Während dieser Zeit suchte ein holländi- scher Schiffs-Kapitain, Namens Klock, mich an meinem Borde auf, um mich zu ersuchen, daß ich ihn, sammt seinem Schiffsvolk, aus 14 Köpfen bestehend, als Passagiere mit mir nach Holland nehmen möchte. Da ich sein gutes und rechtliches Wesen erkannte, so gestand ich ihm nicht nur sein Gesuch von Herzen gerne zu, sondern erbot mich auch, da er mir unterweges von mannichfachem Nutzen seyn konnte, ihm und seinen Leuten, von nun an, bis zu unsrer Ankunft in Am- sterdam, die freie Kost, so gut ich sie selber hätte, zu reichen. Freilich war das Men- schen- und Christen-Pflicht; aber auch mein Patriotismus kam hier auf eine wunder- liche Weise mit in's Spiel, weil ich nicht schlechter an den armen Leuten handeln wollte, als -- der Kaiser von Marocko ge- than hatte. Dies hieng nemlich folgender Gestalt in einander, wie ich es hier aus des Kapitains jetzigem Berichte und seinen spä- teren Erzählungen während der Reise, in's Kurze zusammendränge.
Kapitain Klock, der in Amsterdam zu Hause gehörte, und dessen Schiff nach den kanarischen Jnseln bestimmt war, fand es, zufolge der damaligen politischen Conjunctu- ren, auch für rathsamer, lieber unter der Preussischen, als unter seiner vaterländischen
Waͤhrend dieſer Zeit ſuchte ein hollaͤndi- ſcher Schiffs-Kapitain, Namens Klock, mich an meinem Borde auf, um mich zu erſuchen, daß ich ihn, ſammt ſeinem Schiffsvolk, aus 14 Koͤpfen beſtehend, als Paſſagiere mit mir nach Holland nehmen moͤchte. Da ich ſein gutes und rechtliches Weſen erkannte, ſo geſtand ich ihm nicht nur ſein Geſuch von Herzen gerne zu, ſondern erbot mich auch, da er mir unterweges von mannichfachem Nutzen ſeyn konnte, ihm und ſeinen Leuten, von nun an, bis zu unſrer Ankunft in Am- ſterdam, die freie Koſt, ſo gut ich ſie ſelber haͤtte, zu reichen. Freilich war das Men- ſchen- und Chriſten-Pflicht; aber auch mein Patriotismus kam hier auf eine wunder- liche Weiſe mit in’s Spiel, weil ich nicht ſchlechter an den armen Leuten handeln wollte, als — der Kaiſer von Marocko ge- than hatte. Dies hieng nemlich folgender Geſtalt in einander, wie ich es hier aus des Kapitains jetzigem Berichte und ſeinen ſpaͤ- teren Erzaͤhlungen waͤhrend der Reiſe, in’s Kurze zuſammendraͤnge.
Kapitain Klock, der in Amſterdam zu Hauſe gehoͤrte, und deſſen Schiff nach den kanariſchen Jnſeln beſtimmt war, fand es, zufolge der damaligen politiſchen Conjunctu- ren, auch fuͤr rathſamer, lieber unter der Preuſſiſchen, als unter ſeiner vaterlaͤndiſchen
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Waͤhrend dieſer Zeit ſuchte ein hollaͤndi-
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an meinem Borde auf, um mich zu erſuchen,
daß ich ihn, ſammt ſeinem Schiffsvolk, aus
14 Koͤpfen beſtehend, als Paſſagiere mit
mir nach Holland nehmen moͤchte. Da ich
ſein gutes und rechtliches Weſen erkannte,
ſo geſtand ich ihm nicht nur ſein Geſuch von
Herzen gerne zu, ſondern erbot mich auch,
da er mir unterweges von mannichfachem
Nutzen ſeyn konnte, ihm und ſeinen Leuten,
von nun an, bis zu unſrer Ankunft in Am-
ſterdam, die freie Koſt, ſo gut ich ſie ſelber
haͤtte, zu reichen. Freilich war das Men-
ſchen- und Chriſten-Pflicht; aber auch mein
Patriotismus kam hier auf eine wunder-
liche Weiſe mit in’s Spiel, weil ich nicht
ſchlechter an den armen Leuten handeln
wollte, als — der Kaiſer von Marocko ge-
than hatte. Dies hieng nemlich folgender
Geſtalt in einander, wie ich es hier aus des
Kapitains jetzigem Berichte und ſeinen ſpaͤ-
teren Erzaͤhlungen waͤhrend der Reiſe, in’s
Kurze zuſammendraͤnge.
Kapitain Klock, der in Amſterdam zu
Hauſe gehoͤrte, und deſſen Schiff nach den
kanariſchen Jnſeln beſtimmt war, fand es,
zufolge der damaligen politiſchen Conjunctu-
ren, auch fuͤr rathſamer, lieber unter der
Preuſſiſchen, als unter ſeiner vaterlaͤndiſchen
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/176>, abgerufen am 16.02.2025.
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