtaͤnde; und ſo geſchah mir von der obern Zoll- behoͤrde der Antrag, mich ſolcher Verrichtung fuͤr die Zukunft anzunehmen. Mehr der Ehre, als des kleinen Nutzens wegen, ließ ich mich dazu willig finden; legte hier im Hafen an einigen Schiffen, die bereits in Danzig und Koͤnigsberg vermeſſen waren, meine Probe ab, und ward demnaͤchſt von der Koͤnigl. Regierung zu Stettin in Pflicht genommen und beſtaͤtigt; ohne mir traͤumen zu laſſen, daß ich dadurch den Neid und Groll meiner beiden Vorgaͤnger in dieſem Amte erregt haben koͤnnte.
Das erſte Schiff, das mir zur Berechnung vorkam, war ein kleines engliſches, ſcharf ge- bautes Fahrzeug, auf zwei Decke eingerichtet, Kajuͤte, Roof und Kabelgat mit im Raume ver- ſenkt; ſo daß in letzterem nur wenig zur Bela- ſtung uͤbrig blieb. Jndem ich nun den kubiſchen Jnhalt nach dieſen beſondern Umſtaͤnden in eine Verzeichnung brachte, ergab meine darauf ge- gruͤndete Berechnung eine Belaſtungsfaͤhigkeit von nicht mehr als 36 Laſten, zu 5,760 Pfund, wie
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Denn bisher hatten ein paar ſubalterne Licent-
Beamten dieſes Geſchaͤft verſehen; aber ſo un-
wiſſend und ungeſchickt, daß die von ihnen ver-
meſſenen Fahrzeuge ſtets zu groß oder zu klein
befunden wurden; woher es denn auch an Strei-
tigkeiten zwiſchen dem Licent und den Schiffern
nie abriß. Zufaͤllig mochte es nun bekannt ge-
worden ſeyn, daß ich mich auf dies Geſchaͤft ver-
ſtaͤnde; und ſo geſchah mir von der obern Zoll-
behoͤrde der Antrag, mich ſolcher Verrichtung fuͤr
die Zukunft anzunehmen. Mehr der Ehre, als
des kleinen Nutzens wegen, ließ ich mich dazu
willig finden; legte hier im Hafen an einigen
Schiffen, die bereits in Danzig und Koͤnigsberg
vermeſſen waren, meine Probe ab, und ward
demnaͤchſt von der Koͤnigl. Regierung zu Stettin
in Pflicht genommen und beſtaͤtigt; ohne mir
traͤumen zu laſſen, daß ich dadurch den Neid und
Groll meiner beiden Vorgaͤnger in dieſem Amte
erregt haben koͤnnte.
Das erſte Schiff, das mir zur Berechnung
vorkam, war ein kleines engliſches, ſcharf ge-
bautes Fahrzeug, auf zwei Decke eingerichtet,
Kajuͤte, Roof und Kabelgat mit im Raume ver-
ſenkt; ſo daß in letzterem nur wenig zur Bela-
ſtung uͤbrig blieb. Jndem ich nun den kubiſchen
Jnhalt nach dieſen beſondern Umſtaͤnden in eine
Verzeichnung brachte, ergab meine darauf ge-
gruͤndete Berechnung eine Belaſtungsfaͤhigkeit von
nicht mehr als 36 Laſten, zu 5,760 Pfund, wie
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/42>, abgerufen am 02.03.2025.
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