Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber nur zu oft begnügt sich ihre Be-
gehrlichkeit nicht an dem, was ihnen das
Glück auf diesem Wege zuwirft, sondern sie
bestehlen sich unter einander; und da ent-
steht denn Klage über Klage, als wären ih-
nen alle Kleinodien der Welt vonhanden
gekommen. Der wachhabende Steuermann
verwaltet sodann das gestrenge Richteramt;
veranstaltet Untersuchungen, wobei Jeder
sein Bündel vorweisen und auskramen muß,
und wobei es seiner Gravität oft schwer ge-
nug wird, sich des Lachens zu enthalten, und
verfügt endlich über den ertappten Dieb ei-
nige gelinde Peitschenhiebe. So geht es
heute; so morgen, und so alle übrigen Tage
während der Dauer der Reise; nicht an-
ders, als ob man mit lauter Affen und Nar-
ren zu thun hätte.

Ueber unsre diesmalige Fahrt, queer
durch den atlantischen Ocean, weiß ich nur
wenig zu sagen, wenn ich nicht die nemli-
chen Erscheinungen wiederholen soll, deren
hundert Reisebeschreiber vor mir bereits
zur Genüge erwähnt haben. Dahin gehört
das Leuchten des Meerwassers in manchen
dunkeln Nächten, das Emporflattern ganzer
Rudel von fliegenden Fischen, wie wir's bei
uns zu Lande an den Sperlingen zu sehen
gewohnt sind, und Manches mehr, das ich
mit Stillschweigen übergehe. Dagegen be-

Aber nur zu oft begnuͤgt ſich ihre Be-
gehrlichkeit nicht an dem, was ihnen das
Gluͤck auf dieſem Wege zuwirft, ſondern ſie
beſtehlen ſich unter einander; und da ent-
ſteht denn Klage uͤber Klage, als waͤren ih-
nen alle Kleinodien der Welt vonhanden
gekommen. Der wachhabende Steuermann
verwaltet ſodann das geſtrenge Richteramt;
veranſtaltet Unterſuchungen, wobei Jeder
ſein Buͤndel vorweiſen und auskramen muß,
und wobei es ſeiner Gravitaͤt oft ſchwer ge-
nug wird, ſich des Lachens zu enthalten, und
verfuͤgt endlich uͤber den ertappten Dieb ei-
nige gelinde Peitſchenhiebe. So geht es
heute; ſo morgen, und ſo alle uͤbrigen Tage
waͤhrend der Dauer der Reiſe; nicht an-
ders, als ob man mit lauter Affen und Nar-
ren zu thun haͤtte.

Ueber unſre diesmalige Fahrt, queer
durch den atlantiſchen Ocean, weiß ich nur
wenig zu ſagen, wenn ich nicht die nemli-
chen Erſcheinungen wiederholen ſoll, deren
hundert Reiſebeſchreiber vor mir bereits
zur Genuͤge erwaͤhnt haben. Dahin gehoͤrt
das Leuchten des Meerwaſſers in manchen
dunkeln Naͤchten, das Emporflattern ganzer
Rudel von fliegenden Fiſchen, wie wir’s bei
uns zu Lande an den Sperlingen zu ſehen
gewohnt ſind, und Manches mehr, das ich
mit Stillſchweigen uͤbergehe. Dagegen be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0095" n="91"/>
        <p>Aber nur zu oft begnu&#x0364;gt &#x017F;ich ihre Be-<lb/>
gehrlichkeit nicht an dem, was ihnen das<lb/>
Glu&#x0364;ck auf die&#x017F;em Wege zuwirft, &#x017F;ondern &#x017F;ie<lb/>
be&#x017F;tehlen &#x017F;ich unter einander; und da ent-<lb/>
&#x017F;teht denn Klage u&#x0364;ber Klage, als wa&#x0364;ren ih-<lb/>
nen alle Kleinodien der Welt vonhanden<lb/>
gekommen. Der wachhabende Steuermann<lb/>
verwaltet &#x017F;odann das ge&#x017F;trenge Richteramt;<lb/>
veran&#x017F;taltet Unter&#x017F;uchungen, wobei Jeder<lb/>
&#x017F;ein Bu&#x0364;ndel vorwei&#x017F;en und auskramen muß,<lb/>
und wobei es &#x017F;einer Gravita&#x0364;t oft &#x017F;chwer ge-<lb/>
nug wird, &#x017F;ich des Lachens zu enthalten, und<lb/>
verfu&#x0364;gt endlich u&#x0364;ber den ertappten Dieb ei-<lb/>
nige gelinde Peit&#x017F;chenhiebe. So geht es<lb/>
heute; &#x017F;o morgen, und &#x017F;o alle u&#x0364;brigen Tage<lb/>
wa&#x0364;hrend der Dauer der Rei&#x017F;e; nicht an-<lb/>
ders, als ob man mit lauter Affen und Nar-<lb/>
ren zu thun ha&#x0364;tte.</p><lb/>
        <p>Ueber un&#x017F;re diesmalige Fahrt, queer<lb/>
durch den atlanti&#x017F;chen Ocean, weiß ich nur<lb/>
wenig zu &#x017F;agen, wenn ich nicht die nemli-<lb/>
chen Er&#x017F;cheinungen wiederholen &#x017F;oll, deren<lb/>
hundert Rei&#x017F;ebe&#x017F;chreiber vor mir bereits<lb/>
zur Genu&#x0364;ge erwa&#x0364;hnt haben. Dahin geho&#x0364;rt<lb/>
das Leuchten des Meerwa&#x017F;&#x017F;ers in manchen<lb/>
dunkeln Na&#x0364;chten, das Emporflattern ganzer<lb/>
Rudel von fliegenden Fi&#x017F;chen, wie wir&#x2019;s bei<lb/>
uns zu Lande an den Sperlingen zu &#x017F;ehen<lb/>
gewohnt &#x017F;ind, und Manches mehr, das ich<lb/>
mit Still&#x017F;chweigen u&#x0364;bergehe. Dagegen be-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0095] Aber nur zu oft begnuͤgt ſich ihre Be- gehrlichkeit nicht an dem, was ihnen das Gluͤck auf dieſem Wege zuwirft, ſondern ſie beſtehlen ſich unter einander; und da ent- ſteht denn Klage uͤber Klage, als waͤren ih- nen alle Kleinodien der Welt vonhanden gekommen. Der wachhabende Steuermann verwaltet ſodann das geſtrenge Richteramt; veranſtaltet Unterſuchungen, wobei Jeder ſein Buͤndel vorweiſen und auskramen muß, und wobei es ſeiner Gravitaͤt oft ſchwer ge- nug wird, ſich des Lachens zu enthalten, und verfuͤgt endlich uͤber den ertappten Dieb ei- nige gelinde Peitſchenhiebe. So geht es heute; ſo morgen, und ſo alle uͤbrigen Tage waͤhrend der Dauer der Reiſe; nicht an- ders, als ob man mit lauter Affen und Nar- ren zu thun haͤtte. Ueber unſre diesmalige Fahrt, queer durch den atlantiſchen Ocean, weiß ich nur wenig zu ſagen, wenn ich nicht die nemli- chen Erſcheinungen wiederholen ſoll, deren hundert Reiſebeſchreiber vor mir bereits zur Genuͤge erwaͤhnt haben. Dahin gehoͤrt das Leuchten des Meerwaſſers in manchen dunkeln Naͤchten, das Emporflattern ganzer Rudel von fliegenden Fiſchen, wie wir’s bei uns zu Lande an den Sperlingen zu ſehen gewohnt ſind, und Manches mehr, das ich mit Stillſchweigen uͤbergehe. Dagegen be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/95
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/95>, abgerufen am 25.11.2024.