nemliche, wie vormals: denn Einmal kennt mich nun der Leser schon genug, um zu wissen, daß mir's nirgends um die Person, sondern immer nur um die Sache zu thun ist, und wird mir also auch nicht leicht Ruhmredigkeit Schuld ge- ben, wo ich nur der Wahrheit die Ehre gebe; und dann, für's Andre, könnt' es hie und da doch auch wohl zutreffen, daß in meinem einfäl- tigen Munde etwas zu Nutz, Lehre und War- nung jetziger und künftiger Zeiten mit unterliefe. Hauptsächlich aber drängt es mich, Einem Manne, obwohl er Meiner zu seinem Lobe nicht bedarf, weil ihn die Welt, sein Herz und seine Thaten genugsam preisen, -- dem Manne, der in der Nacht der Trübsal über meiner Vaterstadt zuerst wie ein schöner leuchtender Stern des Heils auf- gegangen ist -- die schuldige Anerkenntniß wider- fahren zu lassen. Nein, ich will ihn nicht loben: aber meine getreue Erzählung selbst soll sein Lob seyn!
Von der See hatt' ich -- ob gern oder un- gern: das will ich nicht entscheiden! -- meinen Abschied genommen; hatte mich auf ihr und in der Fremde genugsam herumgetummelt, um mir die Hörner abzulaufen, und hielt es nunmehr für das Gescheuteste, mich an eine stille, bürgerliche Nahrung zu geben, wie es mein Vater und meine Vorväter auch gethan hatten: denn der
nemliche, wie vormals: denn Einmal kennt mich nun der Leſer ſchon genug, um zu wiſſen, daß mir’s nirgends um die Perſon, ſondern immer nur um die Sache zu thun iſt, und wird mir alſo auch nicht leicht Ruhmredigkeit Schuld ge- ben, wo ich nur der Wahrheit die Ehre gebe; und dann, fuͤr’s Andre, koͤnnt’ es hie und da doch auch wohl zutreffen, daß in meinem einfaͤl- tigen Munde etwas zu Nutz, Lehre und War- nung jetziger und kuͤnftiger Zeiten mit unterliefe. Hauptſaͤchlich aber draͤngt es mich, Einem Manne, obwohl er Meiner zu ſeinem Lobe nicht bedarf, weil ihn die Welt, ſein Herz und ſeine Thaten genugſam preiſen, — dem Manne, der in der Nacht der Truͤbſal uͤber meiner Vaterſtadt zuerſt wie ein ſchoͤner leuchtender Stern des Heils auf- gegangen iſt — die ſchuldige Anerkenntniß wider- fahren zu laſſen. Nein, ich will ihn nicht loben: aber meine getreue Erzaͤhlung ſelbſt ſoll ſein Lob ſeyn!
Von der See hatt’ ich — ob gern oder un- gern: das will ich nicht entſcheiden! — meinen Abſchied genommen; hatte mich auf ihr und in der Fremde genugſam herumgetummelt, um mir die Hoͤrner abzulaufen, und hielt es nunmehr fuͤr das Geſcheuteſte, mich an eine ſtille, buͤrgerliche Nahrung zu geben, wie es mein Vater und meine Vorvaͤter auch gethan hatten: denn der
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nemliche, wie vormals: denn Einmal kennt mich
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mir’s nirgends um die Perſon, ſondern immer
nur um die Sache zu thun iſt, und wird mir
alſo auch nicht leicht Ruhmredigkeit Schuld ge-
ben, wo ich nur der Wahrheit die Ehre gebe;
und dann, fuͤr’s Andre, koͤnnt’ es hie und da
doch auch wohl zutreffen, daß in meinem einfaͤl-
tigen Munde etwas zu Nutz, Lehre und War-
nung jetziger und kuͤnftiger Zeiten mit unterliefe.
Hauptſaͤchlich aber draͤngt es mich, Einem Manne,
obwohl er Meiner zu ſeinem Lobe nicht bedarf,
weil ihn die Welt, ſein Herz und ſeine Thaten
genugſam preiſen, — dem Manne, der in der
Nacht der Truͤbſal uͤber meiner Vaterſtadt zuerſt
wie ein ſchoͤner leuchtender Stern des Heils auf-
gegangen iſt — die ſchuldige Anerkenntniß wider-
fahren zu laſſen. Nein, ich will ihn nicht loben:
aber meine getreue Erzaͤhlung ſelbſt ſoll ſein Lob
ſeyn!
Von der See hatt’ ich — ob gern oder un-
gern: das will ich nicht entſcheiden! — meinen
Abſchied genommen; hatte mich auf ihr und in
der Fremde genugſam herumgetummelt, um mir
die Hoͤrner abzulaufen, und hielt es nunmehr fuͤr
das Geſcheuteſte, mich an eine ſtille, buͤrgerliche
Nahrung zu geben, wie es mein Vater und
meine Vorvaͤter auch gethan hatten: denn der
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/18>, abgerufen am 16.02.2025.
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