Mehrmals hätten sie dies bereits auf andern Wegen versucht, aber niemalen Antwort er- halten. Die Papiere möchten wohl nicht in ihre Hände gelangt seyn. -- "Gut, so schreibt denn!" rief ich -- "Aber spudet Euch damit: denn morgen bin ich nicht mehr in Königsberg. Jch logire ..."
Aber aus Sorge, daß ich ihnen ent- schlüpfen möchte, wollten sie mich lieber nicht aus der Stelle lassen und schickten gleich zu einem alten abgedankten Hauptmann, der in Allem ihr Sekretair und Rathgeber zu seyn schien. Der setzte sich denn sofort an das Stück Arbeit, welches mir auch endlich mit der angehängten Bitte überliefert wurde, daß ich es mit einigen Worten zur bessern Empfehlung begleiten und ihrem Kinde treu- lich schildern möchte, in welchem Elend ich sie angetroffen hätte. Jch versprach Alles, was sie wollten, um nur von ihnen loszu- kommen; habe aber fernerhin nie Gelegenheit gefunden, zu erfahren, was weiter aus ihnen geworden und ob sie sich in der Zukunft bes- ser gebettet. Auch von der Tochter ist mir keine fernere Kunde zu Ohren gekommen.
Gleich darauf gieng ich, früh im Jahre 1779, von Pillau als Passagier nach Lon- don, und meldete mich sofort bei den dorti- gen Correspondenten meines neuen Princi- pals und empfieng nun aus deren Händen
Mehrmals haͤtten ſie dies bereits auf andern Wegen verſucht, aber niemalen Antwort er- halten. Die Papiere moͤchten wohl nicht in ihre Haͤnde gelangt ſeyn. — „Gut, ſo ſchreibt denn!‟ rief ich — „Aber ſpudet Euch damit: denn morgen bin ich nicht mehr in Koͤnigsberg. Jch logire …‟
Aber aus Sorge, daß ich ihnen ent- ſchluͤpfen moͤchte, wollten ſie mich lieber nicht aus der Stelle laſſen und ſchickten gleich zu einem alten abgedankten Hauptmann, der in Allem ihr Sekretair und Rathgeber zu ſeyn ſchien. Der ſetzte ſich denn ſofort an das Stuͤck Arbeit, welches mir auch endlich mit der angehaͤngten Bitte uͤberliefert wurde, daß ich es mit einigen Worten zur beſſern Empfehlung begleiten und ihrem Kinde treu- lich ſchildern moͤchte, in welchem Elend ich ſie angetroffen haͤtte. Jch verſprach Alles, was ſie wollten, um nur von ihnen loszu- kommen; habe aber fernerhin nie Gelegenheit gefunden, zu erfahren, was weiter aus ihnen geworden und ob ſie ſich in der Zukunft beſ- ſer gebettet. Auch von der Tochter iſt mir keine fernere Kunde zu Ohren gekommen.
Gleich darauf gieng ich, fruͤh im Jahre 1779, von Pillau als Paſſagier nach Lon- don, und meldete mich ſofort bei den dorti- gen Correſpondenten meines neuen Princi- pals und empfieng nun aus deren Haͤnden
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Mehrmals haͤtten ſie dies bereits auf andern
Wegen verſucht, aber niemalen Antwort er-
halten. Die Papiere moͤchten wohl nicht
in ihre Haͤnde gelangt ſeyn. — „Gut, ſo
ſchreibt denn!‟ rief ich — „Aber ſpudet
Euch damit: denn morgen bin ich nicht mehr
in Koͤnigsberg. Jch logire …‟
Aber aus Sorge, daß ich ihnen ent-
ſchluͤpfen moͤchte, wollten ſie mich lieber nicht
aus der Stelle laſſen und ſchickten gleich zu
einem alten abgedankten Hauptmann, der in
Allem ihr Sekretair und Rathgeber zu ſeyn
ſchien. Der ſetzte ſich denn ſofort an das
Stuͤck Arbeit, welches mir auch endlich mit
der angehaͤngten Bitte uͤberliefert wurde,
daß ich es mit einigen Worten zur beſſern
Empfehlung begleiten und ihrem Kinde treu-
lich ſchildern moͤchte, in welchem Elend ich
ſie angetroffen haͤtte. Jch verſprach Alles,
was ſie wollten, um nur von ihnen loszu-
kommen; habe aber fernerhin nie Gelegenheit
gefunden, zu erfahren, was weiter aus ihnen
geworden und ob ſie ſich in der Zukunft beſ-
ſer gebettet. Auch von der Tochter iſt mir
keine fernere Kunde zu Ohren gekommen.
Gleich darauf gieng ich, fruͤh im Jahre
1779, von Pillau als Paſſagier nach Lon-
don, und meldete mich ſofort bei den dorti-
gen Correſpondenten meines neuen Princi-
pals und empfieng nun aus deren Haͤnden
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/143>, abgerufen am 17.07.2024.
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