Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

O des Freudenboten! O der willkommnen
Botschaft! der zur rechten rechten Zeit gekom-
menen! Er war unmittelbar aus dem Haupt-
Quartier des Königs zu Pilkupönen bei Tilsit
als Courier abgefertigt und der Ueberbringer der
officiellen Nachricht von einem, mit Napoleon ab-
geschlossenen vierwöchentlichen Waffenstillstande,
welchem unverzüglich der Friede folgen sollte.
Eilend, wie es seine wichtige Zeitung erheischte,
aber schon in weiter Ferne noch mehr beflügelt
durch den dumpfen Donner des Geschützes, der
ihm unsern noch ausharrenden Muth verkündigte,
war er vor wenig Augenblicken erst in Tramm
angelangt; schwerlich gern gesehen, aber auch
schwerlich wohl mit noch neuer oder unerwarteter
Botschaft. Jndeß -- er war da; und die Feind-
seligkeiten mußten eingestellt werden! -- Zwar
meyne ich nicht, daß Colbergs Fall an seiner ver-
späteten Erscheinung gehangen haben würde:
denn noch mußte der Platz sich wenigstens sechs
Wochen halten können, bevor alle und jede Mit-
tel zum Widerstande erschöpft waren, oder bevor
der Hunger uns die letzten Waffen aus der Hand
schlug: aber Dank seiner Eile wegen des gespar-
ten Menschenlebens und des früher geschwunde-
nen Elends, das mit unsrer beharrlichen Pflicht-
Erfüllung unumgänglich verknüpft gewesen wäre!

Alsogleich auch ward die fröhliche Kunde den
Bürgern durch die ganze Stadt unter Trommel-
schlag bekannt gemacht; sammt der hinzu gefüg-

O des Freudenboten! O der willkommnen
Botſchaft! der zur rechten rechten Zeit gekom-
menen! Er war unmittelbar aus dem Haupt-
Quartier des Koͤnigs zu Pilkupoͤnen bei Tilſit
als Courier abgefertigt und der Ueberbringer der
officiellen Nachricht von einem, mit Napoleon ab-
geſchloſſenen vierwoͤchentlichen Waffenſtillſtande,
welchem unverzuͤglich der Friede folgen ſollte.
Eilend, wie es ſeine wichtige Zeitung erheiſchte,
aber ſchon in weiter Ferne noch mehr befluͤgelt
durch den dumpfen Donner des Geſchuͤtzes, der
ihm unſern noch ausharrenden Muth verkuͤndigte,
war er vor wenig Augenblicken erſt in Tramm
angelangt; ſchwerlich gern geſehen, aber auch
ſchwerlich wohl mit noch neuer oder unerwarteter
Botſchaft. Jndeß — er war da; und die Feind-
ſeligkeiten mußten eingeſtellt werden! — Zwar
meyne ich nicht, daß Colbergs Fall an ſeiner ver-
ſpaͤteten Erſcheinung gehangen haben wuͤrde:
denn noch mußte der Platz ſich wenigſtens ſechs
Wochen halten koͤnnen, bevor alle und jede Mit-
tel zum Widerſtande erſchoͤpft waren, oder bevor
der Hunger uns die letzten Waffen aus der Hand
ſchlug: aber Dank ſeiner Eile wegen des geſpar-
ten Menſchenlebens und des fruͤher geſchwunde-
nen Elends, das mit unſrer beharrlichen Pflicht-
Erfuͤllung unumgaͤnglich verknuͤpft geweſen waͤre!

Alſogleich auch ward die froͤhliche Kunde den
Buͤrgern durch die ganze Stadt unter Trommel-
ſchlag bekannt gemacht; ſammt der hinzu gefuͤg-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0174" n="158"/>
        <p>O des Freudenboten! O der willkommnen<lb/>
Bot&#x017F;chaft! der zur rechten <hi rendition="#g">rechten</hi> Zeit gekom-<lb/>
menen! Er war unmittelbar aus dem Haupt-<lb/>
Quartier des Ko&#x0364;nigs zu Pilkupo&#x0364;nen bei Til&#x017F;it<lb/>
als Courier abgefertigt und der Ueberbringer der<lb/>
officiellen Nachricht von einem, mit Napoleon ab-<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen vierwo&#x0364;chentlichen Waffen&#x017F;till&#x017F;tande,<lb/>
welchem unverzu&#x0364;glich der Friede folgen &#x017F;ollte.<lb/>
Eilend, wie es &#x017F;eine wichtige Zeitung erhei&#x017F;chte,<lb/>
aber &#x017F;chon in weiter Ferne noch mehr beflu&#x0364;gelt<lb/>
durch den dumpfen Donner des Ge&#x017F;chu&#x0364;tzes, der<lb/>
ihm un&#x017F;ern noch ausharrenden Muth verku&#x0364;ndigte,<lb/>
war er vor wenig Augenblicken er&#x017F;t in Tramm<lb/>
angelangt; &#x017F;chwerlich gern ge&#x017F;ehen, aber auch<lb/>
&#x017F;chwerlich wohl mit noch neuer oder unerwarteter<lb/>
Bot&#x017F;chaft. Jndeß &#x2014; er war da; und die Feind-<lb/>
&#x017F;eligkeiten mußten einge&#x017F;tellt werden! &#x2014; Zwar<lb/>
meyne ich nicht, daß Colbergs Fall an &#x017F;einer ver-<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;teten Er&#x017F;cheinung gehangen haben wu&#x0364;rde:<lb/>
denn noch mußte der Platz &#x017F;ich wenig&#x017F;tens &#x017F;echs<lb/>
Wochen halten ko&#x0364;nnen, bevor alle und jede Mit-<lb/>
tel zum Wider&#x017F;tande er&#x017F;cho&#x0364;pft waren, oder bevor<lb/>
der Hunger uns die letzten Waffen aus der Hand<lb/>
&#x017F;chlug: aber Dank &#x017F;einer Eile wegen des ge&#x017F;par-<lb/>
ten Men&#x017F;chenlebens und des fru&#x0364;her ge&#x017F;chwunde-<lb/>
nen Elends, das mit un&#x017F;rer beharrlichen Pflicht-<lb/>
Erfu&#x0364;llung unumga&#x0364;nglich verknu&#x0364;pft gewe&#x017F;en wa&#x0364;re!</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;ogleich auch ward die fro&#x0364;hliche Kunde den<lb/>
Bu&#x0364;rgern durch die ganze Stadt unter Trommel-<lb/>
&#x017F;chlag bekannt gemacht; &#x017F;ammt der hinzu gefu&#x0364;g-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0174] O des Freudenboten! O der willkommnen Botſchaft! der zur rechten rechten Zeit gekom- menen! Er war unmittelbar aus dem Haupt- Quartier des Koͤnigs zu Pilkupoͤnen bei Tilſit als Courier abgefertigt und der Ueberbringer der officiellen Nachricht von einem, mit Napoleon ab- geſchloſſenen vierwoͤchentlichen Waffenſtillſtande, welchem unverzuͤglich der Friede folgen ſollte. Eilend, wie es ſeine wichtige Zeitung erheiſchte, aber ſchon in weiter Ferne noch mehr befluͤgelt durch den dumpfen Donner des Geſchuͤtzes, der ihm unſern noch ausharrenden Muth verkuͤndigte, war er vor wenig Augenblicken erſt in Tramm angelangt; ſchwerlich gern geſehen, aber auch ſchwerlich wohl mit noch neuer oder unerwarteter Botſchaft. Jndeß — er war da; und die Feind- ſeligkeiten mußten eingeſtellt werden! — Zwar meyne ich nicht, daß Colbergs Fall an ſeiner ver- ſpaͤteten Erſcheinung gehangen haben wuͤrde: denn noch mußte der Platz ſich wenigſtens ſechs Wochen halten koͤnnen, bevor alle und jede Mit- tel zum Widerſtande erſchoͤpft waren, oder bevor der Hunger uns die letzten Waffen aus der Hand ſchlug: aber Dank ſeiner Eile wegen des geſpar- ten Menſchenlebens und des fruͤher geſchwunde- nen Elends, das mit unſrer beharrlichen Pflicht- Erfuͤllung unumgaͤnglich verknuͤpft geweſen waͤre! Alſogleich auch ward die froͤhliche Kunde den Buͤrgern durch die ganze Stadt unter Trommel- ſchlag bekannt gemacht; ſammt der hinzu gefuͤg-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/174
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/174>, abgerufen am 22.11.2024.