wir uns nunmehr im Angesichte der soge- nannten "Goldküste" befanden. Hier wird es daher auch an der rechten Stelle seyn, mich über die Art, wie dies Geschäft be- trieben zu werden pflegt, etwas ausführli- cher auszubreiten.
So verschwenderisch hat die Natur hier ihr edelstes Metall verbreitet, daß selbst der Seesand dessen in hinreichender Menge mit sich führt, um die Mühe des Einsam- melns zu vergüten. Wenn daher Vormit- tags die Sonne hoch genug gestiegen ist, um den nackten Negern die Luft-Tempera- tur behäglich zu machen, finden sie sich zu Hunderten am Strande ein; so daß der- selbe oft ganz schwarz von ihnen wimmelt. Dann setzen sie sich, dicht neben dem Ab- lauf der Wellen in's Wasser, und jeder hält eine tiefe hölzerne Schüssel (deren die Schiffe ihnen als Handelswaare zuführen) vor sich zwischen den Knieen, nachdem er sie zuvor voll goldhaltigen Sandes geschöpft. Sie wissen diese Gefäße so geschickt zu dre- hen, daß jede anlaufende Welle darüber hin- spült und etwas von dem leichteren Sande über den Rand mit sich fortschwemmt; während das Metall sich, vermöge seiner natürlichen Schwere, tiefer zu Boden senkt. Dies wird so lange wiederholt, bis der Sand beinahe gänzlich verschwunden ist und
wir uns nunmehr im Angeſichte der ſoge- nannten „Goldkuͤſte‟ befanden. Hier wird es daher auch an der rechten Stelle ſeyn, mich uͤber die Art, wie dies Geſchaͤft be- trieben zu werden pflegt, etwas ausfuͤhrli- cher auszubreiten.
So verſchwenderiſch hat die Natur hier ihr edelſtes Metall verbreitet, daß ſelbſt der Seeſand deſſen in hinreichender Menge mit ſich fuͤhrt, um die Muͤhe des Einſam- melns zu verguͤten. Wenn daher Vormit- tags die Sonne hoch genug geſtiegen iſt, um den nackten Negern die Luft-Tempera- tur behaͤglich zu machen, finden ſie ſich zu Hunderten am Strande ein; ſo daß der- ſelbe oft ganz ſchwarz von ihnen wimmelt. Dann ſetzen ſie ſich, dicht neben dem Ab- lauf der Wellen in’s Waſſer, und jeder haͤlt eine tiefe hoͤlzerne Schuͤſſel (deren die Schiffe ihnen als Handelswaare zufuͤhren) vor ſich zwiſchen den Knieen, nachdem er ſie zuvor voll goldhaltigen Sandes geſchoͤpft. Sie wiſſen dieſe Gefaͤße ſo geſchickt zu dre- hen, daß jede anlaufende Welle daruͤber hin- ſpuͤlt und etwas von dem leichteren Sande uͤber den Rand mit ſich fortſchwemmt; waͤhrend das Metall ſich, vermoͤge ſeiner natuͤrlichen Schwere, tiefer zu Boden ſenkt. Dies wird ſo lange wiederholt, bis der Sand beinahe gaͤnzlich verſchwunden iſt und
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wir uns nunmehr im Angeſichte der ſoge-
nannten „Goldkuͤſte‟ befanden. Hier wird
es daher auch an der rechten Stelle ſeyn,
mich uͤber die Art, wie dies Geſchaͤft be-
trieben zu werden pflegt, etwas ausfuͤhrli-
cher auszubreiten.
So verſchwenderiſch hat die Natur hier
ihr edelſtes Metall verbreitet, daß ſelbſt
der Seeſand deſſen in hinreichender Menge
mit ſich fuͤhrt, um die Muͤhe des Einſam-
melns zu verguͤten. Wenn daher Vormit-
tags die Sonne hoch genug geſtiegen iſt,
um den nackten Negern die Luft-Tempera-
tur behaͤglich zu machen, finden ſie ſich zu
Hunderten am Strande ein; ſo daß der-
ſelbe oft ganz ſchwarz von ihnen wimmelt.
Dann ſetzen ſie ſich, dicht neben dem Ab-
lauf der Wellen in’s Waſſer, und jeder
haͤlt eine tiefe hoͤlzerne Schuͤſſel (deren die
Schiffe ihnen als Handelswaare zufuͤhren)
vor ſich zwiſchen den Knieen, nachdem er ſie
zuvor voll goldhaltigen Sandes geſchoͤpft.
Sie wiſſen dieſe Gefaͤße ſo geſchickt zu dre-
hen, daß jede anlaufende Welle daruͤber hin-
ſpuͤlt und etwas von dem leichteren Sande
uͤber den Rand mit ſich fortſchwemmt;
waͤhrend das Metall ſich, vermoͤge ſeiner
natuͤrlichen Schwere, tiefer zu Boden ſenkt.
Dies wird ſo lange wiederholt, bis der
Sand beinahe gaͤnzlich verſchwunden iſt und
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/60>, abgerufen am 16.02.2025.
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