Alles dieses gieng auch nach Wunsch in Erfüllung. Der Kaufmann war willig und bereit, uns in der vorgeschlagenen Weise zu dienen. Binnen acht Tagen gieng auch eine Antwort von Emanuel de Kinder an ihn ein, mit der Anweisung: daß, wenn wir des Net- telbeck's Kinder wären, er uns die hundert Gulden, oder falls wir es verlangten, auch das Zwiefache auf sein Conto vorschiessen möge. Allerdings war das brav von dem Amsterdammer: aber noch heute diesen Tag freut es mich, daß ich diese Wohlthat im Jahre 1783 -- also 27 Jahre nachher -- an seinem Sohne, Florens de Kinder, habe vergelten können, indem ich mich, mit einer reichen Ladung von Lissabon kommend, an diesen adressiren ließ; und gewiß hat er hier- bei, als Correspondent, über 2000 Gulden gewonnen.
Jch war ein so guter Wirth, daß ich mich mit der Hälfte des angebotenen Dar- lehns begnügte; und das um so lieber, da uns der Dünkircher belehrte: Es sey auf die- sem Platze der Brauch, daß Seefahrer, die an der dortigen Küste ihr Schiff verlören, einen Sou (etwa vier Pfennige unsers Gel- des) für eine jede Meile bis nach ihrer Hei- math, als Reisegeld, empfiengen. Zugleich erbot er sich, Jemand von seinen Leuten mit
Alles dieſes gieng auch nach Wunſch in Erfuͤllung. Der Kaufmann war willig und bereit, uns in der vorgeſchlagenen Weiſe zu dienen. Binnen acht Tagen gieng auch eine Antwort von Emanuel de Kinder an ihn ein, mit der Anweiſung: daß, wenn wir des Net- telbeck’s Kinder waͤren, er uns die hundert Gulden, oder falls wir es verlangten, auch das Zwiefache auf ſein Conto vorſchieſſen moͤge. Allerdings war das brav von dem Amſterdammer: aber noch heute dieſen Tag freut es mich, daß ich dieſe Wohlthat im Jahre 1783 — alſo 27 Jahre nachher — an ſeinem Sohne, Florens de Kinder, habe vergelten koͤnnen, indem ich mich, mit einer reichen Ladung von Liſſabon kommend, an dieſen adreſſiren ließ; und gewiß hat er hier- bei, als Correſpondent, uͤber 2000 Gulden gewonnen.
Jch war ein ſo guter Wirth, daß ich mich mit der Haͤlfte des angebotenen Dar- lehns begnuͤgte; und das um ſo lieber, da uns der Duͤnkircher belehrte: Es ſey auf die- ſem Platze der Brauch, daß Seefahrer, die an der dortigen Kuͤſte ihr Schiff verloͤren, einen Sou (etwa vier Pfennige unſers Gel- des) fuͤr eine jede Meile bis nach ihrer Hei- math, als Reiſegeld, empfiengen. Zugleich erbot er ſich, Jemand von ſeinen Leuten mit
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Alles dieſes gieng auch nach Wunſch in
Erfuͤllung. Der Kaufmann war willig und
bereit, uns in der vorgeſchlagenen Weiſe zu
dienen. Binnen acht Tagen gieng auch eine
Antwort von Emanuel de Kinder an ihn ein,
mit der Anweiſung: daß, wenn wir des Net-
telbeck’s Kinder waͤren, er uns die hundert
Gulden, oder falls wir es verlangten, auch
das Zwiefache auf ſein Conto vorſchieſſen
moͤge. Allerdings war das brav von dem
Amſterdammer: aber noch heute dieſen Tag
freut es mich, daß ich dieſe Wohlthat im
Jahre 1783 — alſo 27 Jahre nachher —
an ſeinem Sohne, Florens de Kinder, habe
vergelten koͤnnen, indem ich mich, mit einer
reichen Ladung von Liſſabon kommend, an
dieſen adreſſiren ließ; und gewiß hat er hier-
bei, als Correſpondent, uͤber 2000 Gulden
gewonnen.
Jch war ein ſo guter Wirth, daß ich
mich mit der Haͤlfte des angebotenen Dar-
lehns begnuͤgte; und das um ſo lieber, da
uns der Duͤnkircher belehrte: Es ſey auf die-
ſem Platze der Brauch, daß Seefahrer, die
an der dortigen Kuͤſte ihr Schiff verloͤren,
einen Sou (etwa vier Pfennige unſers Gel-
des) fuͤr eine jede Meile bis nach ihrer Hei-
math, als Reiſegeld, empfiengen. Zugleich
erbot er ſich, Jemand von ſeinen Leuten mit
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/78>, abgerufen am 24.11.2024.
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