Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Seltenheiten an zu uns hereingekommene sächsi-
sche Officiere und andre Fremde verkauft.

Vom 5. Junius an ward es immer unver-
kennbarer, daß dem Wolfsberge ein regelmäßiger
Angriff drohte, indem die feindlichen Laufgräben
sich diesem Aussenwerke allnächtlich mehr zu nä-
hern suchten. Schon mit dem Abend dieses Ta-
ges begann diese fortgesetzte Arbeit mit einem
solchen Eifer, daß Unsrer Seits die volle Kraft
aufgeboten werden mußte, dies Vorrücken zu ver-
hindern. Es kam daher von allen Werken und
Schanzen im Bereich jenes Postens zu einer ge-
genseitigen Kanonade, welche die ganze Nacht
durch anhielt, stärker war, als wir sie in aller
Zeit bisher gehört hatten, und sowohl uns, als
dem Feinde, viele Menschen kostete.

Dennoch schien man französischer Seits nur
die Vollendung einer neuen, uns ziemlich auf
den Leib gerückten Batterie am sogenannten
"Hasenwied" erwartet zu haben, (welche, trotz
dem schrecklichsten Regenwetter, am 10. Junius
zu Stande kam) als auch sofort in aller Frühe
des nächsten Morgens das gefürchtete Ungewitter
gegen die Wolfsschanze wirklich losbrach. Jn
Zeit von einer Stunde zählte man 361 Schüsse,
die gegen diesen einzigen Punkt gerichtet waren.
Dann aber begannen auch alle übrige Batterieen,
der Reihe nach, bis zur Altstadt hinauf, ein
mörderisches Kanonen- und Bomben-Feuer ge-
gen die Stadt und ihre Wälle auszusprühen.

Seltenheiten an zu uns hereingekommene ſaͤchſi-
ſche Officiere und andre Fremde verkauft.

Vom 5. Junius an ward es immer unver-
kennbarer, daß dem Wolfsberge ein regelmaͤßiger
Angriff drohte, indem die feindlichen Laufgraͤben
ſich dieſem Auſſenwerke allnaͤchtlich mehr zu naͤ-
hern ſuchten. Schon mit dem Abend dieſes Ta-
ges begann dieſe fortgeſetzte Arbeit mit einem
ſolchen Eifer, daß Unſrer Seits die volle Kraft
aufgeboten werden mußte, dies Vorruͤcken zu ver-
hindern. Es kam daher von allen Werken und
Schanzen im Bereich jenes Poſtens zu einer ge-
genſeitigen Kanonade, welche die ganze Nacht
durch anhielt, ſtaͤrker war, als wir ſie in aller
Zeit bisher gehoͤrt hatten, und ſowohl uns, als
dem Feinde, viele Menſchen koſtete.

Dennoch ſchien man franzoͤſiſcher Seits nur
die Vollendung einer neuen, uns ziemlich auf
den Leib geruͤckten Batterie am ſogenannten
„Haſenwied‟ erwartet zu haben, (welche, trotz
dem ſchrecklichſten Regenwetter, am 10. Junius
zu Stande kam) als auch ſofort in aller Fruͤhe
des naͤchſten Morgens das gefuͤrchtete Ungewitter
gegen die Wolfsſchanze wirklich losbrach. Jn
Zeit von einer Stunde zaͤhlte man 361 Schuͤſſe,
die gegen dieſen einzigen Punkt gerichtet waren.
Dann aber begannen auch alle uͤbrige Batterieen,
der Reihe nach, bis zur Altſtadt hinauf, ein
moͤrderiſches Kanonen- und Bomben-Feuer ge-
gen die Stadt und ihre Waͤlle auszuſpruͤhen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0142" n="126"/>
Seltenheiten an zu uns hereingekommene &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;che Officiere und andre Fremde verkauft.</p><lb/>
        <p>Vom 5. Junius an ward es immer unver-<lb/>
kennbarer, daß dem Wolfsberge ein regelma&#x0364;ßiger<lb/>
Angriff drohte, indem die feindlichen Laufgra&#x0364;ben<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;em Au&#x017F;&#x017F;enwerke allna&#x0364;chtlich mehr zu na&#x0364;-<lb/>
hern &#x017F;uchten. Schon mit dem Abend die&#x017F;es Ta-<lb/>
ges begann die&#x017F;e fortge&#x017F;etzte Arbeit mit einem<lb/>
&#x017F;olchen Eifer, daß Un&#x017F;rer Seits die volle Kraft<lb/>
aufgeboten werden mußte, dies Vorru&#x0364;cken zu ver-<lb/>
hindern. Es kam daher von allen Werken und<lb/>
Schanzen im Bereich jenes Po&#x017F;tens zu einer ge-<lb/>
gen&#x017F;eitigen Kanonade, welche die ganze Nacht<lb/>
durch anhielt, &#x017F;ta&#x0364;rker war, als wir &#x017F;ie in aller<lb/>
Zeit bisher geho&#x0364;rt hatten, und &#x017F;owohl uns, als<lb/>
dem Feinde, viele Men&#x017F;chen ko&#x017F;tete.</p><lb/>
        <p>Dennoch &#x017F;chien man franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Seits nur<lb/>
die Vollendung einer neuen, uns ziemlich auf<lb/>
den Leib geru&#x0364;ckten Batterie am &#x017F;ogenannten<lb/>
&#x201E;Ha&#x017F;enwied&#x201F; erwartet zu haben, (welche, trotz<lb/>
dem &#x017F;chrecklich&#x017F;ten Regenwetter, am 10. Junius<lb/>
zu Stande kam) als auch &#x017F;ofort in aller Fru&#x0364;he<lb/>
des na&#x0364;ch&#x017F;ten Morgens das gefu&#x0364;rchtete Ungewitter<lb/>
gegen die Wolfs&#x017F;chanze wirklich losbrach. Jn<lb/>
Zeit von einer Stunde za&#x0364;hlte man 361 Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
die gegen die&#x017F;en einzigen Punkt gerichtet waren.<lb/>
Dann aber begannen auch alle u&#x0364;brige Batterieen,<lb/>
der Reihe nach, bis zur Alt&#x017F;tadt hinauf, ein<lb/>
mo&#x0364;rderi&#x017F;ches Kanonen- und Bomben-Feuer ge-<lb/>
gen die Stadt und ihre Wa&#x0364;lle auszu&#x017F;pru&#x0364;hen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0142] Seltenheiten an zu uns hereingekommene ſaͤchſi- ſche Officiere und andre Fremde verkauft. Vom 5. Junius an ward es immer unver- kennbarer, daß dem Wolfsberge ein regelmaͤßiger Angriff drohte, indem die feindlichen Laufgraͤben ſich dieſem Auſſenwerke allnaͤchtlich mehr zu naͤ- hern ſuchten. Schon mit dem Abend dieſes Ta- ges begann dieſe fortgeſetzte Arbeit mit einem ſolchen Eifer, daß Unſrer Seits die volle Kraft aufgeboten werden mußte, dies Vorruͤcken zu ver- hindern. Es kam daher von allen Werken und Schanzen im Bereich jenes Poſtens zu einer ge- genſeitigen Kanonade, welche die ganze Nacht durch anhielt, ſtaͤrker war, als wir ſie in aller Zeit bisher gehoͤrt hatten, und ſowohl uns, als dem Feinde, viele Menſchen koſtete. Dennoch ſchien man franzoͤſiſcher Seits nur die Vollendung einer neuen, uns ziemlich auf den Leib geruͤckten Batterie am ſogenannten „Haſenwied‟ erwartet zu haben, (welche, trotz dem ſchrecklichſten Regenwetter, am 10. Junius zu Stande kam) als auch ſofort in aller Fruͤhe des naͤchſten Morgens das gefuͤrchtete Ungewitter gegen die Wolfsſchanze wirklich losbrach. Jn Zeit von einer Stunde zaͤhlte man 361 Schuͤſſe, die gegen dieſen einzigen Punkt gerichtet waren. Dann aber begannen auch alle uͤbrige Batterieen, der Reihe nach, bis zur Altſtadt hinauf, ein moͤrderiſches Kanonen- und Bomben-Feuer ge- gen die Stadt und ihre Waͤlle auszuſpruͤhen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/142
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/142>, abgerufen am 24.11.2024.