Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.selige Nacht zu, und wußten nicht, wo Trost Kaum graute auch nur der Morgen, so ſelige Nacht zu, und wußten nicht, wo Troſt Kaum graute auch nur der Morgen, ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0070" n="54"/> ſelige Nacht zu, und wußten nicht, wo Troſt<lb/> und Huͤlfe zu finden.</p><lb/> <p>Kaum graute auch nur der Morgen, ſo<lb/> machten wir uns wieder nach dem Kloſter<lb/> auf den Weg, wo wir unſern armen Leiden-<lb/> den, unter fortwaͤhrendem Geſtoͤhn und Seuf-<lb/> zen, noch in dem nemlichen Zuſtande, wie<lb/> geſtern, fanden. Was konnten wir abermals<lb/> thun, als um ihn her ſtehen und die Luft<lb/> mit unſern Klagen erfuͤllen? Jndeß hatte<lb/> man uns, auf unſre Nachfrage, verſtaͤndigt,<lb/> daß heute Poſttag ſey; und ſo ließ ich mir<lb/> im Gaſthofe Papier und uͤbrige Zubehoͤr reichen<lb/> und brachte den Reſt des Tages damit zu,<lb/> ſowohl an unſern Schiffs-Rheeder, Herrn<lb/> Becker, als an meine Eltern nach Colberg,<lb/> zu ſchreiben und ihnen Meldung von unſerm<lb/> erlittenen Ungluͤck zu thun. Die Briefe wur-<lb/> den verſiegelt; und am naͤchſten Morgen ſtan-<lb/> den wir wiederum, von Herzen betruͤbt, am<lb/> Bette unſers Kranken, ohne daß wir eine<lb/> merkliche Veraͤnderung an ihm ſpuͤrten. Jch<lb/> beugte mich indeß dicht zu ſeinem Ohre und<lb/> verſuchte die Frage: „Lieber Vatersbruder,<lb/> ſollen wir auch nach Colberg ſchreiben?‟ —<lb/> Er hatte mich verſtanden: denn er ſchuͤttelte<lb/> mit dem Kopfe, als ob er Nein! ſagen wollte.<lb/> So ſchwach auch dieſer Hoffnungsſtrahl ſeiner<lb/> wiederkehrenden Beſinnung war, ſo erfuͤllte<lb/> er mich doch mit Muth, daß wohl noch Al-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [54/0070]
ſelige Nacht zu, und wußten nicht, wo Troſt
und Huͤlfe zu finden.
Kaum graute auch nur der Morgen, ſo
machten wir uns wieder nach dem Kloſter
auf den Weg, wo wir unſern armen Leiden-
den, unter fortwaͤhrendem Geſtoͤhn und Seuf-
zen, noch in dem nemlichen Zuſtande, wie
geſtern, fanden. Was konnten wir abermals
thun, als um ihn her ſtehen und die Luft
mit unſern Klagen erfuͤllen? Jndeß hatte
man uns, auf unſre Nachfrage, verſtaͤndigt,
daß heute Poſttag ſey; und ſo ließ ich mir
im Gaſthofe Papier und uͤbrige Zubehoͤr reichen
und brachte den Reſt des Tages damit zu,
ſowohl an unſern Schiffs-Rheeder, Herrn
Becker, als an meine Eltern nach Colberg,
zu ſchreiben und ihnen Meldung von unſerm
erlittenen Ungluͤck zu thun. Die Briefe wur-
den verſiegelt; und am naͤchſten Morgen ſtan-
den wir wiederum, von Herzen betruͤbt, am
Bette unſers Kranken, ohne daß wir eine
merkliche Veraͤnderung an ihm ſpuͤrten. Jch
beugte mich indeß dicht zu ſeinem Ohre und
verſuchte die Frage: „Lieber Vatersbruder,
ſollen wir auch nach Colberg ſchreiben?‟ —
Er hatte mich verſtanden: denn er ſchuͤttelte
mit dem Kopfe, als ob er Nein! ſagen wollte.
So ſchwach auch dieſer Hoffnungsſtrahl ſeiner
wiederkehrenden Beſinnung war, ſo erfuͤllte
er mich doch mit Muth, daß wohl noch Al-
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