Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

Fluß selbst eine Krümmung machte, als ich
es, unter solchen Umständen, doch für rathsam
hielt, hier vor Anker zu gehen, wie sehr
meine neuen Begleiter auch in mich drangen,
noch weiter hinauf bis an ihre Heimath zu
fahren. Da ich dies aber beharrlich wei-
gerte, giengen sie in ihrem Kanot ab und
kamen mir aus dem Gesichte. Jnzwischen
vergieng wohl noch eine Stunde, die ich in
immer gespannterer Erwartung zubrachte, als
plötzlich ein Schuß fiel und gleich darauf ein
gewaltiger Lärm sich erhob. Hiedurch mit
Recht beunruhigt, ließ ich augenblicklich das
Bootsanker aus dem Grunde reissen, das
Fahrzeug seewärts umwenden, und begann
das Weite zu suchen. Gleichzeitig stürzte sich
auch Einer von jenen beiden Negern vom
Ufer herwärts in den Strom, schwamm zu
uns an's Boot und verlangte, aufgenommen
zu werden, indem er immerfort schrie: "Sie
sind da! Sie sind da! und meinen Bruder
haben sie schon in ihrer Gewalt!"

Kaum hatt' ich indeß die Strommündung
erreicht und die Brandung hinter mir, so
füllte sich auch das Seeufer mit einer großen
Anzahl von schwarzen Verfolgern, die mir
eine Menge von Kugeln und Pfeilen nach-
schickten; jedoch ohne Jemand von uns zu
treffen, wogegen aber unsre Segel verschie-
dene Schüsse empfiengen. So kam ich also

Fluß ſelbſt eine Kruͤmmung machte, als ich
es, unter ſolchen Umſtaͤnden, doch fuͤr rathſam
hielt, hier vor Anker zu gehen, wie ſehr
meine neuen Begleiter auch in mich drangen,
noch weiter hinauf bis an ihre Heimath zu
fahren. Da ich dies aber beharrlich wei-
gerte, giengen ſie in ihrem Kanot ab und
kamen mir aus dem Geſichte. Jnzwiſchen
vergieng wohl noch eine Stunde, die ich in
immer geſpannterer Erwartung zubrachte, als
ploͤtzlich ein Schuß fiel und gleich darauf ein
gewaltiger Laͤrm ſich erhob. Hiedurch mit
Recht beunruhigt, ließ ich augenblicklich das
Bootsanker aus dem Grunde reiſſen, das
Fahrzeug ſeewaͤrts umwenden, und begann
das Weite zu ſuchen. Gleichzeitig ſtuͤrzte ſich
auch Einer von jenen beiden Negern vom
Ufer herwaͤrts in den Strom, ſchwamm zu
uns an’s Boot und verlangte, aufgenommen
zu werden, indem er immerfort ſchrie: „Sie
ſind da! Sie ſind da! und meinen Bruder
haben ſie ſchon in ihrer Gewalt!‟

Kaum hatt’ ich indeß die Strommuͤndung
erreicht und die Brandung hinter mir, ſo
fuͤllte ſich auch das Seeufer mit einer großen
Anzahl von ſchwarzen Verfolgern, die mir
eine Menge von Kugeln und Pfeilen nach-
ſchickten; jedoch ohne Jemand von uns zu
treffen, wogegen aber unſre Segel verſchie-
dene Schuͤſſe empfiengen. So kam ich alſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0049" n="45"/>
Fluß &#x017F;elb&#x017F;t eine Kru&#x0364;mmung machte, als ich<lb/>
es, unter &#x017F;olchen Um&#x017F;ta&#x0364;nden, doch fu&#x0364;r rath&#x017F;am<lb/>
hielt, hier vor Anker zu gehen, wie &#x017F;ehr<lb/>
meine neuen Begleiter auch in mich drangen,<lb/>
noch weiter hinauf bis an ihre Heimath zu<lb/>
fahren. Da ich dies aber beharrlich wei-<lb/>
gerte, giengen &#x017F;ie in ihrem Kanot ab und<lb/>
kamen mir aus dem Ge&#x017F;ichte. Jnzwi&#x017F;chen<lb/>
vergieng wohl noch eine Stunde, die ich in<lb/>
immer ge&#x017F;pannterer Erwartung zubrachte, als<lb/>
plo&#x0364;tzlich ein Schuß fiel und gleich darauf ein<lb/>
gewaltiger La&#x0364;rm &#x017F;ich erhob. Hiedurch mit<lb/>
Recht beunruhigt, ließ ich augenblicklich das<lb/>
Bootsanker aus dem Grunde rei&#x017F;&#x017F;en, das<lb/>
Fahrzeug &#x017F;eewa&#x0364;rts umwenden, und begann<lb/>
das Weite zu &#x017F;uchen. Gleichzeitig &#x017F;tu&#x0364;rzte &#x017F;ich<lb/>
auch Einer von jenen beiden Negern vom<lb/>
Ufer herwa&#x0364;rts in den Strom, &#x017F;chwamm zu<lb/>
uns an&#x2019;s Boot und verlangte, aufgenommen<lb/>
zu werden, indem er immerfort &#x017F;chrie: &#x201E;Sie<lb/>
&#x017F;ind da! Sie &#x017F;ind da! und meinen Bruder<lb/>
haben &#x017F;ie &#x017F;chon in ihrer Gewalt!&#x201F;</p><lb/>
        <p>Kaum hatt&#x2019; ich indeß die Strommu&#x0364;ndung<lb/>
erreicht und die Brandung hinter mir, &#x017F;o<lb/>
fu&#x0364;llte &#x017F;ich auch das Seeufer mit einer großen<lb/>
Anzahl von &#x017F;chwarzen Verfolgern, die mir<lb/>
eine Menge von Kugeln und Pfeilen nach-<lb/>
&#x017F;chickten; jedoch ohne Jemand von uns zu<lb/>
treffen, wogegen aber un&#x017F;re Segel ver&#x017F;chie-<lb/>
dene Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e empfiengen. So kam ich al&#x017F;o<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0049] Fluß ſelbſt eine Kruͤmmung machte, als ich es, unter ſolchen Umſtaͤnden, doch fuͤr rathſam hielt, hier vor Anker zu gehen, wie ſehr meine neuen Begleiter auch in mich drangen, noch weiter hinauf bis an ihre Heimath zu fahren. Da ich dies aber beharrlich wei- gerte, giengen ſie in ihrem Kanot ab und kamen mir aus dem Geſichte. Jnzwiſchen vergieng wohl noch eine Stunde, die ich in immer geſpannterer Erwartung zubrachte, als ploͤtzlich ein Schuß fiel und gleich darauf ein gewaltiger Laͤrm ſich erhob. Hiedurch mit Recht beunruhigt, ließ ich augenblicklich das Bootsanker aus dem Grunde reiſſen, das Fahrzeug ſeewaͤrts umwenden, und begann das Weite zu ſuchen. Gleichzeitig ſtuͤrzte ſich auch Einer von jenen beiden Negern vom Ufer herwaͤrts in den Strom, ſchwamm zu uns an’s Boot und verlangte, aufgenommen zu werden, indem er immerfort ſchrie: „Sie ſind da! Sie ſind da! und meinen Bruder haben ſie ſchon in ihrer Gewalt!‟ Kaum hatt’ ich indeß die Strommuͤndung erreicht und die Brandung hinter mir, ſo fuͤllte ſich auch das Seeufer mit einer großen Anzahl von ſchwarzen Verfolgern, die mir eine Menge von Kugeln und Pfeilen nach- ſchickten; jedoch ohne Jemand von uns zu treffen, wogegen aber unſre Segel verſchie- dene Schuͤſſe empfiengen. So kam ich alſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/49
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/49>, abgerufen am 22.11.2024.