Hier gieng mein Oheim mit mir und noch drei andern Matrosen in der Seegel- Schaluppe nach Helsingör an Land, woselbst seine Geschäfte ihn so lange verweilten, daß wir erst Abends um neun Uhr auf den Rück- weg kamen. Die See gieng hoch, und un- ser Fahrzeug, das mit Wasser- und Bier- fässern und andern Provisionen schwer bela- den war, hielt wenig Bord. Zudem stand uns ein steifer Südwind entgegen, der uns zum Laviren nöthigte; und eben machten wir einen Schlag dicht hinter dem Dänischen Wachtschiffe vorüber, als ein harter Stoß- wind so plötzlich aufstieg und so ungestüm in unsre Seegel fiel, daß die Schaluppe Wasser schöpfte, umschlug und im Hui! den Kiel nach oben kehrte.
Wir, die wir drinne saßen, wurden sammt und sonders herausgespült. Jch ergriff ein Ruderholz, und war so glücklich, mich über dem Wasser zu erhalten. Wo die Andern blieben, sah ich nicht. Jndeß war unser Un- glück von dem Dänischen Kriegsschiffe nicht unbemerkt geblieben; und sogleich auch stieß ein Fahrzeug ab, uns zu retten. Allein es war stockfinster und von uns Verunglückten keine Seele aufzufinden. Nur die Schaluppe kam ihnen in den Wurf und ward geborgen; freilich aber war die ganze Ladung davon- geschwommen und gieng verloren.
Hier gieng mein Oheim mit mir und noch drei andern Matroſen in der Seegel- Schaluppe nach Helſingoͤr an Land, woſelbſt ſeine Geſchaͤfte ihn ſo lange verweilten, daß wir erſt Abends um neun Uhr auf den Ruͤck- weg kamen. Die See gieng hoch, und un- ſer Fahrzeug, das mit Waſſer- und Bier- faͤſſern und andern Proviſionen ſchwer bela- den war, hielt wenig Bord. Zudem ſtand uns ein ſteifer Suͤdwind entgegen, der uns zum Laviren noͤthigte; und eben machten wir einen Schlag dicht hinter dem Daͤniſchen Wachtſchiffe voruͤber, als ein harter Stoß- wind ſo ploͤtzlich aufſtieg und ſo ungeſtuͤm in unſre Seegel fiel, daß die Schaluppe Waſſer ſchoͤpfte, umſchlug und im Hui! den Kiel nach oben kehrte.
Wir, die wir drinne ſaßen, wurden ſam̃t und ſonders herausgeſpuͤlt. Jch ergriff ein Ruderholz, und war ſo gluͤcklich, mich uͤber dem Waſſer zu erhalten. Wo die Andern blieben, ſah ich nicht. Jndeß war unſer Un- gluͤck von dem Daͤniſchen Kriegsſchiffe nicht unbemerkt geblieben; und ſogleich auch ſtieß ein Fahrzeug ab, uns zu retten. Allein es war ſtockfinſter und von uns Verungluͤckten keine Seele aufzufinden. Nur die Schaluppe kam ihnen in den Wurf und ward geborgen; freilich aber war die ganze Ladung davon- geſchwommen und gieng verloren.
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Hier gieng mein Oheim mit mir und
noch drei andern Matroſen in der Seegel-
Schaluppe nach Helſingoͤr an Land, woſelbſt
ſeine Geſchaͤfte ihn ſo lange verweilten, daß
wir erſt Abends um neun Uhr auf den Ruͤck-
weg kamen. Die See gieng hoch, und un-
ſer Fahrzeug, das mit Waſſer- und Bier-
faͤſſern und andern Proviſionen ſchwer bela-
den war, hielt wenig Bord. Zudem ſtand
uns ein ſteifer Suͤdwind entgegen, der uns
zum Laviren noͤthigte; und eben machten wir
einen Schlag dicht hinter dem Daͤniſchen
Wachtſchiffe voruͤber, als ein harter Stoß-
wind ſo ploͤtzlich aufſtieg und ſo ungeſtuͤm in
unſre Seegel fiel, daß die Schaluppe Waſſer
ſchoͤpfte, umſchlug und im Hui! den Kiel
nach oben kehrte.
Wir, die wir drinne ſaßen, wurden ſam̃t
und ſonders herausgeſpuͤlt. Jch ergriff ein
Ruderholz, und war ſo gluͤcklich, mich uͤber
dem Waſſer zu erhalten. Wo die Andern
blieben, ſah ich nicht. Jndeß war unſer Un-
gluͤck von dem Daͤniſchen Kriegsſchiffe nicht
unbemerkt geblieben; und ſogleich auch ſtieß
ein Fahrzeug ab, uns zu retten. Allein es
war ſtockfinſter und von uns Verungluͤckten
keine Seele aufzufinden. Nur die Schaluppe
kam ihnen in den Wurf und ward geborgen;
freilich aber war die ganze Ladung davon-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/57>, abgerufen am 16.02.2025.
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