Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.zogen; und alte Männer und Frauen, Kinder, Eine andre Noth that sich uns auf in dem zogen; und alte Maͤnner und Frauen, Kinder, Eine andre Noth that ſich uns auf in dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0140" n="124"/> zogen; und alte Maͤnner und Frauen, Kinder,<lb/> Verlaſſene und Kranke fuͤllten die Luft mit ihrem<lb/> Geſchrei und Wimmern. Mich jammerte dies<lb/> Elend, und ich gieng zu Gneiſenau, ihn auf-<lb/> merkſam darauf zu machen. Mein Vorſchlag zu<lb/> einſtweiliger Unterbringung dieſes Menſchenhaͤuf-<lb/> leins fand auch ſofort das freundlichſte Gehoͤr.<lb/> Es gab nemlich eine Kaſematte unter dem Walle,<lb/> links des Stockhauſes, worinn zwar einige Ge-<lb/> fangene aufbehalten wurden, die aber leicht im<lb/> Stockhauſe ſelbſt untergebracht werden konnten.<lb/> Froh uͤber die Erlaubniß, meine irrenden Schaͤf-<lb/> lein in dieſe ſichre Zuflucht einweiſen zu duͤrfen,<lb/> mußt’ ich nun zunaͤchſt bemuͤht ſeyn, dieſen Auf-<lb/> enthalt von einem, mit nichts zu vergleichenden<lb/> Schmutz zu ſaͤubern und zu einem ertraͤglich ge-<lb/> ſunden Wohnort fuͤr Menſchen wieder herzuſtel-<lb/> len. Dies geſchah, indem ich die feuerfeſte Kaſe-<lb/> matte mit zwei Schock Stroh anfuͤllen und dieſes<lb/> anzuͤnden ließ; ſo daß Waͤnde und Gewoͤlbe rein<lb/> ausgegluͤht wurden und die dumpfe Feuchtigkeit<lb/> ſich verzehrte. Jn dieſe ſchwarze Hoͤhle konnten<lb/> nunmehr gegen 200 Heimloſe aller Art und Ge-<lb/> ſchlechts einquartiert werden; und bis zum Ende<lb/> der Belagerung begehrte auch kein Einziger von<lb/> dannen zu weichen.</p><lb/> <p>Eine andre Noth that ſich uns auf in dem<lb/> Mangel klingender Scheidemuͤnze, wodurch das<lb/> taͤgliche Verkehr, beſonders des gemeinen Solda-<lb/> ten mit der Buͤrgerſchaft, ſehr erſchwert und die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [124/0140]
zogen; und alte Maͤnner und Frauen, Kinder,
Verlaſſene und Kranke fuͤllten die Luft mit ihrem
Geſchrei und Wimmern. Mich jammerte dies
Elend, und ich gieng zu Gneiſenau, ihn auf-
merkſam darauf zu machen. Mein Vorſchlag zu
einſtweiliger Unterbringung dieſes Menſchenhaͤuf-
leins fand auch ſofort das freundlichſte Gehoͤr.
Es gab nemlich eine Kaſematte unter dem Walle,
links des Stockhauſes, worinn zwar einige Ge-
fangene aufbehalten wurden, die aber leicht im
Stockhauſe ſelbſt untergebracht werden konnten.
Froh uͤber die Erlaubniß, meine irrenden Schaͤf-
lein in dieſe ſichre Zuflucht einweiſen zu duͤrfen,
mußt’ ich nun zunaͤchſt bemuͤht ſeyn, dieſen Auf-
enthalt von einem, mit nichts zu vergleichenden
Schmutz zu ſaͤubern und zu einem ertraͤglich ge-
ſunden Wohnort fuͤr Menſchen wieder herzuſtel-
len. Dies geſchah, indem ich die feuerfeſte Kaſe-
matte mit zwei Schock Stroh anfuͤllen und dieſes
anzuͤnden ließ; ſo daß Waͤnde und Gewoͤlbe rein
ausgegluͤht wurden und die dumpfe Feuchtigkeit
ſich verzehrte. Jn dieſe ſchwarze Hoͤhle konnten
nunmehr gegen 200 Heimloſe aller Art und Ge-
ſchlechts einquartiert werden; und bis zum Ende
der Belagerung begehrte auch kein Einziger von
dannen zu weichen.
Eine andre Noth that ſich uns auf in dem
Mangel klingender Scheidemuͤnze, wodurch das
taͤgliche Verkehr, beſonders des gemeinen Solda-
ten mit der Buͤrgerſchaft, ſehr erſchwert und die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |