der darinn bestand, daß das feindliche Geschütz fernerhin nicht mehr auf denjenigen Theil der großen Kirche gerichtet werden möchte, wo die Verwundeten und gefangenen Franzosen unter- gebracht worden. Das Verlangen fand nicht nur eine willige Aufnahme, sondern ein Officier be- gleitete mich auch auf eine Anhöhe, damit ich ihm von dort den Flügel des Gebäudes noch näher bezeichnete, wo seine Landsleute lägen. Möchten sie immer, setzte ich hinzu, den Wällen nach Belieben zusetzen; nur sollten sie das Got- teshaus schonen und ihren eigenen Leuten nicht hart fallen.
Nachdem noch einige Höflichkeiten gegenseitig gewechselt worden, begab ich mich auf gleiche Weise, als ich gekommen war, nach der Stadt zurück. Wovon ich im Hauptquartier hatte Zeu- ge seyn dürfen, das deutete auf Vorbereitungen, welche an dem Ernst der Belagerung nicht zwei- feln liessen. Weniger glücklich war ich indeß, irgend ein Wort zu erhaschen, welches uns über die Lage der Dinge in Preussen einigen näheren Aufschluß hätte geben können, während uns von den dortigen neuesten Ereignissen schon seit län- gerer Zeit alle Nachrichten fehlten. Daß der Friede zu Tilsit in dem Augenblicke schon wirk- lich abgeschlossen worden, ahneten wir damals nicht auf das Entfernteste. Allein unsre Bela- gerer waren nur zuwohl davon unterrichtet und boten darum von jetzt an auch um so mehr alle
der darinn beſtand, daß das feindliche Geſchuͤtz fernerhin nicht mehr auf denjenigen Theil der großen Kirche gerichtet werden moͤchte, wo die Verwundeten und gefangenen Franzoſen unter- gebracht worden. Das Verlangen fand nicht nur eine willige Aufnahme, ſondern ein Officier be- gleitete mich auch auf eine Anhoͤhe, damit ich ihm von dort den Fluͤgel des Gebaͤudes noch naͤher bezeichnete, wo ſeine Landsleute laͤgen. Moͤchten ſie immer, ſetzte ich hinzu, den Waͤllen nach Belieben zuſetzen; nur ſollten ſie das Got- teshaus ſchonen und ihren eigenen Leuten nicht hart fallen.
Nachdem noch einige Hoͤflichkeiten gegenſeitig gewechſelt worden, begab ich mich auf gleiche Weiſe, als ich gekommen war, nach der Stadt zuruͤck. Wovon ich im Hauptquartier hatte Zeu- ge ſeyn duͤrfen, das deutete auf Vorbereitungen, welche an dem Ernſt der Belagerung nicht zwei- feln lieſſen. Weniger gluͤcklich war ich indeß, irgend ein Wort zu erhaſchen, welches uns uͤber die Lage der Dinge in Preuſſen einigen naͤheren Aufſchluß haͤtte geben koͤnnen, waͤhrend uns von den dortigen neueſten Ereigniſſen ſchon ſeit laͤn- gerer Zeit alle Nachrichten fehlten. Daß der Friede zu Tilſit in dem Augenblicke ſchon wirk- lich abgeſchloſſen worden, ahneten wir damals nicht auf das Entfernteſte. Allein unſre Bela- gerer waren nur zuwohl davon unterrichtet und boten darum von jetzt an auch um ſo mehr alle
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der darinn beſtand, daß das feindliche Geſchuͤtz
fernerhin nicht mehr auf denjenigen Theil der
großen Kirche gerichtet werden moͤchte, wo die
Verwundeten und gefangenen Franzoſen unter-
gebracht worden. Das Verlangen fand nicht nur
eine willige Aufnahme, ſondern ein Officier be-
gleitete mich auch auf eine Anhoͤhe, damit ich
ihm von dort den Fluͤgel des Gebaͤudes noch
naͤher bezeichnete, wo ſeine Landsleute laͤgen.
Moͤchten ſie immer, ſetzte ich hinzu, den Waͤllen
nach Belieben zuſetzen; nur ſollten ſie das Got-
teshaus ſchonen und ihren eigenen Leuten nicht
hart fallen.
Nachdem noch einige Hoͤflichkeiten gegenſeitig
gewechſelt worden, begab ich mich auf gleiche
Weiſe, als ich gekommen war, nach der Stadt
zuruͤck. Wovon ich im Hauptquartier hatte Zeu-
ge ſeyn duͤrfen, das deutete auf Vorbereitungen,
welche an dem Ernſt der Belagerung nicht zwei-
feln lieſſen. Weniger gluͤcklich war ich indeß,
irgend ein Wort zu erhaſchen, welches uns uͤber
die Lage der Dinge in Preuſſen einigen naͤheren
Aufſchluß haͤtte geben koͤnnen, waͤhrend uns von
den dortigen neueſten Ereigniſſen ſchon ſeit laͤn-
gerer Zeit alle Nachrichten fehlten. Daß der
Friede zu Tilſit in dem Augenblicke ſchon wirk-
lich abgeſchloſſen worden, ahneten wir damals
nicht auf das Entfernteſte. Allein unſre Bela-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/160>, abgerufen am 16.02.2025.
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