Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.daß die Strenge der Jahrszeit die nächste und Diese Nachricht traf mich am 19. Abends daß die Strenge der Jahrszeit die naͤchſte und Dieſe Nachricht traf mich am 19. Abends <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="197"/> daß die Strenge der Jahrszeit die naͤchſte und<lb/> kuͤrzeſte Richtung geboten habe, und der Koͤnig-<lb/> liche Reiſezug am 21. in Stargard eintreffen<lb/> werde, um dort einen Raſttag zu halten. Es<lb/> war alſo auch zu erwarten, daß die Pommerſchen<lb/> Staͤnde und andre Behoͤrden der Provinz ſich<lb/> dort dem Koͤnige vorſtellen wuͤrden.</p><lb/> <p>Dieſe Nachricht traf mich am 19. Abends<lb/> in einer Geſellſchaft, wo viele wuͤrdige Maͤnner<lb/> unſrer Stadt beiſammen waren; und ſchnell und<lb/> ploͤtzlich flog mir ein Gedanke feurig durch’s Herz.<lb/> „Wie?‟ rief ich aus, — „ſo Viele unſrer Lands-<lb/> leute ſollten dort vor dem Koͤnige ſtehen, ihm<lb/> ihre frohen Gluͤckwuͤnſche darzubringen: und nur<lb/> aus unſrer Vaterſtadt ſollte ſich Niemand zu ei-<lb/> ner ſolchen freiwilligen Huldigung eingefunden<lb/> haben? Das hat weder der Koͤnig um Colberg,<lb/> noch wir um Jhn verdient! Seine Gnade hat<lb/> uns erſt ohnlaͤngſt eine Kriegsſteuer von nahe<lb/> an Zweimalhunderttauſend Thalern erlaſſen: bei<lb/> welcher ſchicklicheren Gelegenheit koͤnnten wir ihm<lb/> dafuͤr unſern Dank bringen, als wenn eine De-<lb/> putation der Buͤrgerſchaft ſich jetzt dazu auf den<lb/> Weg machte? — Vollmacht? Die wuͤrden wir<lb/> von unſern verkehrten Stadt-Obrigkeiten, wenn<lb/> es auch noch Zeit zur Berathung und Ausferti-<lb/> gung waͤre, umſonſt erwarten! Und wozu auch<lb/> Vollmacht? Traͤgt ſie nicht jeder mit ſeinem Ge-<lb/> fuͤhl der Dankbarkeit im eignen Herzen? Wird<lb/> dort auch nach Vollmacht gefragt werden, wo<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [197/0213]
daß die Strenge der Jahrszeit die naͤchſte und
kuͤrzeſte Richtung geboten habe, und der Koͤnig-
liche Reiſezug am 21. in Stargard eintreffen
werde, um dort einen Raſttag zu halten. Es
war alſo auch zu erwarten, daß die Pommerſchen
Staͤnde und andre Behoͤrden der Provinz ſich
dort dem Koͤnige vorſtellen wuͤrden.
Dieſe Nachricht traf mich am 19. Abends
in einer Geſellſchaft, wo viele wuͤrdige Maͤnner
unſrer Stadt beiſammen waren; und ſchnell und
ploͤtzlich flog mir ein Gedanke feurig durch’s Herz.
„Wie?‟ rief ich aus, — „ſo Viele unſrer Lands-
leute ſollten dort vor dem Koͤnige ſtehen, ihm
ihre frohen Gluͤckwuͤnſche darzubringen: und nur
aus unſrer Vaterſtadt ſollte ſich Niemand zu ei-
ner ſolchen freiwilligen Huldigung eingefunden
haben? Das hat weder der Koͤnig um Colberg,
noch wir um Jhn verdient! Seine Gnade hat
uns erſt ohnlaͤngſt eine Kriegsſteuer von nahe
an Zweimalhunderttauſend Thalern erlaſſen: bei
welcher ſchicklicheren Gelegenheit koͤnnten wir ihm
dafuͤr unſern Dank bringen, als wenn eine De-
putation der Buͤrgerſchaft ſich jetzt dazu auf den
Weg machte? — Vollmacht? Die wuͤrden wir
von unſern verkehrten Stadt-Obrigkeiten, wenn
es auch noch Zeit zur Berathung und Ausferti-
gung waͤre, umſonſt erwarten! Und wozu auch
Vollmacht? Traͤgt ſie nicht jeder mit ſeinem Ge-
fuͤhl der Dankbarkeit im eignen Herzen? Wird
dort auch nach Vollmacht gefragt werden, wo
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