Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.Fünf Tage war ich im lieben Vaterhause Diese entschiedene Abneigung des Bür- Fuͤnf Tage war ich im lieben Vaterhauſe Dieſe entſchiedene Abneigung des Buͤr- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0099" n="83"/> <p>Fuͤnf Tage war ich im lieben Vaterhauſe<lb/> lang geweſen und von der Noth kaum wie-<lb/> der ein wenig zur Beſinnung gekommen, als<lb/> ſchon wieder ein neuer Ungluͤcksſtern uͤber<lb/> mir aufgieng. Denn da hieß es: Die Un-<lb/> terofficiere von unſerm Bataillon, welches<lb/> damals ſeine Winter-Quartiere in Torgau<lb/> hatte, haͤtten ſich bei uns eingefunden, um<lb/> friſche Rekruten in dieſem ihrem Canton<lb/> auszuheben. Eine Schreckenszeitung fuͤr alle<lb/> Eltern jener Zeit, ſo wie fuͤr alles junge<lb/> Volk, das eine Flinte ſchleppen konnte und<lb/> nicht mochte!</p><lb/> <p>Dieſe entſchiedene Abneigung des Buͤr-<lb/> gers gegen den Soldatenſtand hatte aber<lb/> auch ihre genugſame Rechtfertigung in der<lb/> heilloſen und unmenſchlichen Art, womit die<lb/> jungen Leute beim Exerziren, zumal von<lb/> den dazu angeſtellten Unterofficieren, behan-<lb/> delt wurden. Unter den Fenſtern ihrer El-<lb/> tern ſelbſt, auf oͤffentlichem Markte, wurden<lb/> ſie von dieſen rohen Menſchen bei ſolchen<lb/> Einuͤbungen mit Schieben, Stoßen und Pruͤ-<lb/> geln auf’s grauſamſte gemißhandelt; — oft<lb/> nur, um ihre neue Autoritaͤt fuͤhlen zu laſ-<lb/> ſen, oft aber auch wohl in der eigennuͤtzigen<lb/> Abſicht, um von den Angehoͤrigen Gaben<lb/> und Geſchenke zu erpreſſen. Es war ein<lb/> klaͤglicher Anblick, wenn die Muͤtter bei ſol-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [83/0099]
Fuͤnf Tage war ich im lieben Vaterhauſe
lang geweſen und von der Noth kaum wie-
der ein wenig zur Beſinnung gekommen, als
ſchon wieder ein neuer Ungluͤcksſtern uͤber
mir aufgieng. Denn da hieß es: Die Un-
terofficiere von unſerm Bataillon, welches
damals ſeine Winter-Quartiere in Torgau
hatte, haͤtten ſich bei uns eingefunden, um
friſche Rekruten in dieſem ihrem Canton
auszuheben. Eine Schreckenszeitung fuͤr alle
Eltern jener Zeit, ſo wie fuͤr alles junge
Volk, das eine Flinte ſchleppen konnte und
nicht mochte!
Dieſe entſchiedene Abneigung des Buͤr-
gers gegen den Soldatenſtand hatte aber
auch ihre genugſame Rechtfertigung in der
heilloſen und unmenſchlichen Art, womit die
jungen Leute beim Exerziren, zumal von
den dazu angeſtellten Unterofficieren, behan-
delt wurden. Unter den Fenſtern ihrer El-
tern ſelbſt, auf oͤffentlichem Markte, wurden
ſie von dieſen rohen Menſchen bei ſolchen
Einuͤbungen mit Schieben, Stoßen und Pruͤ-
geln auf’s grauſamſte gemißhandelt; — oft
nur, um ihre neue Autoritaͤt fuͤhlen zu laſ-
ſen, oft aber auch wohl in der eigennuͤtzigen
Abſicht, um von den Angehoͤrigen Gaben
und Geſchenke zu erpreſſen. Es war ein
klaͤglicher Anblick, wenn die Muͤtter bei ſol-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |