Nur begieng ich die Unvorsichtigkeit, dabei unverrückt in die Höhe zu schauen, weil ich auch die Wirksamkeit meines Wasserstrahls beobachten wollte: darüber aber bekam ich die ganze Bescheerung von Wasser, Feuer und Kohlen so prasselnd in's Angesicht zu- rück, daß mir Hören und Sehen vergieng; bis ich, sobald ich mich wieder ein wenig besonnen hatte, das Ding geschickter anfieng und bei den zwei oder drei nächsten Hand- habungen meiner Sprütze die Augen fein abwärts kehrte. Auch hatt' ich die Freude, daß sich bei jedem Zuge das Feuer merklich verminderte.
Nun aber war auch der Eimer geleert! Neue Verlegenheit! Denn das leuchtete mir allerdings wohl ein, daß, wenn ich hinab- stiege, weder ich, noch sonst ein Mensch hier je wieder nach oben gelangte. Jch schrie indeß aus Leibeskräften: "Wasser! Wasser her!" -- bis der vorbenannte Zimmermei- ster die Fallthüre aufschob und mir zurief: "Wasser ist hier: aber wie bekömmst du es nach oben hinauf?" -- "Nur bis über den Glockenstuhl schafft mir's. Da will ich mir's selber langen;" -- war meine Antwort; und so geschah es auch. Jene wagten sich höher und ich kletterte ihnen von Zeit zu Zeit entgegen, um die vollen Wasser-Eimer in Empfang zu nehmen, von denen ich denn
Nur begieng ich die Unvorſichtigkeit, dabei unverruͤckt in die Hoͤhe zu ſchauen, weil ich auch die Wirkſamkeit meines Waſſerſtrahls beobachten wollte: daruͤber aber bekam ich die ganze Beſcheerung von Waſſer, Feuer und Kohlen ſo praſſelnd in’s Angeſicht zu- ruͤck, daß mir Hoͤren und Sehen vergieng; bis ich, ſobald ich mich wieder ein wenig beſonnen hatte, das Ding geſchickter anfieng und bei den zwei oder drei naͤchſten Hand- habungen meiner Spruͤtze die Augen fein abwaͤrts kehrte. Auch hatt’ ich die Freude, daß ſich bei jedem Zuge das Feuer merklich verminderte.
Nun aber war auch der Eimer geleert! Neue Verlegenheit! Denn das leuchtete mir allerdings wohl ein, daß, wenn ich hinab- ſtiege, weder ich, noch ſonſt ein Menſch hier je wieder nach oben gelangte. Jch ſchrie indeß aus Leibeskraͤften: „Waſſer! Waſſer her!‟ — bis der vorbenannte Zimmermei- ſter die Fallthuͤre aufſchob und mir zurief: „Waſſer iſt hier: aber wie bekoͤmmſt du es nach oben hinauf?‟ — „Nur bis uͤber den Glockenſtuhl ſchafft mir’s. Da will ich mir’s ſelber langen;‟ — war meine Antwort; und ſo geſchah es auch. Jene wagten ſich hoͤher und ich kletterte ihnen von Zeit zu Zeit entgegen, um die vollen Waſſer-Eimer in Empfang zu nehmen, von denen ich denn
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Nur begieng ich die Unvorſichtigkeit, dabei
unverruͤckt in die Hoͤhe zu ſchauen, weil ich
auch die Wirkſamkeit meines Waſſerſtrahls
beobachten wollte: daruͤber aber bekam ich
die ganze Beſcheerung von Waſſer, Feuer
und Kohlen ſo praſſelnd in’s Angeſicht zu-
ruͤck, daß mir Hoͤren und Sehen vergieng;
bis ich, ſobald ich mich wieder ein wenig
beſonnen hatte, das Ding geſchickter anfieng
und bei den zwei oder drei naͤchſten Hand-
habungen meiner Spruͤtze die Augen fein
abwaͤrts kehrte. Auch hatt’ ich die Freude,
daß ſich bei jedem Zuge das Feuer merklich
verminderte.
Nun aber war auch der Eimer geleert!
Neue Verlegenheit! Denn das leuchtete mir
allerdings wohl ein, daß, wenn ich hinab-
ſtiege, weder ich, noch ſonſt ein Menſch hier
je wieder nach oben gelangte. Jch ſchrie
indeß aus Leibeskraͤften: „Waſſer! Waſſer
her!‟ — bis der vorbenannte Zimmermei-
ſter die Fallthuͤre aufſchob und mir zurief:
„Waſſer iſt hier: aber wie bekoͤmmſt du es
nach oben hinauf?‟ — „Nur bis uͤber den
Glockenſtuhl ſchafft mir’s. Da will ich mir’s
ſelber langen;‟ — war meine Antwort;
und ſo geſchah es auch. Jene wagten ſich
hoͤher und ich kletterte ihnen von Zeit zu
Zeit entgegen, um die vollen Waſſer-Eimer
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/135>, abgerufen am 17.07.2024.
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