liche Freude darüber hat. Aber vor 50 Jahren war und galt dieser böse Menschen- handel als ein Gewerbe, wie andre, ohne daß man viel über seine Recht- oder Un- rechtmäßigkeit grübelte. Wer sich dazu brauchen ließ, hatte die Aussicht auf einen harten und beschwerlichen Dienst, aber auch auf leidlichen Gewinn. Barbarische Grau- samkeit gegen die eingekaufte Menschen-La- dung war nicht nothwendiger Weise damit verbunden und fand auch wohl nur in ein- zelnen Fällen statt; auch habe ich, meines Theils, nie dazu gerathen oder geholfen. Freilich stieß mein Auge oft genug auf Rohheit und Härte; aber die waren mir, leider, überall, wohin der Beruf des See- manns mich führte, und nicht bloß auf der Sklaven-Küste, ein nur zu gewohnter An- blick und konnten mir also auch eine Lebens- weise nicht verleiden, mit der ich, schon als Kind und bei meinem ersten Ausfluge in die Welt, vertraut geworden war, und zu der ich also auch jetzt, als Mann, um so unbe- denklicher zurückkehrte.
Zu besserem Verständnisse des Folgenden wird es jedoch erforderlich seyn, einige Worte über die Art und Weise, wie die- ser Negerhandel damals von den Hollän- dern betrieben wurde, im Allgemeinen bei- zubringen.
liche Freude daruͤber hat. Aber vor 50 Jahren war und galt dieſer boͤſe Menſchen- handel als ein Gewerbe, wie andre, ohne daß man viel uͤber ſeine Recht- oder Un- rechtmaͤßigkeit gruͤbelte. Wer ſich dazu brauchen ließ, hatte die Ausſicht auf einen harten und beſchwerlichen Dienſt, aber auch auf leidlichen Gewinn. Barbariſche Grau- ſamkeit gegen die eingekaufte Menſchen-La- dung war nicht nothwendiger Weiſe damit verbunden und fand auch wohl nur in ein- zelnen Faͤllen ſtatt; auch habe ich, meines Theils, nie dazu gerathen oder geholfen. Freilich ſtieß mein Auge oft genug auf Rohheit und Haͤrte; aber die waren mir, leider, uͤberall, wohin der Beruf des See- manns mich fuͤhrte, und nicht bloß auf der Sklaven-Kuͤſte, ein nur zu gewohnter An- blick und konnten mir alſo auch eine Lebens- weiſe nicht verleiden, mit der ich, ſchon als Kind und bei meinem erſten Ausfluge in die Welt, vertraut geworden war, und zu der ich alſo auch jetzt, als Mann, um ſo unbe- denklicher zuruͤckkehrte.
Zu beſſerem Verſtaͤndniſſe des Folgenden wird es jedoch erforderlich ſeyn, einige Worte uͤber die Art und Weiſe, wie die- ſer Negerhandel damals von den Hollaͤn- dern betrieben wurde, im Allgemeinen bei- zubringen.
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liche Freude daruͤber hat. Aber vor 50
Jahren war und galt dieſer boͤſe Menſchen-
handel als ein Gewerbe, wie andre, ohne
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rechtmaͤßigkeit gruͤbelte. Wer ſich dazu
brauchen ließ, hatte die Ausſicht auf einen
harten und beſchwerlichen Dienſt, aber auch
auf leidlichen Gewinn. Barbariſche Grau-
ſamkeit gegen die eingekaufte Menſchen-La-
dung war nicht nothwendiger Weiſe damit
verbunden und fand auch wohl nur in ein-
zelnen Faͤllen ſtatt; auch habe ich, meines
Theils, nie dazu gerathen oder geholfen.
Freilich ſtieß mein Auge oft genug auf
Rohheit und Haͤrte; aber die waren mir,
leider, uͤberall, wohin der Beruf des See-
manns mich fuͤhrte, und nicht bloß auf der
Sklaven-Kuͤſte, ein nur zu gewohnter An-
blick und konnten mir alſo auch eine Lebens-
weiſe nicht verleiden, mit der ich, ſchon als
Kind und bei meinem erſten Ausfluge in die
Welt, vertraut geworden war, und zu der
ich alſo auch jetzt, als Mann, um ſo unbe-
denklicher zuruͤckkehrte.
Zu beſſerem Verſtaͤndniſſe des Folgenden
wird es jedoch erforderlich ſeyn, einige
Worte uͤber die Art und Weiſe, wie die-
ſer Negerhandel damals von den Hollaͤn-
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zubringen.
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/6>, abgerufen am 16.02.2025.
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