Nun bestand er darauf, mit mir in meine Kajüte zu gehen, um mich unter vier Augen zu sprechen. -- "Das kann ich jetzt nicht;" versetzte ich, kurz angebunden. -- "Mein Schiff ist im Laviren begriffen. Jch muß auf dem Deck bleiben und es im Auge be- halten. Binnen einer Stunde gehe ich zwi- schen Eurer Flotte vor Anker; und dann wird es noch Zeit seyn, Euch in Allem, was Noth thut, Rede zu stehen." -- "Wie? "Jhr wollt nicht gleich diesen Augenblick in die Kajüte kommen?" -- "Jetzt sicherlich nicht." -- Da ward das Bürschchen hitzig; griff nach der Plempe, die es an der Seite hängen hatte; zog blank, und versetzte mir damit flach einen Streich über die Schulter.
Hui! das war ein Funke in eine offne Pul- vertonne! Denn im nemlichen Augenblick auch packte meine Faust das Sprachrohr, das neben mir stand, und legte es ihm so unsanft zwischen Kopf und Schulter, daß das untere Ende desselben über Bord flog und ich das bloße Mundstück in der Hand be- hielt. Zugleich griff ich ihm in das Gefäß seines Degens; rang ihm denselben aus der Hand; packte ihn unsäuberlich am Kragen und schob ihn über Bord die Treppe hinab, so daß er schwerlich selbst gewußt hat, wie er in seine Schaluppe gekommen seyn mag. Dann langte ich ihm seine vergessene Klinge
Nun beſtand er darauf, mit mir in meine Kajuͤte zu gehen, um mich unter vier Augen zu ſprechen. — „Das kann ich jetzt nicht;‟ verſetzte ich, kurz angebunden. — „Mein Schiff iſt im Laviren begriffen. Jch muß auf dem Deck bleiben und es im Auge be- halten. Binnen einer Stunde gehe ich zwi- ſchen Eurer Flotte vor Anker; und dann wird es noch Zeit ſeyn, Euch in Allem, was Noth thut, Rede zu ſtehen.‟ — „Wie? „Jhr wollt nicht gleich dieſen Augenblick in die Kajuͤte kommen?‟ — „Jetzt ſicherlich nicht.‟ — Da ward das Buͤrſchchen hitzig; griff nach der Plempe, die es an der Seite haͤngen hatte; zog blank, und verſetzte mir damit flach einen Streich uͤber die Schulter.
Hui! das war ein Funke in eine offne Pul- vertonne! Denn im nemlichen Augenblick auch packte meine Fauſt das Sprachrohr, das neben mir ſtand, und legte es ihm ſo unſanft zwiſchen Kopf und Schulter, daß das untere Ende deſſelben uͤber Bord flog und ich das bloße Mundſtuͤck in der Hand be- hielt. Zugleich griff ich ihm in das Gefaͤß ſeines Degens; rang ihm denſelben aus der Hand; packte ihn unſaͤuberlich am Kragen und ſchob ihn uͤber Bord die Treppe hinab, ſo daß er ſchwerlich ſelbſt gewußt hat, wie er in ſeine Schaluppe gekommen ſeyn mag. Dann langte ich ihm ſeine vergeſſene Klinge
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Nun beſtand er darauf, mit mir in meine
Kajuͤte zu gehen, um mich unter vier Augen
zu ſprechen. — „Das kann ich jetzt nicht;‟
verſetzte ich, kurz angebunden. — „Mein
Schiff iſt im Laviren begriffen. Jch muß
auf dem Deck bleiben und es im Auge be-
halten. Binnen einer Stunde gehe ich zwi-
ſchen Eurer Flotte vor Anker; und dann
wird es noch Zeit ſeyn, Euch in Allem, was
Noth thut, Rede zu ſtehen.‟ — „Wie? „Jhr
wollt nicht gleich dieſen Augenblick in die Kajuͤte
kommen?‟ — „Jetzt ſicherlich nicht.‟ — Da
ward das Buͤrſchchen hitzig; griff nach der
Plempe, die es an der Seite haͤngen hatte;
zog blank, und verſetzte mir damit flach einen
Streich uͤber die Schulter.
Hui! das war ein Funke in eine offne Pul-
vertonne! Denn im nemlichen Augenblick
auch packte meine Fauſt das Sprachrohr,
das neben mir ſtand, und legte es ihm ſo
unſanft zwiſchen Kopf und Schulter, daß das
untere Ende deſſelben uͤber Bord flog und
ich das bloße Mundſtuͤck in der Hand be-
hielt. Zugleich griff ich ihm in das Gefaͤß
ſeines Degens; rang ihm denſelben aus der
Hand; packte ihn unſaͤuberlich am Kragen
und ſchob ihn uͤber Bord die Treppe hinab,
ſo daß er ſchwerlich ſelbſt gewußt hat, wie
er in ſeine Schaluppe gekommen ſeyn mag.
Dann langte ich ihm ſeine vergeſſene Klinge
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/185>, abgerufen am 16.02.2025.
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