Jetzt wieder (Die Angst und der Eifer gaben mir Flügel!) zum Thurme hinauf! Jn der sogenannten Kunstpfeifer-Stube, die dicht unter der Spitze ist, fand ich bereits mehrere Maurer und Zimmerleute, mit ih- ren Meistern an der Spitze, die indeß Alle nicht recht zu wissen schienen, was hier zu thun oder zu lassen sey. "Lieben Leute," sprach ich, indem ich unter sie trat -- "Hier ist freilich nichts zu beginnen. Wir müssen höher hinauf nach oben. Folgt mir!" -- "Leicht gesagt, aber schwer ge- "than!" antwortete mir der Zimmermeister "Steffen. -- "Wir haben es schon ver- "sucht: aber es geht nicht. Sobald wir "die Fallthüre über uns heben, fällt ein dich- "ter Regen von Flammen und glühenden "Kohlen hernieder und setzt auch hier die "Zimmerung in Brand."
Das war freilich eine schlimme Nach- richt! "Ei, es muß schon etwas drum ge- wagt seyn!" rief ich endlich -- Jch will hinan! Helft mir durch die Lucke. Jch will sehen, was ich thun kann!" -- Sie öffne- ten mir die Fallthüre; ich stieg hindurch, ließ mir einen Eimer voll Wasser und die Handsprütze reichen und -- "Nun die Lucke hinter mir zu, damit das Feuer keinen Zug bekömmt!" befahl ich; und indem sie das thaten, sah ich zu, was oben passirte. Eine
11. Bändchen. (9)
Jetzt wieder (Die Angſt und der Eifer gaben mir Fluͤgel!) zum Thurme hinauf! Jn der ſogenannten Kunſtpfeifer-Stube, die dicht unter der Spitze iſt, fand ich bereits mehrere Maurer und Zimmerleute, mit ih- ren Meiſtern an der Spitze, die indeß Alle nicht recht zu wiſſen ſchienen, was hier zu thun oder zu laſſen ſey. „Lieben Leute,‟ ſprach ich, indem ich unter ſie trat — „Hier iſt freilich nichts zu beginnen. Wir muͤſſen hoͤher hinauf nach oben. Folgt mir!‟ — „Leicht geſagt, aber ſchwer ge- „than!‟ antwortete mir der Zimmermeiſter „Steffen. — „Wir haben es ſchon ver- „ſucht: aber es geht nicht. Sobald wir „die Fallthuͤre uͤber uns heben, faͤllt ein dich- „ter Regen von Flammen und gluͤhenden „Kohlen hernieder und ſetzt auch hier die „Zimmerung in Brand.‟
Das war freilich eine ſchlimme Nach- richt! „Ei, es muß ſchon etwas drum ge- wagt ſeyn!‟ rief ich endlich — Jch will hinan! Helft mir durch die Lucke. Jch will ſehen, was ich thun kann!‟ — Sie oͤffne- ten mir die Fallthuͤre; ich ſtieg hindurch, ließ mir einen Eimer voll Waſſer und die Handſpruͤtze reichen und — „Nun die Lucke hinter mir zu, damit das Feuer keinen Zug bekoͤmmt!‟ befahl ich; und indem ſie das thaten, ſah ich zu, was oben paſſirte. Eine
11. Baͤndchen. (9)
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Jetzt wieder (Die Angſt und der Eifer
gaben mir Fluͤgel!) zum Thurme hinauf!
Jn der ſogenannten Kunſtpfeifer-Stube, die
dicht unter der Spitze iſt, fand ich bereits
mehrere Maurer und Zimmerleute, mit ih-
ren Meiſtern an der Spitze, die indeß Alle
nicht recht zu wiſſen ſchienen, was hier zu
thun oder zu laſſen ſey. „Lieben Leute,‟
ſprach ich, indem ich unter ſie trat —
„Hier iſt freilich nichts zu beginnen. Wir
muͤſſen hoͤher hinauf nach oben. Folgt
mir!‟ — „Leicht geſagt, aber ſchwer ge-
„than!‟ antwortete mir der Zimmermeiſter
„Steffen. — „Wir haben es ſchon ver-
„ſucht: aber es geht nicht. Sobald wir
„die Fallthuͤre uͤber uns heben, faͤllt ein dich-
„ter Regen von Flammen und gluͤhenden
„Kohlen hernieder und ſetzt auch hier die
„Zimmerung in Brand.‟
Das war freilich eine ſchlimme Nach-
richt! „Ei, es muß ſchon etwas drum ge-
wagt ſeyn!‟ rief ich endlich — Jch will
hinan! Helft mir durch die Lucke. Jch will
ſehen, was ich thun kann!‟ — Sie oͤffne-
ten mir die Fallthuͤre; ich ſtieg hindurch,
ließ mir einen Eimer voll Waſſer und die
Handſpruͤtze reichen und — „Nun die Lucke
hinter mir zu, damit das Feuer keinen Zug
bekoͤmmt!‟ befahl ich; und indem ſie das
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11. Baͤndchen. (9)
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/133>, abgerufen am 18.07.2024.
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