Wassereimer und Hüte rinnen. Jn wenig Stunden hatte sich Alles toll und voll ge- soffen. Von nun an hatt' es aber auch mit allem Kommando ein Ende. Die Vollzapfe waren wie wüthend und ich und der Steuer- mann unsers Lebens unter ihnen nicht mehr sicher.
Und so gieng es fortan Einen Tag, wie den Andern. Wir Beide mochten zusehen, wie wir konnten, damit das Schiff wenig- stens einigermaassen seinen Kurs hielt. War es auch geradezu nicht Rebellion zu nennen, so blieb es doch ein wüstes Tollmanns-Le- ben, wobei weder gute noch böse Worte an- schlugen und wir paar Vernünftige die größte Gefahr und Noth vor Augen sahen, so oft Segel sollten beigesetzt oder eingenommen werden. Endlich half Gott, wiewohl unter Angst und Schrecken, daß wir bei Cuxhaven, vor der Mündung der Elbe, anlangten. Ge- rade hier aber konnte ich mich auch mit die- sen Menschen unmöglich weiter wagen, da man in den Engen des Stromes immer- fort zu laviren hatte oder die Anker fallen lassen mußte. Jch beschloß also, an Land zu gehen und 8 oder 10 tüchtige Menschen an- zunehmen, die mir nach Hamburg hinauf helfen sollten.
Zufällig trat ich in dem Oertchen zu ei- nem Barbier ein, um mich unter sein Scheer-
Waſſereimer und Huͤte rinnen. Jn wenig Stunden hatte ſich Alles toll und voll ge- ſoffen. Von nun an hatt’ es aber auch mit allem Kommando ein Ende. Die Vollzapfe waren wie wuͤthend und ich und der Steuer- mann unſers Lebens unter ihnen nicht mehr ſicher.
Und ſo gieng es fortan Einen Tag, wie den Andern. Wir Beide mochten zuſehen, wie wir konnten, damit das Schiff wenig- ſtens einigermaaſſen ſeinen Kurs hielt. War es auch geradezu nicht Rebellion zu nennen, ſo blieb es doch ein wuͤſtes Tollmanns-Le- ben, wobei weder gute noch boͤſe Worte an- ſchlugen und wir paar Vernuͤnftige die groͤßte Gefahr und Noth vor Augen ſahen, ſo oft Segel ſollten beigeſetzt oder eingenommen werden. Endlich half Gott, wiewohl unter Angſt und Schrecken, daß wir bei Cuxhaven, vor der Muͤndung der Elbe, anlangten. Ge- rade hier aber konnte ich mich auch mit die- ſen Menſchen unmoͤglich weiter wagen, da man in den Engen des Stromes immer- fort zu laviren hatte oder die Anker fallen laſſen mußte. Jch beſchloß alſo, an Land zu gehen und 8 oder 10 tuͤchtige Menſchen an- zunehmen, die mir nach Hamburg hinauf helfen ſollten.
Zufaͤllig trat ich in dem Oertchen zu ei- nem Barbier ein, um mich unter ſein Scheer-
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Waſſereimer und Huͤte rinnen. Jn wenig
Stunden hatte ſich Alles toll und voll ge-
ſoffen. Von nun an hatt’ es aber auch mit
allem Kommando ein Ende. Die Vollzapfe
waren wie wuͤthend und ich und der Steuer-
mann unſers Lebens unter ihnen nicht mehr
ſicher.
Und ſo gieng es fortan Einen Tag, wie
den Andern. Wir Beide mochten zuſehen,
wie wir konnten, damit das Schiff wenig-
ſtens einigermaaſſen ſeinen Kurs hielt. War
es auch geradezu nicht Rebellion zu nennen,
ſo blieb es doch ein wuͤſtes Tollmanns-Le-
ben, wobei weder gute noch boͤſe Worte an-
ſchlugen und wir paar Vernuͤnftige die groͤßte
Gefahr und Noth vor Augen ſahen, ſo oft
Segel ſollten beigeſetzt oder eingenommen
werden. Endlich half Gott, wiewohl unter
Angſt und Schrecken, daß wir bei Cuxhaven,
vor der Muͤndung der Elbe, anlangten. Ge-
rade hier aber konnte ich mich auch mit die-
ſen Menſchen unmoͤglich weiter wagen, da
man in den Engen des Stromes immer-
fort zu laviren hatte oder die Anker fallen
laſſen mußte. Jch beſchloß alſo, an Land zu
gehen und 8 oder 10 tuͤchtige Menſchen an-
zunehmen, die mir nach Hamburg hinauf
helfen ſollten.
Zufaͤllig trat ich in dem Oertchen zu ei-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/161>, abgerufen am 16.02.2025.
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