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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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Licht gebracht werden, und als ich damit den
Kompaß beleuchtete, ersah ich mit Todes-
schrecken, daß das Schiff gegen Südosten,
gerade auf die Küste zu, anlag. Ohne einen
Augenblick zu verlieren, griff ich zur Ruder-
pinne; wandte das Schiff durch Süden nach
Westen, und ließ gleich darauf das Bleiloth
auswerfen, welches mehr nicht, als vier
Klafter Tiefe, anzeigte. So lag es denn
am Tage, daß wir nur noch ein paar Mi-
nuten länger in jenem verkehrten Kurs hätten
fortsteuern dürfen, und wir wären ohne
Rettung auf den Strand gegangen, wo wir
vielleicht Schiff, Leib und Leben eingebüßt
hätten.

Aber auch jetzt noch blieb es für die
ersten Augenblicke zweifelhaft, ob all unsre
Anstrengungen uns aus dieser dringenden
Gefahr wieder loshelfen würden. Sobald
ich jedoch endlich diese glückliche Ueberzeu-
gung gewonnen hatte, schien es mir nöthig,
ein Beispiel zu statuiren. Jch holte den Tau-
genichts von Steuermann bei den Haaren
aus seiner Kammer hervor; trat und stampfte
ihn mit Füßen, wie er's verdient hatte, und
hielt zugleich auch der übrigen Mannschaft
eine Strafpredigt, woran sie sich spiegeln
und meinen Ernst abnehmen mochte. Was
es aber fruchten werde, mußte ich dahinge-
stellt seyn lassen.

Licht gebracht werden, und als ich damit den
Kompaß beleuchtete, erſah ich mit Todes-
ſchrecken, daß das Schiff gegen Suͤdoſten,
gerade auf die Kuͤſte zu, anlag. Ohne einen
Augenblick zu verlieren, griff ich zur Ruder-
pinne; wandte das Schiff durch Suͤden nach
Weſten, und ließ gleich darauf das Bleiloth
auswerfen, welches mehr nicht, als vier
Klafter Tiefe, anzeigte. So lag es denn
am Tage, daß wir nur noch ein paar Mi-
nuten laͤnger in jenem verkehrten Kurs haͤtten
fortſteuern duͤrfen, und wir waͤren ohne
Rettung auf den Strand gegangen, wo wir
vielleicht Schiff, Leib und Leben eingebuͤßt
haͤtten.

Aber auch jetzt noch blieb es fuͤr die
erſten Augenblicke zweifelhaft, ob all unſre
Anſtrengungen uns aus dieſer dringenden
Gefahr wieder loshelfen wuͤrden. Sobald
ich jedoch endlich dieſe gluͤckliche Ueberzeu-
gung gewonnen hatte, ſchien es mir noͤthig,
ein Beiſpiel zu ſtatuiren. Jch holte den Tau-
genichts von Steuermann bei den Haaren
aus ſeiner Kammer hervor; trat und ſtampfte
ihn mit Fuͤßen, wie er’s verdient hatte, und
hielt zugleich auch der uͤbrigen Mannſchaft
eine Strafpredigt, woran ſie ſich ſpiegeln
und meinen Ernſt abnehmen mochte. Was
es aber fruchten werde, mußte ich dahinge-
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[216/0220] Licht gebracht werden, und als ich damit den Kompaß beleuchtete, erſah ich mit Todes- ſchrecken, daß das Schiff gegen Suͤdoſten, gerade auf die Kuͤſte zu, anlag. Ohne einen Augenblick zu verlieren, griff ich zur Ruder- pinne; wandte das Schiff durch Suͤden nach Weſten, und ließ gleich darauf das Bleiloth auswerfen, welches mehr nicht, als vier Klafter Tiefe, anzeigte. So lag es denn am Tage, daß wir nur noch ein paar Mi- nuten laͤnger in jenem verkehrten Kurs haͤtten fortſteuern duͤrfen, und wir waͤren ohne Rettung auf den Strand gegangen, wo wir vielleicht Schiff, Leib und Leben eingebuͤßt haͤtten. Aber auch jetzt noch blieb es fuͤr die erſten Augenblicke zweifelhaft, ob all unſre Anſtrengungen uns aus dieſer dringenden Gefahr wieder loshelfen wuͤrden. Sobald ich jedoch endlich dieſe gluͤckliche Ueberzeu- gung gewonnen hatte, ſchien es mir noͤthig, ein Beiſpiel zu ſtatuiren. Jch holte den Tau- genichts von Steuermann bei den Haaren aus ſeiner Kammer hervor; trat und ſtampfte ihn mit Fuͤßen, wie er’s verdient hatte, und hielt zugleich auch der uͤbrigen Mannſchaft eine Strafpredigt, woran ſie ſich ſpiegeln und meinen Ernſt abnehmen mochte. Was es aber fruchten werde, mußte ich dahinge- ſtellt ſeyn laſſen.

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/220>, abgerufen am 24.11.2024.