Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

Forderung nach Fug und Billigkeit auszu-
mitteln. Er strich sein Geld ein; und als
er demnächst auf eine bescheidene Weise be-
merkt hatte, daß er während mehrerer Tage
ungewöhnlich viel Noth und Mühe an mei-
nem Borde ausgestanden, um sich vielleicht
Rechnung auf eine ausserordentliche Vergü-
tung machen zu können, unterbrach ich ihn
durch die Erklärung: "Das ist allerdings
wahr, Herr Schweiger. Geben sie dem Manne
noch zwei Dukaten, als williges Anerkenntniß
seiner Treue und angestrengten Fleißes." --
Der Lootse bedankte sich; und das war ab-
gethan.

Nun aber kam auch die Reihe an den
alten Fischer von Enkhuizen. "Sagt an,
Vater, was habt Jhr verdient?" fragte mein
Bevollmächtigter. Der Kerl setzte sich aber-
mals in Positur, und ließ sich vernehmen:
"Mynheer, ich habe ein Schiff gerettet, das,
"wie ich weiß, eine Million werth ist, und
"dessen Kapitain eine Fracht von huudert-
"tausend Gulden macht. Derowegen ver-
"lange ich nicht mehr und nicht weniger, als
"funfzehnhundert Gulden an Lootsen-
"gebühr; und ich hoffe, die sollen mir
"werden."

Jch lachte dem alten Knaben in's Ange-
sicht, und fragte: ob er sich vielleicht nur
versprochen und fünf oder funfzehn Gulden

Forderung nach Fug und Billigkeit auszu-
mitteln. Er ſtrich ſein Geld ein; und als
er demnaͤchſt auf eine beſcheidene Weiſe be-
merkt hatte, daß er waͤhrend mehrerer Tage
ungewoͤhnlich viel Noth und Muͤhe an mei-
nem Borde ausgeſtanden, um ſich vielleicht
Rechnung auf eine auſſerordentliche Verguͤ-
tung machen zu koͤnnen, unterbrach ich ihn
durch die Erklaͤrung: „Das iſt allerdings
wahr, Herr Schweiger. Geben ſie dem Manne
noch zwei Dukaten, als williges Anerkenntniß
ſeiner Treue und angeſtrengten Fleißes.‟ —
Der Lootſe bedankte ſich; und das war ab-
gethan.

Nun aber kam auch die Reihe an den
alten Fiſcher von Enkhuizen. „Sagt an,
Vater, was habt Jhr verdient?‟ fragte mein
Bevollmaͤchtigter. Der Kerl ſetzte ſich aber-
mals in Poſitur, und ließ ſich vernehmen:
„Mynheer, ich habe ein Schiff gerettet, das,
„wie ich weiß, eine Million werth iſt, und
„deſſen Kapitain eine Fracht von huudert-
„tauſend Gulden macht. Derowegen ver-
„lange ich nicht mehr und nicht weniger, als
funfzehnhundert Gulden an Lootſen-
„gebuͤhr; und ich hoffe, die ſollen mir
„werden.‟

Jch lachte dem alten Knaben in’s Ange-
ſicht, und fragte: ob er ſich vielleicht nur
verſprochen und fuͤnf oder funfzehn Gulden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0195" n="191"/>
Forderung nach Fug und Billigkeit auszu-<lb/>
mitteln. Er &#x017F;trich &#x017F;ein Geld ein; und als<lb/>
er demna&#x0364;ch&#x017F;t auf eine be&#x017F;cheidene Wei&#x017F;e be-<lb/>
merkt hatte, daß er wa&#x0364;hrend mehrerer Tage<lb/>
ungewo&#x0364;hnlich viel Noth und Mu&#x0364;he an mei-<lb/>
nem Borde ausge&#x017F;tanden, um &#x017F;ich vielleicht<lb/>
Rechnung auf eine au&#x017F;&#x017F;erordentliche Vergu&#x0364;-<lb/>
tung machen zu ko&#x0364;nnen, unterbrach ich ihn<lb/>
durch die Erkla&#x0364;rung: &#x201E;Das i&#x017F;t allerdings<lb/>
wahr, Herr Schweiger. Geben &#x017F;ie dem Manne<lb/>
noch zwei Dukaten, als williges Anerkenntniß<lb/>
&#x017F;einer Treue und ange&#x017F;trengten Fleißes.&#x201F; &#x2014;<lb/>
Der Loot&#x017F;e bedankte &#x017F;ich; und das war ab-<lb/>
gethan.</p><lb/>
        <p>Nun aber kam auch die Reihe an den<lb/>
alten Fi&#x017F;cher von Enkhuizen. &#x201E;Sagt an,<lb/>
Vater, was habt Jhr verdient?&#x201F; fragte mein<lb/>
Bevollma&#x0364;chtigter. Der Kerl &#x017F;etzte &#x017F;ich aber-<lb/>
mals in Po&#x017F;itur, und ließ &#x017F;ich vernehmen:<lb/>
&#x201E;Mynheer, ich habe ein Schiff gerettet, das,<lb/>
&#x201E;wie ich weiß, eine Million werth i&#x017F;t, und<lb/>
&#x201E;de&#x017F;&#x017F;en Kapitain eine Fracht von huudert-<lb/>
&#x201E;tau&#x017F;end Gulden macht. Derowegen ver-<lb/>
&#x201E;lange ich nicht mehr und nicht weniger, als<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">funfzehnhundert</hi> Gulden an Loot&#x017F;en-<lb/>
&#x201E;gebu&#x0364;hr; und ich hoffe, <hi rendition="#g">die</hi> &#x017F;ollen mir<lb/>
&#x201E;werden.&#x201F;</p><lb/>
        <p>Jch lachte dem alten Knaben in&#x2019;s Ange-<lb/>
&#x017F;icht, und fragte: ob er &#x017F;ich vielleicht nur<lb/>
ver&#x017F;prochen und fu&#x0364;nf oder funfzehn Gulden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0195] Forderung nach Fug und Billigkeit auszu- mitteln. Er ſtrich ſein Geld ein; und als er demnaͤchſt auf eine beſcheidene Weiſe be- merkt hatte, daß er waͤhrend mehrerer Tage ungewoͤhnlich viel Noth und Muͤhe an mei- nem Borde ausgeſtanden, um ſich vielleicht Rechnung auf eine auſſerordentliche Verguͤ- tung machen zu koͤnnen, unterbrach ich ihn durch die Erklaͤrung: „Das iſt allerdings wahr, Herr Schweiger. Geben ſie dem Manne noch zwei Dukaten, als williges Anerkenntniß ſeiner Treue und angeſtrengten Fleißes.‟ — Der Lootſe bedankte ſich; und das war ab- gethan. Nun aber kam auch die Reihe an den alten Fiſcher von Enkhuizen. „Sagt an, Vater, was habt Jhr verdient?‟ fragte mein Bevollmaͤchtigter. Der Kerl ſetzte ſich aber- mals in Poſitur, und ließ ſich vernehmen: „Mynheer, ich habe ein Schiff gerettet, das, „wie ich weiß, eine Million werth iſt, und „deſſen Kapitain eine Fracht von huudert- „tauſend Gulden macht. Derowegen ver- „lange ich nicht mehr und nicht weniger, als „funfzehnhundert Gulden an Lootſen- „gebuͤhr; und ich hoffe, die ſollen mir „werden.‟ Jch lachte dem alten Knaben in’s Ange- ſicht, und fragte: ob er ſich vielleicht nur verſprochen und fuͤnf oder funfzehn Gulden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/195
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/195>, abgerufen am 22.11.2024.