Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

gerichtet, und dienten trefflich dazu, uns den
Feind in einer ehrerbietigen Ferne zu halten und
die Fortsührung seiner Laufgräben, wenn er sie
nicht voll Wasser haben wollte, zu zügeln. Fragte
mich der Commandant: "Wie steht's, Nettel-
beck? Können wir nicht noch einen halben Fuß
höher stauen?" -- so fehlte es nicht an einem
bereitwilligen: "Ei nun, wir wollen sehen!" und
ich sorgte und künstelte so lange, bis ich den
Wasserstand noch um so viel höher brachte. Die
meiste Noth machte mir der Müller Fischer, der
stets mehr Wasser verbrauchte, als mir lieb war;
bis ich mich endlich genöthigt sah, ihm vier starke
eiserne Bolzen über den Aufzugs-Schützen in
solcher Höhe einzuschlagen, als ihm ohne Nach-
theil für die Jnundationen eingeräumt werden
konnte. Jndem ich aber dies Werk allmählig
immer höher und höher trieb, mußt' es denn frei-
lich wohl seinen letzten Zielpunkt erreichen; und
so war mir's ein betrübender Anblick, als ich
eines Tages wahrnehmen mußte, daß an der
Stauschleuse die mittlere Schütte bedenklich auf
die Seite zu weichen begann. Die Gefahr war
groß; und zugleich regnete es Vorwürfe von al-
len Seiten! -- Was war zu thun, als flugs
Hand an ein neues Bollwerk und Schütte, et-
was weiter oberwärts, zu legen und so den An-
drang an die beschädigten Wasserwerke zu brechen?
-- Es geschah, und leistete wenigstens nothdürf-
tig, was es sollte: denn freilich blieb es ein un-

gerichtet, und dienten trefflich dazu, uns den
Feind in einer ehrerbietigen Ferne zu halten und
die Fortſuͤhrung ſeiner Laufgraͤben, wenn er ſie
nicht voll Waſſer haben wollte, zu zuͤgeln. Fragte
mich der Commandant: „Wie ſteht’s, Nettel-
beck? Koͤnnen wir nicht noch einen halben Fuß
hoͤher ſtauen?‟ — ſo fehlte es nicht an einem
bereitwilligen: „Ei nun, wir wollen ſehen!‟ und
ich ſorgte und kuͤnſtelte ſo lange, bis ich den
Waſſerſtand noch um ſo viel hoͤher brachte. Die
meiſte Noth machte mir der Muͤller Fiſcher, der
ſtets mehr Waſſer verbrauchte, als mir lieb war;
bis ich mich endlich genoͤthigt ſah, ihm vier ſtarke
eiſerne Bolzen uͤber den Aufzugs-Schuͤtzen in
ſolcher Hoͤhe einzuſchlagen, als ihm ohne Nach-
theil fuͤr die Jnundationen eingeraͤumt werden
konnte. Jndem ich aber dies Werk allmaͤhlig
immer hoͤher und hoͤher trieb, mußt’ es denn frei-
lich wohl ſeinen letzten Zielpunkt erreichen; und
ſo war mir’s ein betruͤbender Anblick, als ich
eines Tages wahrnehmen mußte, daß an der
Stauſchleuſe die mittlere Schuͤtte bedenklich auf
die Seite zu weichen begann. Die Gefahr war
groß; und zugleich regnete es Vorwuͤrfe von al-
len Seiten! — Was war zu thun, als flugs
Hand an ein neues Bollwerk und Schuͤtte, et-
was weiter oberwaͤrts, zu legen und ſo den An-
drang an die beſchaͤdigten Waſſerwerke zu brechen?
— Es geſchah, und leiſtete wenigſtens nothduͤrf-
tig, was es ſollte: denn freilich blieb es ein un-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0138" n="122"/>
gerichtet, und dienten trefflich dazu, uns den<lb/>
Feind in einer ehrerbietigen Ferne zu halten und<lb/>
die Fort&#x017F;u&#x0364;hrung &#x017F;einer Laufgra&#x0364;ben, wenn er &#x017F;ie<lb/>
nicht voll Wa&#x017F;&#x017F;er haben wollte, zu zu&#x0364;geln. Fragte<lb/>
mich der Commandant: &#x201E;Wie &#x017F;teht&#x2019;s, Nettel-<lb/>
beck? Ko&#x0364;nnen wir nicht <hi rendition="#g">noch</hi> einen halben Fuß<lb/>
ho&#x0364;her &#x017F;tauen?&#x201F; &#x2014; &#x017F;o fehlte es nicht an einem<lb/>
bereitwilligen: &#x201E;Ei nun, wir wollen &#x017F;ehen!&#x201F; und<lb/>
ich &#x017F;orgte und ku&#x0364;n&#x017F;telte &#x017F;o lange, bis ich den<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tand noch um &#x017F;o viel ho&#x0364;her brachte. Die<lb/>
mei&#x017F;te Noth machte mir der Mu&#x0364;ller Fi&#x017F;cher, der<lb/>
&#x017F;tets mehr Wa&#x017F;&#x017F;er verbrauchte, als mir lieb war;<lb/>
bis ich mich endlich geno&#x0364;thigt &#x017F;ah, ihm vier &#x017F;tarke<lb/>
ei&#x017F;erne Bolzen u&#x0364;ber den Aufzugs-Schu&#x0364;tzen in<lb/>
&#x017F;olcher Ho&#x0364;he einzu&#x017F;chlagen, als ihm ohne Nach-<lb/>
theil fu&#x0364;r die Jnundationen eingera&#x0364;umt werden<lb/>
konnte. Jndem ich aber dies Werk allma&#x0364;hlig<lb/>
immer ho&#x0364;her und ho&#x0364;her trieb, mußt&#x2019; es denn frei-<lb/>
lich wohl &#x017F;einen letzten Zielpunkt erreichen; und<lb/>
&#x017F;o war mir&#x2019;s ein betru&#x0364;bender Anblick, als ich<lb/>
eines Tages wahrnehmen mußte, daß an der<lb/>
Stau&#x017F;chleu&#x017F;e die mittlere Schu&#x0364;tte bedenklich auf<lb/>
die Seite zu weichen begann. Die Gefahr war<lb/>
groß; und zugleich regnete es Vorwu&#x0364;rfe von al-<lb/>
len Seiten! &#x2014; Was war zu thun, als flugs<lb/>
Hand an ein neues Bollwerk und Schu&#x0364;tte, et-<lb/>
was weiter oberwa&#x0364;rts, zu legen und &#x017F;o den An-<lb/>
drang an die be&#x017F;cha&#x0364;digten Wa&#x017F;&#x017F;erwerke zu brechen?<lb/>
&#x2014; Es ge&#x017F;chah, und lei&#x017F;tete wenig&#x017F;tens nothdu&#x0364;rf-<lb/>
tig, was es &#x017F;ollte: denn freilich blieb es ein un-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0138] gerichtet, und dienten trefflich dazu, uns den Feind in einer ehrerbietigen Ferne zu halten und die Fortſuͤhrung ſeiner Laufgraͤben, wenn er ſie nicht voll Waſſer haben wollte, zu zuͤgeln. Fragte mich der Commandant: „Wie ſteht’s, Nettel- beck? Koͤnnen wir nicht noch einen halben Fuß hoͤher ſtauen?‟ — ſo fehlte es nicht an einem bereitwilligen: „Ei nun, wir wollen ſehen!‟ und ich ſorgte und kuͤnſtelte ſo lange, bis ich den Waſſerſtand noch um ſo viel hoͤher brachte. Die meiſte Noth machte mir der Muͤller Fiſcher, der ſtets mehr Waſſer verbrauchte, als mir lieb war; bis ich mich endlich genoͤthigt ſah, ihm vier ſtarke eiſerne Bolzen uͤber den Aufzugs-Schuͤtzen in ſolcher Hoͤhe einzuſchlagen, als ihm ohne Nach- theil fuͤr die Jnundationen eingeraͤumt werden konnte. Jndem ich aber dies Werk allmaͤhlig immer hoͤher und hoͤher trieb, mußt’ es denn frei- lich wohl ſeinen letzten Zielpunkt erreichen; und ſo war mir’s ein betruͤbender Anblick, als ich eines Tages wahrnehmen mußte, daß an der Stauſchleuſe die mittlere Schuͤtte bedenklich auf die Seite zu weichen begann. Die Gefahr war groß; und zugleich regnete es Vorwuͤrfe von al- len Seiten! — Was war zu thun, als flugs Hand an ein neues Bollwerk und Schuͤtte, et- was weiter oberwaͤrts, zu legen und ſo den An- drang an die beſchaͤdigten Waſſerwerke zu brechen? — Es geſchah, und leiſtete wenigſtens nothduͤrf- tig, was es ſollte: denn freilich blieb es ein un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/138
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/138>, abgerufen am 24.11.2024.