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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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und Tauen, bis es uns endlich erbarmte und
wir das treue Geschöpf wieder an Bord
nahmen.

So schlich die Mitternacht heran, wo uns
bedäuchtete, daß nunmehr die Ebbezeit wohl
abgelaufen seyn müßte. Jetzt also befanden
wir uns dem Strande am nächsten, der,
unsrer Schätzung nach, zwei- oder dreihun-
dert Schritte entfernt seyn mochte; und so
war es denn auch an der höchsten Zeit, Al-
les aufzubieten, um, wo möglich, lebendig an
Land zu kommen, bevor die Fluth wieder
stiege, deren Gewalt ohnehin das Schiff nicht
mehr ausdauern konnte, ohne gänzlich in
Trümmern zu gehen. Es mußte gewagt
seyn! So wie demnach Eine Sturzwelle nach
der Andern sich zu uns heranwälzte, so sprang
auch, der Reihe nach, Jemand von uns über
Bord und ward sogleich mit der Brandung
gegen das Ufer hin getrieben, wo die Men-
schen, uns aufzufangen und aufs Trockne
zu bringen, bereit standen.

Jch, sammt meinem Bruder und dem
Sohn meines Oheims -- wir waren die
Letzten, die, um den Röchelnden her, mit
den Armen fest verschlungen, dies Alles vom
Kajüten-Deck mit ansahen, aber uns nicht
entschliessen konnten, dies theure Jammerbild
dahinten zu lassen. Wir schrieen, wir wim-

und Tauen, bis es uns endlich erbarmte und
wir das treue Geſchoͤpf wieder an Bord
nahmen.

So ſchlich die Mitternacht heran, wo uns
bedaͤuchtete, daß nunmehr die Ebbezeit wohl
abgelaufen ſeyn muͤßte. Jetzt alſo befanden
wir uns dem Strande am naͤchſten, der,
unſrer Schaͤtzung nach, zwei- oder dreihun-
dert Schritte entfernt ſeyn mochte; und ſo
war es denn auch an der hoͤchſten Zeit, Al-
les aufzubieten, um, wo moͤglich, lebendig an
Land zu kommen, bevor die Fluth wieder
ſtiege, deren Gewalt ohnehin das Schiff nicht
mehr ausdauern konnte, ohne gaͤnzlich in
Truͤmmern zu gehen. Es mußte gewagt
ſeyn! So wie demnach Eine Sturzwelle nach
der Andern ſich zu uns heranwaͤlzte, ſo ſprang
auch, der Reihe nach, Jemand von uns uͤber
Bord und ward ſogleich mit der Brandung
gegen das Ufer hin getrieben, wo die Men-
ſchen, uns aufzufangen und aufs Trockne
zu bringen, bereit ſtanden.

Jch, ſammt meinem Bruder und dem
Sohn meines Oheims — wir waren die
Letzten, die, um den Roͤchelnden her, mit
den Armen feſt verſchlungen, dies Alles vom
Kajuͤten-Deck mit anſahen, aber uns nicht
entſchlieſſen konnten, dies theure Jammerbild
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[47/0063] und Tauen, bis es uns endlich erbarmte und wir das treue Geſchoͤpf wieder an Bord nahmen. So ſchlich die Mitternacht heran, wo uns bedaͤuchtete, daß nunmehr die Ebbezeit wohl abgelaufen ſeyn muͤßte. Jetzt alſo befanden wir uns dem Strande am naͤchſten, der, unſrer Schaͤtzung nach, zwei- oder dreihun- dert Schritte entfernt ſeyn mochte; und ſo war es denn auch an der hoͤchſten Zeit, Al- les aufzubieten, um, wo moͤglich, lebendig an Land zu kommen, bevor die Fluth wieder ſtiege, deren Gewalt ohnehin das Schiff nicht mehr ausdauern konnte, ohne gaͤnzlich in Truͤmmern zu gehen. Es mußte gewagt ſeyn! So wie demnach Eine Sturzwelle nach der Andern ſich zu uns heranwaͤlzte, ſo ſprang auch, der Reihe nach, Jemand von uns uͤber Bord und ward ſogleich mit der Brandung gegen das Ufer hin getrieben, wo die Men- ſchen, uns aufzufangen und aufs Trockne zu bringen, bereit ſtanden. Jch, ſammt meinem Bruder und dem Sohn meines Oheims — wir waren die Letzten, die, um den Roͤchelnden her, mit den Armen feſt verſchlungen, dies Alles vom Kajuͤten-Deck mit anſahen, aber uns nicht entſchlieſſen konnten, dies theure Jammerbild dahinten zu laſſen. Wir ſchrieen, wir wim-

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/63>, abgerufen am 24.11.2024.