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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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Nun gab es unzählige Fragen und Er-
kundigungen gegen einander auszuwechseln,
die mir seine mancherlei Glückswechsel, seine
Verschlagung nach Nordamerika und sein
schnelles Steigen im Seedienst der jungen
Republik erklärten. Er drang in mich, am
Nachmittage zu ihm an Bord zu kommen,
wohin er mich abholen lassen wolle. Dagegen
berichtete ich ihm, daß uns das Ohngefähr
dermalen zu nahen Nachbarn gemacht, und
bestand darauf, daß es ihm, dem Jüngeren,
wohl geziemen würde, mir den ersten Besuch
zu machen. Auch hätte ich ein Schiff unter
den Füßen, auf welchem ich mich nicht schä-
men dürfte, einen so lieben Gast zu empfan-
gen. Er gab mir Recht, und versprach, bei
mir zu erscheinen.

Jn der That legte seine Schaluppe, mit
12 ausgeputzten Ruderern versehen, zur be-
stimmten Zeit an meine Seite, und er kam,
von Einigen seiner Officiere begleitet, zu mir
an Bord, wo das Verdeck zum Theil mit,
in der Ausladung begriffenen Eisenstangen
angefüllt lag; so wie denn überhaupt mein
Schiff einwenig tief gieng. Kaum angekommen,
machte er hierüber seine Bemerkung, und
rief: "Mein Gott, Freund, wie können Sie
doch Jhr Leben auf so einem Kasten wagen?"
-- Jch will nicht läugnen, daß dieser Hoch-
muth (wofür ich es hielt) mich einwenig ver-

droß,

Nun gab es unzaͤhlige Fragen und Er-
kundigungen gegen einander auszuwechſeln,
die mir ſeine mancherlei Gluͤckswechſel, ſeine
Verſchlagung nach Nordamerika und ſein
ſchnelles Steigen im Seedienſt der jungen
Republik erklaͤrten. Er drang in mich, am
Nachmittage zu ihm an Bord zu kommen,
wohin er mich abholen laſſen wolle. Dagegen
berichtete ich ihm, daß uns das Ohngefaͤhr
dermalen zu nahen Nachbarn gemacht, und
beſtand darauf, daß es ihm, dem Juͤngeren,
wohl geziemen wuͤrde, mir den erſten Beſuch
zu machen. Auch haͤtte ich ein Schiff unter
den Fuͤßen, auf welchem ich mich nicht ſchaͤ-
men duͤrfte, einen ſo lieben Gaſt zu empfan-
gen. Er gab mir Recht, und verſprach, bei
mir zu erſcheinen.

Jn der That legte ſeine Schaluppe, mit
12 ausgeputzten Ruderern verſehen, zur be-
ſtimmten Zeit an meine Seite, und er kam,
von Einigen ſeiner Officiere begleitet, zu mir
an Bord, wo das Verdeck zum Theil mit,
in der Ausladung begriffenen Eiſenſtangen
angefuͤllt lag; ſo wie denn uͤberhaupt mein
Schiff einwenig tief gieng. Kaum angekommen,
machte er hieruͤber ſeine Bemerkung, und
rief: „Mein Gott, Freund, wie koͤnnen Sie
doch Jhr Leben auf ſo einem Kaſten wagen?‟
— Jch will nicht laͤugnen, daß dieſer Hoch-
muth (wofuͤr ich es hielt) mich einwenig ver-

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[240/0244] Nun gab es unzaͤhlige Fragen und Er- kundigungen gegen einander auszuwechſeln, die mir ſeine mancherlei Gluͤckswechſel, ſeine Verſchlagung nach Nordamerika und ſein ſchnelles Steigen im Seedienſt der jungen Republik erklaͤrten. Er drang in mich, am Nachmittage zu ihm an Bord zu kommen, wohin er mich abholen laſſen wolle. Dagegen berichtete ich ihm, daß uns das Ohngefaͤhr dermalen zu nahen Nachbarn gemacht, und beſtand darauf, daß es ihm, dem Juͤngeren, wohl geziemen wuͤrde, mir den erſten Beſuch zu machen. Auch haͤtte ich ein Schiff unter den Fuͤßen, auf welchem ich mich nicht ſchaͤ- men duͤrfte, einen ſo lieben Gaſt zu empfan- gen. Er gab mir Recht, und verſprach, bei mir zu erſcheinen. Jn der That legte ſeine Schaluppe, mit 12 ausgeputzten Ruderern verſehen, zur be- ſtimmten Zeit an meine Seite, und er kam, von Einigen ſeiner Officiere begleitet, zu mir an Bord, wo das Verdeck zum Theil mit, in der Ausladung begriffenen Eiſenſtangen angefuͤllt lag; ſo wie denn uͤberhaupt mein Schiff einwenig tief gieng. Kaum angekommen, machte er hieruͤber ſeine Bemerkung, und rief: „Mein Gott, Freund, wie koͤnnen Sie doch Jhr Leben auf ſo einem Kaſten wagen?‟ — Jch will nicht laͤugnen, daß dieſer Hoch- muth (wofuͤr ich es hielt) mich einwenig ver- droß,

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/244>, abgerufen am 24.11.2024.